Samstag, 31. Januar 2009

Soundtrack Of My Life (004): Billy Joel - We Didn't Start The Fire (1989)

08. Dezember 1989, mein 18. Geburtstag. Fast genau einen Monat ist der Mauerfall jetzt her, doch meine Familie hat sich bis jetzt dem Wahnsinn entzogen, der in den letzten Wochen auf Straßen und in den Zügen Richtung Bundesrepublik oder Westberlin ausgebrochen ist. Erst jezt, wo sich alles etwas in geordnete Bahnen bewegt hat, soll auch unser erster Besuch jenseits der Mauer erfolgen.

Es ist Freitag und eigentlich bin ich krankgeschrieben, als sich unser Wägelchen Richtung Berlin in Bewegung setzt. Das einzigartig euphorische  Gefühl - oder ist es nur ein Kulturschock? - das ich den ganzen Tag über habe, ist später nie wieder in solch einer Intensität aufgetreten. Das war aber auch alles sehr viel auf einmal. Ein Trip mit der U-Bahn, bei dem ich mich sofort in den erst in jenem Jahr gesehenen Film "Linie 1" versetzt fühlte, natürlich die bunte Warenwelt  - (gerade in der Vorweihnachtszeit), selbst eine BRAVO mußte man als eigentlich schon jenseits der Zielgruppe Befindlicher kaufen.

Auf der Rückfahrt bin ich regelrecht hibbelig. Für (für uns als nicht mit Westverwandschaft gesegnete DDR-Familie) utopische 225 DM haben wir uns eine Kompakt-Stereoanlage geleistet, natürlich als unbedarfte Ossis nicht wissend, dass man auch im "Goldenen Westen" für diesen Spottpreis nur minderwertigen Schrott bekommt. Und am Freitag kommt ausgerechnet eine meiner Lieblings-Mitschnittsendungen bei DT64 - das "Wunschkonzert" mit Günter Schneidewind. Denn in der DDR sind aktuelle Tonträger nicht erhältlich, das Radio muß das richten. Und so wird auf Urheberrechte gepfiffen und selbst ganze Alben fein säuberlich ohne störendes Gequassel gesendet, mit ordentlichem Päuschen vorn und hinten, damit auch ja alles perfekt ist.

Und nun heißt es für mich also: Tschüß, oller KR650, hallo Stereosound! Den ganzen Abend hocke ich vor der mehrstündigen Sendung, banne Titel um Titel auf die Kassette, ohne Zeit zu haben, das Ergatterte einmal probezuhören. Die Ernüchterung kommt am nächsten Tag als nur verrauschtes dünnes Gequake aus den Plastikboxen tröpfelt. Was zur Hölle...?

Es ist also doch nicht alles Gold, was in der neuen Freiheit glänzt, eine erste Erfahrung zu recht frühem Zeitpunkt. Ein Song von jener denkwürdigen Aufnahmesession ist mir noch sehr präsent, "We Didn't Start The Fire" von Billy Joel, ohnehin ein sehr bemerkenswertes Stück Musik.

Buch-Rezensionen (118): Rudi Chowanetz (Hrsg.): Black Bills Schlupfwinkel (1982)

(Cover: Amazon.de)

Diesem - mir in den 80er Jahren geschenkten - Buch bin ich bis heute dankbar, führten mich doch die im Inhalt versammelten ausgewählten Kriminalerzählungen zum ersten Kontakt mit einer ganzen Reihe von exzellenten Autoren verschiedener Epochen, einige davon haben später mit diversen Büchern Einzug in mein Bücherregal gehalten. Die enthaltenen Erzählungen in der Übersicht:

Victor Hugo - Claude Gueux
Nathaniel Hawthorne - Mr. Higginbothams Katastrophe
Edgar Allan Poe - "Du bist der Mann!"
Guy de Maupassant - Vendetta
Sir Arthur Conan Doyle - Das gefleckte Band
O. Henry - Black Bills Schlupfwinkel
Maxim Gorki - Bösewichte
Gilbert Keith Chesterton - Das blaue Kreuz
Jack London - Missgriff der Schöpfung
Egon Erwin Kisch - Der Mordversuch und der Mord an meinem Onkel
Karel Čapek - Das Verbrechen auf der Post
Arthur Omre - Der Oberst
Lew Schejnin - Die Breguet-Uhr des Monsieur Edouard Herriot
Gert Prokop - Der Tod der Unsterblichen

Wahre Koryphäen der Kriminal-, Science Fiction- und Horrorliteratur sind hier versammelt. Doyle präsentiert Meisterdetektiv Sherlock Holmes samt dem unvermeidlichen Dr. Watson, Chesterton seinen sympathischen Antihelden Father Brown, bei Jack London geht es im Millieu der Alaska-Goldsucher naturgemäß derb-brutal zu und bei Poe zieht der Grusel ein.

Meine Lieblingsgeschichte war und ist immer noch Prokops Zukunftserzählung über den Chicagoer Detektiv Timothy Truckle und seinen Computer Napoleon. Kein Wunder, dass ich die zugehörigen Bücher "Wer stiehlt schon Unterschenkel?" und "Der Samenbankraub" später erwarb.

Nicht alle Geschichten des Buches treffen meinen Geschmack, das Schlußlicht bildet für mich Maxim Gorkis "Bösewichter". Aber die Aufnahme mindestens einer sowjetischen Erzählung war wohl in der DDR eine Art Pflichtveranstaltung. Schejnins vergnügliche Diebstahls-Posse rund um eine Taschenuhr hat mir dagegen sehr gut gefallen.

Wer also die Möglichkeit besitzt, dieses Buch irgendwo zu erwerben - zugreifen, es lohnt sich!

Bewertung: 4 von 5

Nachtgedanken (003)

Mit Joseph von Eichendorff (1788-1857) hat diesmal ein literarisches Schwergewicht des frühen 18. Jahrhunderts das letzte Wort. Titel des heutigen  "Nachtgedankens": "Der Abend".

Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
wunderbar mit allen Bäumen,
was dem Herzen kaum bewußt,
alte Zeiten, linde Trauer,
und es schweifen leise Schauer
wetterleuchtend durch die Brust.

Freitag, 30. Januar 2009

DVD-Rezensionen (118): Eine schrecklich nette Familie - Elfte Staffel (1997)

(Cover: Amazon.de)

Nach 10 Jahren, 11 Staffeln und 260 Folgen heißt es Abschied nehmen von der chaotischen Schuhverkäufersippe aus Chicago. Da die Kult-Sitcom nach dieser Season mehr oder weniger ungeplant vom produzierenden Sender FOX abgesetzt wurde, gibt es keine offizielle Schlußepisode, die den Plot der Serie durch verschiedene Ereignisse zu Ende führt. So bleibt das Gefühl eines etwas abgehackten Finales, zumal in den USA die Folge "How To Marry A Moron/Besuch aus dem Knast" als letzte Episode lief, während in Deutschland "Chicago Shoe Exchange/Verliebt, verlobt, verratzt" das Schlußlicht bildet.

Wie auch schon in der vorangegangenen Staffel hat Season 11 so einige Humor-Durchhänger, so das Gag-Highlights rar gesät sind. Nochmal zur Hochform liefen Autoren und Akteure beim Zweiteiler "Requiem For A Chevyweight/Auto am Tropf", "Damn Bundys/Teuflisch gut" (mit Robert "Freddie Krueger" Englund als Gaststar!) und auf. Desweiteren ist die Folge "Lez Be Friends/Für Männerhände viel zu schade" ein in die Serie eingearbeitetes Bekenntnis Amanda Bearses zu ihrer Homosexualität. Für amerikanische Verhältnisse sehr mutig!

Mit ein wenig Wehmut (und Ärger, bedenkt man die im Nachklapp veröffentlichte "Bundys Big Box") blickt man zurück auf 11 DVD-Veröffentlichungen unterschiedlichster Qualität. Meine Top3-Staffeln: Season 3, Season 2 und Season 4. Bundys forever, Strrrrrrrrike!

Bewertung: 3 von 5

Donnerstag, 29. Januar 2009

Ein Tag im Dezember

Für 2009 hatte ich mir unter anderem vorgenommen, meine im letzten Jahr begonnenen Ahnenforschungen wieder aufzunehmen, die ich aufgrund des Elternstresses ein dreiviertel Jahr auf Eis legen mußte. Mit ein paar E-Mails und einigen Telefonaten konnte ich nun wieder ein kleines Puzzlesteinchen in die Familiengeschichte einfügen.

Mein Urgroßvater Ernst starb sehr früh, so das ihn weder mein Vater noch meine Großmutter, sprich die Schwiegertochter meines Uropas, jemals kennenlernten. Sein Sterbedatum geriet in Vergessenheit und fehlte im Stammbaum. Dies herauszufinden war nun vergleichsweise leicht. Dank der unbürokratischen (und entgegen vorherigen Ankündigungen!) kostenlosen Hilfe der Kirchgemeinde Zeithain brauchte es nur eine Stunde Warten auf einen Rückruf, bis die gewünschte Information aus den damaligen Kirchenbüchern herausgesucht war. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank.

Hier nun also die in Erfahrung gebrachten Fakten. Mein Urgroßvater verstarb 12 Tage nach seinem 44. Geburtstag, am 09. Dezember 1930 in Riesa und wurde vier Tage später in Zeithain beerdigt, das Grab, an das sich mein Vater noch aus Kindertagen erinnern kann, existiert freilich schon längst nicht mehr. Selbst die Todesursache - Leber- und Magenkrebs - ließ sich noch aus dem Kirchenbuch herauslesen. Ich selbst wurde also nur einen Tag vor seinem 41. Todestag geboren.

Ich werde nun versuchen, den genauen Zeitpunkt zu rekonstruieren, zu dem mein Urgroßvater aus dem oberschlesischen Proschlitz (heute Proślice/Polen) nach Sachsen kam, wahrscheinlich, um dort in seinem Beruf bei der Deutschen Reichsbahn bzw. deren Vorläufern zu dieser Zeit, den Königlich Sächsische Staatseisenbahnen zu arbeiten. Dieser Umzug muß meinen Kenntnissen zufolge um das Jahr 1910 erfolgt sein. Um Genaueres herauszufinden, werde ich mich jetzt zum einen an die zivile Gemeindeverwaltung Zeithains wenden und darüber hinaus versuchen an Bahnarchivmaterial zu kommen, eventuell kann mir dabei auch das Riesaer Stadtmuseum helfen.

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 28. Januar 2009

John Updike †

(Foto: SPIEGEL.de)

Auch wenn sich in meinem Regal leider (noch) kein Buch von ihm befindet - mit John Updike ist gestern einer der größten Schriftsteller des letzten Jahrhunderts im Alter von 76 Jahren an Lungenkrebs verstorben. Man kann nicht alles besitzen, aber vielleicht sollte ich mich langsam mal nach der vielgelobten "Rabbit"-Reihe umsehen.

Dienstag, 27. Januar 2009

Ich hab' die Schnauze voll...

Ich hätte nicht gedacht, dass man sich innerhalb von nur zwei Tagen so extrem aufregen kann. Doch, es ist möglich und schuld ist wieder einmal der liebe Sport. Nach einem doch sehr ausgeglichenen Spiel mit im Schnitt guten Schiedsrichterleistungen entscheiden die beiden rumänischen Pfeifenmänner mit skandalösen Fehlentscheidungen auch diese Partie. Dänemark zieht mit einem 27:25 über Deutschland ins Halbfinale der Handball-WM ein, Glückwunsch. Eine theoretische Chance für das deutsche Team besteht noch, aber mal ehrlich, wie oft gibt es im Handball Unentschieden, wie jetzt bei der Partie Norwegen-Polen benötigt? Boah, die Göttergattin geht mir heute besser aus dem Weg...

Montag, 26. Januar 2009

CD-Rezensionen (117): Farin Urlaub - Am Ende der Sonne (2005)

(Cover: Amazon.de)

War das Solo-Debüt des Ober-Arztes "Endlich Urlaub!" bis auf wenige Ausnahmen eine reine Spaßplatte, geht es beim Nachfolger deutlich ernster, wenn nicht gar düster-depressiv zu Werke. Man hat den Eindruck, als verarbeitete Meister Urlaub, der wohl so rigoros wie kaum ein anderer deutscher Rockstar sein Privatleben abschottet, eine gescheiterte Beziehung.

Dabei deutet zu Beginn gar nichts darauf hin. Mit "Mehr" gibt es erst mal mit Karacho einen auf die Zwölf. Großmäulig, laut, gut! Doch dann begibt sich der Blondschopf in die Abgründe menschlicher Seelenpein. Gleich vier Tracks in Folge beschreiben Melancholie, Liebeskummer, Lebensmüdigkeit und Verzweiflung, das Ganze kombiniert mit prima Rockmucke, auch wenn der Exil-Berliner ab und an etwas zu gefällig-glatt in die Saiten greift. Ein wenig mehr Ungehobeltheit wäre an dieser Stelle nicht verkehrt gewesen.

"Wie ich den Marilyn Manson-Ähnlichkeitswettbewerb verlor" reitet zwar einmal mehr auf Farin Urlaubs gesundheitsbewußtem Lebenswandel herum, gewinnt aber dennoch die Trophäe für den abgedrehtesten Songtitel ever!

Immer wieder erstaunlich: Selbst als über 40jähriger versteht es Urlaub Texte zu schreiben, die jeder unglücklich verliebte Pubertierende 1:1 ins Portfolio aufnehmen könnte, wofür "Unsichtbar" exemplarisch steht. Da das auch auf seine Hauskapelle zutrifft, mag dies den nunmehr schon in Dekaden zu bemessenden Erfolg der Ärzte (auuus Berlin!) erklären.

"Apocalypse wann anders" ist ein drolliges Stück BRAVO-Gothic Rock, wie ernst man das nehmen soll/kann/muß, mag der Hörer selbst entscheiden. Der Doppeltrack "Immer noch/Schon wieder" bildet den dramaturgischen Höhepunkt des Albums mit sehr schönen Instrumentalpassagen, gefolgt von "Kein Zurück", das das Thema Selbstmord aufgreift.

Die Ska-Ausflüge des Herrn Urlaub hingegen gefallen mir allerdings nach wie vor nicht sonderlich, das können andere besser. Von daher ist "Dermitder" auch mein persönlicher Skip-Track der Platte. Mit dem skurrilen Einstürzende Neubauten-Gedächtnissong "Dusche" klingt ein sehr gutes, wenn auch nicht perfektes Album aus.

Bewertung: 4 von 5

Sonntag, 25. Januar 2009

Skandal!

Das Handball ein sehr nervenaufreibender Sport sein kann, ist bekannt. Das aber heute war ein Aufreger im wahrsten Sinne des Wortes. Das man gegen Norwegen mit 24:25 verlor, könnte man anstandslos akzeptieren, wenn das wie der Niederlage nicht wäre. Eine skandalöse Schiedsrichterleistung brachte das deutsche Team um ein mögliches Unentschieden und den damit so gut wie perfekt gemachten Einzug ins Halbfinale. Selbst der sonst so besonnene Bundestrainer Brand ging zum Schluß mit geballten Fäusten auf die slowenischen "Unparteiischen" los, beließ es aber glücklicherweise bei dieser Geste. Schade für das Team, bei dem der nachnominierte Torwart Silvio Heinevetter wie auch sein Gegenüber ein sensationelles Spiel ablieferte und bei dem sich zu allem Unglück Michael Kraus sehr schwer und Pascal Hens verletzten. Nun muß gegen Dänemark der Rest der Mannschaft über sich herauswachsen, schwer genug. Mann, bin ich geladen...

Nachtgedanken (002)

Nachdem gestern Clemens Brentano diese Reihe eröffnen durfte, wird sie heute durch seine Schwester Bettina von Arnim (1785-1859) fortgesetzt. Der Titel des Gedichts lautet "Wer sich der Einsamkeit ergibt".

Wer sich der Einsamkeit ergibt,
Ach der ist bald allein;
Ein jeder lebt, ein jeder liebt
Und läßt ihn seiner Pein.

Wer sich dem Weltgewühl ergibt,
Der ist zwar nie allein.
Doch was er lebt und was er liebt,
Es wird wohl nimmer sein.

Nur wer der Muse hin sich gibt,
Der weilet gern allein,
Er ahnt, daß sie ihn wieder liebt,
Von ihm geliebt will sein.

Sie kränzt den Becher und Altar,
Vergöttlicht Lust und Pein.
Was sie ihm gibt, es ist so wahr,
Gewährt ein ewig Sein.

Es blühet hell in seiner Brust
Der Lebensflamme Schein.
Im Himmlischen ist ihm bewußt
Das reine irdsche Sein.

Samstag, 24. Januar 2009

Walter Kubiczek †

Der Komponist Walter Kubiczek ist am 21. Januar im Alter von 77 Jahren gestorben. Seine bekannteste Komposition dürfte wohl der Soundtrack zur Stasi-Imagepolitur-Serie "Das unsichtbare Visier" gewesen sein. Titel wie "Tentakel" oder "Maskentanz" gehörten zu den bekanntesten Instrumentalstücken der DDR-Musik. Kubiczek scheint sehr zurückgezogen gearbeitet zu haben, mir ist kein Foto des Komponisten bekannt.

Buch-Rezensionen (117): Dieter Noll - Die Abenteuer des Werner Holt - Roman einer Heimkehr (1963)

(Cover: Amazon.de)

Diesem Roman sollte man eine Chance geben. Oftmals hört man "Ja, der eeerste Band ist toll, aber die Fortsetzung...". Als ich damals die Schullektüre "Werner Holt - Roman einer Jugend" beendet hatte, griff ich sofort danach zur 1963 erschienen Fortsetzung, die sich dankenswerterweise im elterlichen Haushalt befand und heute mein Bücherregal ziert. Wie auch der Vorgänger hat dieses Buch mittlerweile mehrere Lesedurchläufe vor und nach der Wende absolviert, wobei sich mit den veränderten politischen Verhältnissen neue Blickwinkel auf den Inhalt ergeben haben, wenn auch nicht so komplett gegensätzlich wie beispielsweise bei "Wie der Stahl gehärtet wurde".

Das Buch knüpft unmittelbar an das Ende des ersten Bandes an. Holt, aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen, versucht bei seinem Vater in der Sowjetischen Besatzungszone ins zivile Leben und zu seiner großen Liebe Gundel zurückzufinden. Durch seine Kriegserlebnisse desillusioniert und mißtrauisch gegen Menschen und jeglichen politischen Einfluß, flieht er nach einiger Zeit zu seiner Mutter nach Hamburg. Doch auch in den dortigen großbürgerlichen Kreisen scheint er am Leben zu verzweifeln und gerät wieder in eine Sackgasse der persönlichen Entwicklung. Nach vielerlei Verstrickungen in erotische und kriminelle Machenschaften scheint am Ende doch noch eine Chance offen...

Seine Stärken entfaltet das Buch vor allem in Szenen des Wiedersehens mit bekannten Charakteren, so tauchen der ehemalige Flak-Wachtmeister Gottesknecht, Holts Jugendliebe Uta Barnim, seine Schulfreunde Sepp Gomulka und Christian Vetter und natürlich sein Vater sowie Gundel wieder in der Handlung auf. Desweiteren gelang es dem im Jahre 2008 verstorbenen Dieter Noll, der aus meiner Heimatstadt Riesa stammte, gerade in der Gestalt des Ingenieurs Blohm und des skurrilen, koffeinsüchtigen Kulturbundsekretärs Zernick interessante neue Charaktere einzuführen.

Dagegen bleiben andere Figuren holzschnitthaft klischeebeladen. Die Hamburger Verwandtschaft ist hanseatisch-hochnäsig und moralisch natürlich hochgradig dekadent, der Kommunist und Konkurrent um Gundels Gunst Schneidereit ein Widerstandskämpfer ohne Fehl und Tadel. Vielleicht ist hier die Kritik an Nolls Buch am angebrachtesten.

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich "Werner Holt, Roman einer Heimkehr" einer Epoche widmet, die vielfach vergessen ist - der Zeit zwischen der "Stunde Null" und der Gründung der zwei deutschen Staaten, eine Ära voller Gewalt, Kriminalität, Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit. Das hierbei die aufziehende Stalinisierung der Sowjetischen Besatzungszone nicht, beziehungsweise beschönigend dargestellt wird, ist ein Manko des Buchs an sich, welches sich aber fast überhaupt nicht in der Gestalt des Werner Holt manifestiert. Eher wird sein Weg ins Leben zurück geschildert, mit Tiefschlägen und Selbstzweifeln und einem festen Ziel - einem Mathematikstudium - zum Schluß. Eine spürbare Indoktrination kann man allenfalls am Rande erahnen.

Wie auch beim anderen Buch hat mich dieser Roman gefesselt, zum Nachdenken gebracht und manchmal auch emotional berührt zurückgelassen. Hier vor allem in den Szenen mit der verbitterten Uta und einer Momentaufnahme, in der der fiebernde Holt in einer Krankenschwester eine Sanitäterin aus dem Krieg wiederzuerkennen glaubt.

Man hält mit diesem Roman vielerlei in den Händen. Ein Zeitdokument, ein spannendes Buch mit Einblicken in Ideologien der damaligen Jahre, ein Wiedersehen mit bekannten Gestalten und nicht zuletzt eine Liebesgeschichte. Daher noch einmal die Bitte: geben Sie diesem Buch eine Chance...

Bewertung: 4 von 5

Ein verschenkter Punkt

Leider nur ein Unentschieden im ersten Hauptrundenspiel der Handball-WM gegen Serbien. Eigentlich hätte man die kurz vor dem Ende herausgespielte 2-Tore-Führung über die Zeit bringen müssen. Aber da lief heute einfach zuviel schief. Das war wohl das erste Spiel, bei dem beide deutsche Torhüter nicht den allerbesten Tag hatten, Christian Schöne war heute fast ein Totalausfall und 35 Gegentore sprechen auch nicht gerade für die Abwehr. Na wenigstens nicht verloren, jetzt muß gegen Norwegen aber unbedingt ein Sieg her!

Und bis auf ein paar kleinere Fehlentscheidungen waren heute erstmals die Schiedsrichter okay. Dabei hatten die gegen knüppelharte, wenn nicht sogar grob unsportliche Serben allerhand zu tun. Darüber hinaus ist auch bei diesem sportlichen Ereignis die Politik nicht weit weg, wie Ausschreitungen und Bombendrohungen zeigen

Nachtgedanken (001)

Dies ist in zweierlei Hinsicht eine Premiere. Zum Einen, weil ich zum Ende des letzten Jahres einige neue Kategorien für diesen Blog ankündigte. Desweiteren, weil ich nun endlich einen Weg gefunden habe, meinen bereits hier und hier geäußerten Hang zur deutschen Lyrik des frühen 19. Jahrhunderts auszuleben. Dank des Projekt Gutenberg-DE kann ich endlos in alten Texten kramen und das eine oder andere Werk zu nächtlicher Stunde präsentieren. Da die Texte Public Domain sind und ich darüber hinaus keine kommerziellen Interessen verfolge, dürfte es keine Probleme mit der Veröffentlichung geben. Im Gedenken an Hans-Joachim Kulenkampffs legendäre ARD-Sendung habe ich den entsprechenden Kategorien-Titel gewählt. Beginnen möchte ich mit "Abendständchen" von Clemens Brentano (1778-1842).

Die Seufzer des Abendwinds wehen
So jammernd und bittend im Turm;
Wohl hör ich um Rettung dich flehen,
Du ringst mit den Wogen, versinkest im Sturm.

Ich seh dich am Ufer; es wallet
Ein traurendes Irrlicht einher.
Mein liebendes Rufen erschallet,
Du hörest, du liebest, du stürzest ins Meer.

Ich lieb und ich stürze verwegen
Dir nach in die Wogen hinab,
Ich komme dir sterbend entgegen,
Ich ringe, du sinkest, ich teile dein Grab.

Doch stürzt man den Stürmen des Lebens
Von neuem mich Armen nun zu.
Ich sinke; ich ringe vergebens,
Ach nur in dem Abgrund des Todes ist Ruh.

Da schwinden die ewigen Fernen,
Da endet kein Leben mit dir.
Ich kenn deinen Blick in den Sternen,
Ach sieh nicht so traurig, hab Mitleid mit mir!

Freitag, 23. Januar 2009

DVD-Rezensionen (117): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 10 - Halbfinale 1986 BR Deutschland-Frankreich (2:0) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Toni Schumacher hatte wohl recht, als er in seinem Buch "Anpfiff" schrieb: "Hätte ich im Finale so gehalten wie im Spiel gegen Frankreich, wären wir Weltmeister geworden." Da ist was dran, denn nach dem frühen 1:0 durch Brehme brandete wirklich ein französischer Angriff nach dem anderen auf das deutsche Tor zu. Schon kurios, welche Parallelen sich zum Halbfinale gegen England vier Jahre später auftun. Ein Freistoßtor von Brehme mit Hilfe eines gigantischen Torwartklopses...

Man muß fairerweise sagen, dass es wirklich nach wie vor ein Genuß ist, dem damaligen amtierenden Europameister und dort speziell dem aus Tigana, Platini, Fernández und Giresse bestehenden Mittelfeld zuzusehen. Wahrscheinlich das beste der damaligen Zeit. Ohnehin beinhaltet diese Edition noch die Viertelfinalpartie der WM 1986 zwischen Frankreich und Brasilien, wirklich ein wahres "Jahrhundertspiel"!

Dieses Halbfinale war sicherlich ein gutes, wenn auch kein überragendes Match. Als allgemein anerkannt gilt, dass Wolfgang Rolff in seiner Rolle als Bewacher von Platini das beste seiner 37 Länderspiele gab. Man sieht es nicht immer im Bild, aber er muß Platini dermassen auf den Füßen gestanden haben, dass der Franzose in der zweiten Halbzeit sichtlich entnervt andeutungsweise nach Gegenspielen trat oder laut fluchend herumlamentierte.

Außerdem sehr bemerkenswert finde ich die weiten und dabei stets sehr präzisen Abwürfe Schumachers, deren Training er in seinem Buch ausführlich beschreibt. Auf dem Platz aufgestellte Pappkameraden und Würfe über 50, 60 Meter hinweg genau auf die Scheiben.

Eine kleine Kuriosität gibt es auch zu entdecken. Etwa fünf Minuten vor Ende der ersten Halbzeit wird Lothar Matthäus gefoult und während er sich wieder aufrappelt und in Nahaufnahme zu sehen ist, hört man deutlich "Wir wollen keine - Bayern-Schweine!". Frustrierte Gladbach-Fans, die ihm noch den Vereinswechsel im Jahr zuvor übelnahmen?

Bewertung: 3 von 5

Donnerstag, 22. Januar 2009

Galavorstellung

Unerwartet deutlich mit 30:23 hat die deutsche Handball-Nationalmannschaft ihr letztes Vorrundenspiel gegen Vizeweltmeister Polen gewonnen und zieht somit verlustpunktfrei in die Hauptrunde ein, da Russland gegen Mazedonien verlor und das Unentschieden gegen Deutschland als Streichergebnis nicht mehr von Belang ist.

Ich konnte das Spiel arbeitsbedingt nicht sehen, aber in der Hauptrunde gegen Serbien (Samstag), Norwegen (Sonntag) und Europameister Dänemark (Dienstag) bin ich wieder mit dabei!

CD-Rezensionen (116): Hennes Bender - Noppen am Griff (2004)

(Cover: Amazon.de)

Es gibt nicht viele aus der deutschen Comedy-Schwemme, die ich wirklich unterhaltsam finde. Hennes Bender, der (Eigenzitat) "kleine dicke Junge aus dem Ruhrpott" gehört aber auf jeden Fall dazu. Besonders wenn er in den Giftzwergmodus umschaltet und sich über Absurditäten des Alltags, des Fernsehens oder der Beziehung aufregt. Da hagelt es dann Pointen im Stakkato-Rhythmus, bestes Beispiel hierfür "Punkte" oder vor allem "Paradoxonne". Dort schaukelt sich alles immer schneller hoch, man kann kaum noch folgen. Großartig!

Absolutes Highlight aber: "Engtanz". Wer schon immer mal den perfekten Gollum-Imitator hören wollte - hier ist er! Dabei hat Bender aus dem Stegreif durchaus auch mal Bayrisch, Hamburger Dialekt oder auch einen akzeptablen Schwarzenegger-Slang auf der Pfanne.

Insgesamt eine deutliche Steigerung gegenüber dem Debüt "Generation YPS" (2003), spaßige Choleriker-Unterhaltung garantiert! Als kleines Gimmick gibt es sogar noch die Outtakes der Live-Aufnahme.

Bewertung: 5 von 5

Mittwoch, 21. Januar 2009

Minimalziel geschafft

Mit dem am Ende doch recht deutlichen 33:23-Sieg der deutschen Handball-Nationalmannschaft über Mazedonien  hat sich das Team von Bundestrainer Heiner Brand vorzeitig für die Hauptrunde der WM qualifiziert. Dabei sah es lange Zeit gar nicht so gut aus, wieder regierten über weite Strecken Nervosität und Abschlußschwäche. Knackpunkt des Spiels war wohl der Platzverweis für Mazedoniens Star Kiril Lazarov nach einer Tätlichkeit.

Bester Spieler der Deutschen war für mich der neue Rechtsaußen Christian Schöne, der anstatt des von mir erwarteten Florian Kehrmann nachnominiert wurde. Gutes Händchen des Trainers!

Buch-Rezensionen (116): Janusz Piekałkiewicz - Luftkrieg 1939-1945 (1978)

(Cover: militaria-house.com/Amazon.de)

Mit den Büchern von Janusz Piekałkiewicz kann man eigentlich nicht viel verkehrt machen. Fundiert, ausgewogen und gut recherchiert präsentierten sich die Bücher des 1988 verstorbenen exilpolnischen Schriftstellers und Historikers.

So auch vorliegendes Buch, das anhand umfangreichen Dokumenten-, Karten- und Fotomaterials die Geschichte des Luftkriegs zwischen 1939 und 1945 nachzeichnet. Wie für die Bücher des Autors typisch, werden die einzelnen - chronologisch angeordneten - Kapitel durch eine Vielzahl von zunächst unkommentierten Zeitzeugenaussagen und Originaldokumenten eingeleitet, ehe die geschilderten Ereignisse einer eingehenderen Analyse unterzogen werden. Dabei beschränkt sich die Dokumentation nicht - wie der Titel suggeriert - ausschließlich auf die Jahre des Zweiten Weltkriegs sondern auch die Vorgeschichte der Aufrüstung und der Luftstreitkräfte im Allgemeinen wird im Prolog näher beleuchtet.

Dies alles in interessantem und eingängigem Sprachstil geschrieben, so das auch Nicht-Historiker dem Stoff folgen können. Ein ausführlicher Anhang, der die Organisation und Gliederung aller im Krieg beteiligten Luftstreitkräfte und eine Liste der bedeutendsten Bombenangriffe auf Deutschland zwischen 1940 und 1945 enthält, runden dieses Standardwerk zur Thematik ab. Nach so vielen Jahren immer noch sehr empfehlenswert!

Bewertung: 5 von 5

Nun jauchzet und frohlocket...

...denn der Heiland ist da! Anders kann ich mir diesen absurden Medienhype um die Inauguration Barack Obamas nicht erklären. Meine Güte, kann man den Mann erst einmal was Vorzeigbares in seinem Amt vollbringen lassen bis man hier hyperventiliert? Langsam hängt mir das alles sowas zum Halse heraus, selbst der SPIEGEL entblödete sich nicht, in der vorletzten Ausgabe eine hochnotpeinliche Titelgeschichte über die jetzige First Lady zu bringen (sind wir hier schon bei der BUNTEN oder was?). Die Stoppuhr ist gestartet, ich warte mal ab, bis hier das erste Gemaule über unpopuläre Entscheidungen (Stichworte amerikanische Wirtschaft, Afghanistan etc.) losgeht. Darin sind wir Deutschen ja ganz groß. Erst eine künstliche Fallhöhe aufbauen und dann fleißig niederschreiben.

Ich wünsche dem 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika jetzt erst einmal Glück in seinem Amt, gebe mich allerdings keinerlei Illusionen hin.

Dienstag, 20. Januar 2009

DVD-Rezensionen (116): Projekt Gold (Special Edition) (2007)

(Cover: Amazon.de)

Es liegt auf der Hand, dass diese Dokumentation zur Handball-WM in Deutschland 2007 automatisch sofort mit dem völlig verunglückten "Deutschland. Ein Sommermärchen" von Sönke Wortmann verglichen wurde. Skeptiker gab es im Vorfeld also viele, aber es ist festzuhalten: Volltreffer, Experiment geglückt! 

In so ziemlich jedem Segment kann der Film seinen Vorgänger übertrumpfen. Das ist auch nicht schwer, enthält er doch im Gegensatz zu Wortmanns Produkt alle Zutaten, die ich von einer spannenden Sportdokumentation erwarte. Packende Ausschnitte aus den Spielen, interessante Einblicke in den Trainings- und Freizeitbetrieb der Mannschaft, intelligente Gesprächspartner, die etwas zu sagen haben. So bleibt die Faszination trotz des bekannten Ausgangs jederzeit erhalten. Das dabei aus Zeitgründen zwei der insgesamt zehn Spiele nicht berücksichtigt wurden, tut der Qualität von Winfried Oelsners Film keinerlei Abbruch, im Gegenteil. Atemlos verfolgt man den Weg des DHB-Teams ins Endspiel und zittert noch einmal - besonders beim Herzschlag-Halbfinale gegen Frankreich - mit. 

Durch den verwendeten Originalkommentar und die passende Musik Rainer Michels sowie die immer wieder in den Hallenszenen zu hörenden Anheiz-Songs der WM kommt wahre Live-Atmosphäre auf, speziell im 5.1-Modus heißt das: mittendrin, statt nur dabei! 

Besonders eklatant die Unterschiede zum "Sommermärchen" bei den Interviews mit Spielern und Betreuern. Ruhige, intelligente Äußerungen, weit jenseits des "Poldi & Schweini"-Geblödels der Fußballer. Natürlich wird zentralen Figuren mehr Gesprächszeit eingeräumt, besonders Oliver Roggisch und Henning Fritz dürfen sich ausführlich äußern. Auch die stets bärbeißige Torwartlegende Andreas "Der Hexer" Thiel überzeugt mit geradezu buddhistisch anmutenden Handball-Weisheiten. 

Und auch beim letzten Punkt, dem auf der zweiten DVD befindlichen Bonusmaterial, geht "Projekt Gold" eindeutig als Sieger vom Platz. Hatte man beim "Sommermärchen" bei den entfallenen Szenen wirklich jederzeit das Gefühl, verdient aussortierte Ausschußware zu sehen, bekommt man hier feinste Ergänzungen kredenzt. So Oliver Roggischs einziges WM-Tor, absurde Wetten zwischen Gerhard Delling und Stefan Kretzschmar, die Auflösung der "Pizza-Affäre", weitere interessante Spielerinterviews, Statistiken, das "Höhner"-Video und vieles mehr. Besonders eindrucksvoll für mich aber eine kleine Szene aus dem Finale. Andreas Thiel steht kurz vor Abpfiff inmitten des bereits feiernden Publikums in der Kölnarena und schaut sich, etwas ungläubig lächelnd, in diesem Hexenkessel um. Das erinnerte mich fast schon an den einsam über den Rasen des Römer Olympiastadions wandelnden Franz Beckenbauer nach dem WM-Sieg 1990. Das es diese starke Sequenz nicht einmal in den Hauptfilm schaffte, spricht nur für das Resultat. Kaufen, marsch, marsch!

Bewertung: 5 von 5

Montag, 19. Januar 2009

Soundtrack Of My Life (003): Ten Sharp - Lonely Heart (1991)

Da ich die Geschichte, die zum heutigen Track dazugehört schon einmal an anderer Stelle aufgeschrieben habe, zitiere ich mich einfach mal selbst, die Erklärung für den Song gibt's hintendran:

Inzwischen schreiben wir das Jahr 1993, ich befinde mich gerade in einer Weiterbildung im Hotelgewerbe und werde zwecks praktischen Einsatzes in ein schnuffiges kleines Hotelrestaurant am Stadtrand versetzt. Gleich am ersten Tag läuft mir die hinreißende Azubine über den Weg. Groß, bildhübsch, lange blonde Locken. Wenn es sowas wie Liebe auf den ersten Blick gibt - mich hat sie getroffen. Doch wie es ihr sagen? Mit der Tür ins Haus fallen?

Ich entscheide mich zunächst für die etwas zurückhaltende Methode, winke aber regelmäßig mit ganzen Jägerzäunen, um ihr Hinweise zu geben. Als wir beispielsweise den Weinkeller für eine Familienfeier dekorieren, suche ich in den CD-Beständen nach etwas Musik zur Hintergrundbeschallung und "rein zufällig" erklingt dann "Ich liebe Dich" von Clowns & Helden durch den Raum, wobei ich ihr bei der Textzeile "Ausgerechnet mir muß das passieren. Wir haben '86 und ich altes Trottelgesicht hab mich verliebt" tief in die Augen schaue. Also wenn sie es jetzt nicht schnallt...

Natürlich mache ich einen typischen Männerfehler als ich ihr bei Gesprächen über frühere Beziehungen einfach zuviel erzähle. Im Rückblick betrachtet muß sie mich wohl für einen wahren Gigolo gehalten haben, aber vernagelt wie man in so einem gefühlsmäßigen Ausnahmezustand nun mal ist, bemerke ich das gar nicht.

Nach ein paar Tagen ist Schluß mit lustig und ich versuche mich mit ihr in meinem Lieblingsclub zu verabreden. Sie stimmt nach kurzem Zögern zu, will aber noch eine Freundin mitbringen. Aha, die Rückendeckung! "Kein Problem, ich bring noch meinen Freund mit" sage ich achselzuckend. Im Grunde genommen ist mir das sogar recht, ist er doch mein ständiger Begleiter wenn wir "auf der Piste" sind.

Wir holen sie mit seinem Auto in einem kleinen Ort ein paar Kilometer entfernt ab und erleben die erste Überraschung. Die Freundin ist weit und breit nicht zu sehen und hat angeblich kurzfristig abgesagt, was meinen besten Kumpel enttäuscht, hatte er doch auch auf ein nettes Date gehofft. Nun sieht er sich als fünftes Rad am Wagen und ist dementsprechend mißgelaunt.

Im Laufe des Abends entschließe ich mich Nägel mit Köpfen zu machen. Ich greife mir einen Stuhl, setze mich ihr genau gegenüber und fasse sie bei den Händen. Mit einem Blick, den ich wohl damals für Herzen brechend gehalten haben muß, erkläre ich ihr die Lage und ernte weder Begeisterung noch Ablehnung sondern eher Verwirrung. Aber irgendwie sitzen wir minutenlang händchenhaltend da, was ich als ein "ja" deute. Ich habe soeben betont, dass sie das nur wissen soll und ich keine sofortige Entscheidung will. Dennoch lässt sie mich nicht los und deshalb frage ich gar nicht mehr und bin einfach nur glücklich.

Wir brechen auf, da sie und ich am folgenden Tag arbeiten müssen und mein Freund, der Zeitsoldat ist, zu seiner Kaserne in Dresden fahren will. Sie und ich sitzen aneinandergelehnt auf dem Rücksitz und küssen uns während der Fahrt, als kleinen Service unter Freunden hat unser "Chauffeur" passende Musik aufgelegt. Da ihr Wohnort auf seiner Fahrtroute liegt, haben wir uns geeinigt, dass er mich zuerst absetzt und sie noch nach Hause bringt, ich klopfe ihm auf die Schulter und gebe noch ein joviales "Lass sie heil" von mir und verabschiede mich von ihr mit "bis morgen..."

An für sich möchte ich jetzt die Welt umarmen und schwebe förmlich die Treppen zu meiner Wohnung empor. Ich habe es geschafft, der pure Irrsinn!!!

Am nächsten Morgen ist sie äußerst reserviert zu mir. Ich habe zwar nicht erwartet, dass sie mir während der Arbeit um den Hals fällt, aber die innere Unruhe steigt immer mehr, bis ich sie zu einem klärenden Gespräch bitte. Ich rechne mit dem Schlimmsten, was ich aber dann zu hören bekomme, reißt mir förmlich den Boden unter den Füßen weg:

"Ich weiß nicht wie ich anfangen soll...äh...naja...dein Freund hat mich doch gestern noch nach Hause gebracht und...naja, da hat sich noch was ergeben...ich wollt Dir nur sagen, dass er und ich jetzt zusammen sind..."

So ziemlich alles hätte ich noch verstanden. Dass es ihr zu schnell gegangen wäre oder sie ihre Meinung geändert hätte. Alles. Alles, nur nicht das. Mein Freund, mein bester Freund spannt mir meine große Liebe aus, ganz unverfroren fast vor meiner Nase. Ich kann auch im Rückblick kaum beschreiben, was mir damals für Emotionen durch den Kopf gegangen sind. Wut? Trauer? Hass? Auf sie? Auf ihn? Wohl von allem ein wenig. Als er mich ein paar Tage später anruft, schmeiße ich sofort den Hörer auf die Gabel. Ich will niemanden hören und sehen, sondern einfach im Selbstmitleid baden.

Die beiden sind mehrere Jahre zusammen. Langsam entspannt sich auch das Verhältnis zwischen ihm und mir wieder und heute sind wir erneut die besten Freunde und sehen uns beruflich fast täglich. Sie hat inzwischen die Gegend verlassen und eine Familie gegründet.

Noch da? Nun denn, einer dieser damals im Auto laufenden Songs war eben nunmal "Lonely Heart" von Ten Sharp, die wohl der breiten Masse nur mit ihrem einzigen Hit "You" bekannt sein dürften. Im Nachhinein hat der Text des Lieds geradezu prophetische Züge und noch heute ist das Hören immer mit ein wenig Wehmut verbunden.

So you met another guy and danced in the night away.
That look was in your eyes and there was nothing I could say.

Ein anderes Lied der niederländischen Band spielte noch einmal eine (etwas positivere) Rolle in meinem Leben, doch das erzähle ich ein andermal.

CD-Rezensionen (115): Hape Kerkeling - Das Beste von Hurz bis Helsinki Is Hell (1999)

(Cover: Amazon.de)

Auf diesem Kompendium wird man fündig, wenn man mit dem Frühwerk des Mannes aus Recklinghausen etwas anfangen kann, also noch weit vor Horst Schlämmer und Co. Mag man zudem noch Kerkelings ersten Film "Kein Pardon", bekommt man mit "Witzischkeit kennt keine Grenzen" und der "Biene Maja" sogar noch ein Stück Filmsoundtrack geboten.

Desweiteren darf eine von Kerkelings besten Frühfiguren, der schwer kurzsichtige Modern Talking-Fan Siegfried Schwäbli sowohl singen ("Siegfried ist sexy"), rappen ("X-Mas Rap") und darüber hinaus auch noch Marcel Reich-Ranickis (auch Kerkeling) "Literaturforum" aufmischen. Und selbst "Hannilein", das seine Umwelt terrorisierende Blag, kommt zu Wort.

Die Auswahl erscheint gerade in den gesprochenen Stücken ein wenig willkürlich, bei den Musikstücken ist aber alles Wesentliche enthalten, so auch "Helsinki Is Hell", eine großartige Nummer, mit der Kerkeling samt Mitstreitern als finnische Gangsta-Rapper (!) verkleidet die damalige VIVA-Moderatorin Milka Loff Fernandes hereinlegten.

Insgesamt ein amüsanter Querschnitt von Hape Kerkelings erstem Karrierejahrzehnt.

Bewertung: 4 von 5

Pflichtsieg

Alles andere als ein deutlicher Erfolg gegen Algerien heute wäre für das deutsche Handballteam eine arge Blamage gewesen. Am Ende hieß es 32:20, allerdings täuscht das Ergebnis nicht darüber hinweg, dass es speziell in der Offensive wieder mächtig hakte. Überhastete Abschlüsse und wieder jede Menge Pfosten- und Lattentreffer. Das rächt sich spätestens in der Hauptrunde. Zumindestens ist man jetzt Tabellenführer, da Polen sich überraschend einen Aussetzer gegen Mazedonien erlaubte und mit 29:30 verlor. Nun also ein Ruhetag und dann am Mittwoch gegen die Polen-Bezwinger.

Mal sehen ob Bundestrainer Heiner Brand noch jemanden für den verletzten Christian Sprenger nachnominiert. Vielleicht kehrt ja sogar Weltmeister Florian Kehrmann in den Kader zurück.

Sonntag, 18. Januar 2009

Buch-Rezensionen (115): Die Digedags und die Pirateninsel (1973)

(Cover: Amazon.de)

Die Amerika-Serie des MOSAIK, deren neunter Sammelband diejenigen sechs Hefte umfasst, die zwischen Juli und Dezember 1973 erschienen, zeichnete sich bislang durch spannende Unterhaltung, gepaart mit geschichtlicher Wissensvermittlung und einer Prise Humor aus. Umso unverständlicher, dass in diesen Episoden überwiegend Slapstick und Albernheit überwiegen. Beispielsweise Schiffe segelnde Affen sind nicht unbedingt etwas, wofür diese Reihe eigentlich steht.

Die Digedags und Pedro, "der stärkste Mann der Welt", geraten durch turbulente Umstände auf eine in der Karibik liegende Insel, auf der ein spleeniger spanischer Adliger Pirat spielt. Die Digedags kommen seinen hochfliegenden Plänen in die Quere und müssen sich zudem noch mit dem liebeskranken Pedro herumärgern...

Und auch hier wieder der Hinweis:

Achtung! Um kostbares und in der DDR knappes Papier zu sparen, wurden einige der schon in Vorwendezeiten erschienenen ersten Auflagen dieser Nachdrucke um insgesamt vier Seiten gekürzt. Leider wurde diese ärgerliche Unsitte nach der Wiedervereinigung beibehalten. Da ich auch die Originalhefte besitze, fielen mir diese (zum Teil etwas sinnentstellenden) Kürzungen sofort auf. Mittlerweile ist die Amerika-Serie auch neu und ungekürzt in 15 Bänden á vier Heften erschienen. Ob man sich die dadurch nötigen Mehrausgaben leisten will, mag jedem Leser selbst überlassen sein. So oder so gibt es eine klare Kaufempfehlung mit (aufgrund der oben beschriebenen Mängel) kleinen Abzügen in der B-Note!

Bewertung: 3 von 5

Nun ist aber auch gut...

Nach einem Jahr ist der nervende Affentanz in Hessen nun endlich vorbei. Die CDU gewinnt die Neuwahlen mit keinem besonders guten Ergebnis, die SPD bekommt die erwartete Ypsilanti-Watschen und die FDP ist die eigentliche Gewinnerin dieses Urnengangs. Also schwarz-gelb in Hessen, Ruhe im Karton und aus!

Mal tiiieef durchatmen...

Puh...sowas nennt man wohl einen Arbeitssieg. Mit 26:24 hat die deutsche Handball-Nationalmannschaft ihr zweites Vorrundenspiel gegen Tunesien gewonnen. Dabei sah es lange Zeit gar nicht gut aus, in der ersten Halbzeit lag man stellenweise mit fünf Toren im Rückstand. Doch dank eines überragenden Carsten Lichtlein im Tor, der den heute schwächelnden Johannes Bitter ersetzte, fand man wieder in die Partie zurück. Die Nordafrikaner waren bärenstark und hielten bis zum Schluß sehr gut dagegen. Morgen nun gegen Algerien - ich bin dabei!

DVD-Rezensionen (115): Harry Potter und der Feuerkelch (2005)

(Cover: Amazon.de)

Mehr noch als in den vorangegangenen Filmen der Reihe ist "Harry Potter und der Feuerkelch" vor allem eins: Spezialeffektekino, das sich nicht übermäßig mit Charakterzeichnung und ausgefeilten Handlungsbögen aufhält. Hauptsache, im Soundgebälk rumpelt es ordentlich und die Grafik-Fexe aus der Spezialeffekteabteilung haben ihr Bestes gegeben. 

Aber wahrscheinlich gibt die vierte Buchvorlage von Joanne K. Rowling auch nicht mehr her, selbst wenn ein paar der vernachlässigbaren Seitenplots herausgefiltert wurden. Dafür wurde aber auch noch an den falschen Stellen gespart, für Nicht-Kenner der literarischen Vorlage dürften einige Fragen und diverse Logiklöcher offenbleiben. Wohl am Eklatantesten: Wie gelang es Barty Crouch jr. aus dem doch so ausbruchssicheren Gefängnis Askaban zu fliehen, zumal ohne das anschließend eine Großfahndung eingeleitet wurde? Dies und einige andere Dinge werden nur im Buch erklärt. 

Zieht man aber einmal die diversen Mängel ab, bleibt immerhin noch ein technisch gut gemachter Film, der auch auf DVD mit sehr gutem Bild und Ton zu punkten versteht. Zu den ohnehin stets guten Akteuren (Alan Rickman, Robbie Coltrane) gesellen sich diemal mit Brendan Gleeson als Alastor "Mad-Eye" Moody und natürlich der grandios-gruselige Ralph Fiennes als Lord Voldemort persönlich weitere beeindruckende Schauspieler, was man vom Hautdarsteller-Trio nicht unbedingt behaupten kann. Allerdings entwickelt sich Emma Watson von Film zu Film immer mehr zum optischen Leckerli und die frühpubertären ersten Anbandelungsversuche der drei sind schon recht amüsant anzuschauen. Somit ist der vierte Potter-Film kein Totalausfall, hat aber so seine Schwächen. Das zugehörige (Hör)Buch wird von mir immer vorgezogen werden. Und definitiv gilt: Dies ist kein Kinderfilm!

Bewertung: 3 von 5

Samstag, 17. Januar 2009

Ein verschenkter Punkt

Gestern hat in Kroatien die Handball-WM begonnen. Titelverteidiger Deutschland ist verletzungs- und formbedingt nur krasser Außenseiter. Dies passt freilich dem übertragenden Sender RTL nicht in den Kram, der wie schon vor Jahren bei der Vierschanzentournee versucht einen künstlichen Hype zu generieren. Für mich gilt: Ball flach halten und einfach die Daumen drücken!

Leider gab es heute beim deutschen Auftaktspiel gegen Russland gleich einen kleinen Dämpfer. Das DHB-Team verspielte einen zeitweilig auf 5 Tore angewachsenen Vorsprung und mußte sich am Ende mit einem 26:26 zufrieden geben. Da die Punkte in die Hauptrunde mitgenommen werden, könnte sich das Remis noch bitter rächen. Zudem erlitt Christian Sprenger einen Innenbandriß im Knie, für ihn ist das Turnier wahrscheinlich vorbei.

Die nächsten Spiele gegen die Außenseiter Tunesien, Algerien und Mazedonien sollten unbedingt gewonnen werden, wenn die WM nach der Olympia-Enttäuschung nicht zum nächsten Debakel werden soll. Danach wartet mit dem Finalgegner von 2007 Polen der härteste Brocken der Gruppe.

Donnerstag, 15. Januar 2009

CD-Rezensionen (114): Guns N' Roses - G N’ R Lies (1988)

(Cover: Amazon.de)

Warum zieht man an einem eigentlich perfekten Album dennoch ein Pünktchen ab? Ganz einfach: Studioaufnahmen mit Livegeräuschen zu unterlegen um ein wenig die Atmosphäre aufzuhübschen ist doch ein wenig albern.

Dabei hat die zweite Platte der Gunners solcherart Mogeleien gar nicht nötig. Nach dem bahnbrechenden "Appetite For Destruction" gelang es selbst mit einer Handvoll älterer Aufnahmen, Coverversionen und Akustik-Nummern ein Spitzenalbum abzuliefern, oftmals ungerechterweise ein wenig gegenüber dem Erstling und den beiden "Use Your Illusion"-LPs vernachlässigt.

Treffen der Opener "Reckless", das Rose Tattoo-Cover "Nice Boys" und das von Aerosmith stammende "Mama Kin" soundmäßig genau den Geschmack des Debüt-Liebhabers, lässt "Move To The City" mit leichten Blues-Anleihen und Bläsersätzen aufhorchen. Ungewöhnlich, aber weiß Gott nicht übel! Der mit "Patience" beginnende Akustik-Teil hat auch so Einiges zu bieten. Da dürfen sich die Gitarrengniedler Slash und Izzy Stradlin mal so richtig austoben, während Axl sein beeindruckendes Kreischorgan etwas dämpft. Das bereits auf "Appetite For Destruction" enthaltene "You're Crazy" kann so erst in der schaumgebremsten Variante seine Stärken so richtig ausspielen. Und über die textlich kontrovers beurteilten, aber musikalisch ungemein beeindruckenden "Used To Love Her" und "One In A Million" sind schon ganze Abhandlungen geschrieben worden...

Bewertung: 4 von 5

Ricardo Montalbán †

(Foto: SPIEGEL.de)

Viele sind nicht mehr übrig von der ganz altgedienten Hollywood-Garde. Mit dem Mexikaner Ricardo Montalbán ist gestern einer der Letzten im Alter von 88 Jahren gegangen. Im Gedächtnis wird er vor allem wegen zweier Rollen bleiben. Zum einen in der des Mr. Roarke in der TV-Serie "Fantasy Island" und als Captain Kirks Gegenspieler Khan sowohl in der 60er-"Star Trek"-Serie als auch im zweiten Kinoabenteuer der "Enterprise"-Crew (1982). 

Mittwoch, 14. Januar 2009

Buch-Rezensionen (114): Joanne K. Rowling - Harry Potter und der Feuerkelch (Hörbuch) (2000)

(Cover: Amazon.de)

In meinem persönlichen Potter-Ranking rangiert der vierte Band von Joanne K. Rowlings Magie-Heptalogie ebenfalls auf dem vierten Platz. Vor allem ist "Harry Potter und der Feuerkelch" ein Buch der verpassten Chancen. Das im vierten Jahr von Harry Potters Schulaufenthalt stattfindende Trimagische Turnier gäbe eine hervorragende Vorlage für spannende Rätseleien und Wettkämpfe ab, würde nicht alles durch teilweise unnötige Nebenplots und teilweise endlose Dialoge zerlöchert. Hier wäre weniger manchmal mehr gewesen.

Doch auch Positives gibt es zu vermelden. Mit Alastor "Mad-Eye" Moody wird eine interessante und vielschichtige Figur eingeführt, die für einige fesselnde Momente im Buch sorgt. Allerdings ist der ansonsten wie immer grandiose Rufus Beck für diesen Charakter an die Grenzen des Erhörbaren gegangen, denn ein permanentes Röcheln ist für den Hörer auf die Dauer doch arg anstrengend.

Was bleibt? Sicherlich ein überdurchschnittliches Hörbuch, das aus der schwächelnden Vorlage noch einiges an Unterhaltung herauszuholen vermag. Harry Potter wird erwachsen und erlebt erste Pubertätsprobleme, die Dramatik um die Rückkehr Lord Voldemorts wird spürbar gesteigert, wenn auch zu keinem Zeitpunkt die Hochspannung des Vorgängerbands erreicht wird. Und mit Fortschreiten der Reihe gilt immer mehr: Dies sind keine Kinderbücher!

Bewertung: 3 von 5

Dienstag, 13. Januar 2009

DVD-Rezensionen (114): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 09 - Finale 2002 BR Deutschland-Brasilien (0:2) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Soweit ich weiß, ist diese Partie wegen äußerst happiger Lizenzgebühren nach 2002 nie wieder im Fernsehen gezeigt worden. Ein Grinsen überkommt einen schon, wenn auf einmal in der Austellung die Namen genannt werden, welche man gemeinhin mit dem Begriff "Deutscher Rumpelfußball" assoziiert. Ich glaube, Carsten Ramelow ist geradezu ein Synonym dafür... 

Trotzdem: Ich kann mich noch an die Euphorie erinnern, die 2002 im Laufe des Turniers aufkam. Die Mannschaft spielte nicht gut, hatte wahnsinniges Losglück und kam nur mit Minimalergebnissen weiter. Doch weil eben die Erwartungen so klein waren und Oliver Kahn die brillianteste Leistung seiner Karriere ablieferte, stand ein ganzes Land Kopf.

Das Finale hatte sicherlich einen verdienten Sieger, aber Brasilien überzeugte nicht, stand sogar in den jeweils ersten 20 Minuten beider Halbzeiten mächtig unter Druck. Das dann ausgerechnet der bis dahin völlig wirkungslose Rivaldo mit seinem Fernschuß das 1:0 vorbereitete, dazu der in mehreren Spielen nahezu fehlerlose Kahn einen solchen Bock fabriziert, hat was von einer klassischen Tragödie. Gerade den Brasilianer hatte ich seit dem Vorrundenspiel gegen die Türkei mächtig auf dem Kieker, erinnert sich noch jemand an die Situation, als er einen Kullerball von Hakan Ünsal an die Beine (!) bekam, die Hände vors Gesicht (!!!) schlug, wie vom Blitz getroffen zusammenbrach und der Türke daraufhin Rot sah? Sowas kennt man vielleicht von diversen südeuropäischen Mannschaften, aber Brasilien?

Wie schon bei der vorangegangenen Ausgabe der Edition geäußert, ein Weltmeister Deutschland wäre des Guten einfach zuviel gewesen. Die Mannschaft spielte gegen Brasilien ihr bestes Match des Turniers, mehr war einfach nicht drin. Aber ein Unterschied war im Gegensatz zu 1986 auszumachen: Nach dem 2:0 gab sich die Mannschaft auf.

Die DVD bietet insgesamt 3 Stunden Material. Beim Anstoß stehen bereits 44 Minuten auf der Uhr, dazu die Halbzeitpause mit Kommentaren von Jürgen Klinsmann, Otto Rehhagel, Hans Meyer und Guido Westerwelle (!). Gerade Hans Meyer beweist mit seiner Analyse in der Halbzeit, was für ein Meister seines Fachs und zudem äußerst sympathischer Zeitgenosse er ist. Im Gegensatz zu den völlig euphorischen Wolf-Dieter Poschmann (der eh besser bei der Leichtathletik aufgehoben ist) und "König Otto" will er sich den Lobeshymnen ob des offensiven deutschen Spiels nicht anschließen und verweist richtigerweise auf die Anzahl der klaren Torchancen und fordert lieber mehr Defensive, um das Spiel nicht zu verlieren. Wie man inzwischen weiß - der Mann hatte zu 100% recht...

Bei den Brasilianern muß man natürlich Ronaldo und vor allem Kléberson lobend erwähnen, bei der deutschen Mannschaft gilt mein Respekt Jens Jeremies, der trotz blutendem aufgeschlitzten Bein weiterspielte.

Man mag von Béla Réthy halten was man will, aber von ihm stammt der Satz der DVD. Gesagt beim Einblenden der Ehrentribüne mit einem Jahrhundertfußballer und einem daneben sitzenden ehemaligen Kanzlerkandidaten:

"Pelé...und neben ihm Edmund Stoiber. Im Gegensatz zu ihm ist Pelé schon mal Weltmeister geworden..." Chapeau!

Bewertung: 4 von 5

Sonntag, 11. Januar 2009

Soundtrack Of My Life (002): Frankie Goes To Hollywood - The Power Of Love (Original Extended Version) (1984)

Wenn frühpubertierende Jungs in den 80ern Mädchen kennenlernen wollten, gab es die besten Möglichkeiten bei in der Schule oder in städtischen Räumlichkeiten veranstalteten Tanztees, damals Schul- oder Schülerdiskos genannt. Gerade wenn wir das im kleinen Rahmen innerhalb der Klasse oder Klassenstufe organisierten, konnte immer einer den Kassettenrekorder und ein paar Boxen anschleppen, in Eigenregie gebastelte Mischpulte waren auch vorhanden und selbst zusammengestellte Kassetten gab es praktisch in jedem Haushalt.

Selbst wenn der ganze Abend so vor sich hindröppelte, wartete alles mit Spannung auf den Moment, wo das Licht ausgemacht und das Musiktempo drastisch gedrosselt wurde. In solchen Augenblicken hieß es immer: Jetzt oder nie! Hatte man die Frau seiner Träume dann im Arm, hoffte man inbrünstig, dass dieses Lied nie zu Ende gehen möge. Die "Original Extended Version" von Frankie Goes To Hollywoods heute aufgrund des zugehörigen Musikvideos nur noch als Weihnachtsklassiker bekannten Songs "The Power Of Love" kam dem schon sehr nahe. Wenn das allseits bekannte Intro mit dem plappernden Radio-DJ erklang, wußte man: Neuneinhalb Minuten lang entschweben...

Und so purzeln noch heute beim Anhören dieses Lieds ganze Erinnerungskaskaden durch meinen Kopf. Dieser Song ist einfach unschlagbar!

CD-Rezensionen (113): Digital Factor - Relationchips (1995)

(Cover: Amazon.de)

Für ihr damaliges Debüt mußten die Altenburger Elektroniker seinerzeit noch auf ein dänisches Label zurückgreifen. In insgesamt 14 Tracks bekommt der geneigte Electrohead Electronic Body Music der klassischen Machart geboten. Nicht sonderlich originell, aber durchaus hör- und tanzbar.

Schon der Opener "Reanimator" lässt einen in den gewohnten Vor- und Zurück-Einheitsschritt verfallen, dazu gibts die durch den üblichen Distortion-Wolf gedrehten Lyrics. Noch eingängiger geht das Trio beim nachfolgenden "Electro Shock" zu Werke, da hämmern die Beats ordentlich ins Gehör. Und so wird auch auf dem Rest des Albums verfahren, mal schneller ("Living On The Edge", "Mindbooster", "Final Solution", "Rent Your Life", "Philistine"), mal langsamer ("Technophobia", "Mission Of No Return, "Years Ago", "HOPE!"). Einzig und allein das dazwischengeschobene "T.R.O.N.I.C." fällt mit seinen fast schon Kraftwerk-haften Soundanleihen etwas aus dem Rahmen.

Dies ist wie gesagt nicht besonders eigenständig, kann aber einer Band zu Beginn ihrer Karriere zugestanden werden. Wer ein Album mit klassischer EBM sucht darf hier gern zuschlagen.

Bewertung: 4 von 5

Samstag, 10. Januar 2009

Gute Zeiten, Schlechte Zeiten

Nee...nix mit der unsäglichen Daily Soap auf RTL. Eher spielt sich Derartiges neuerdings in meinem Internet-Bekanntenkreis ab. Fangen wir einmal mit dem Guten an:

Vor fast genau einem Jahr hatte ich an dieser Stelle einmal meine amerikanische Freundin Tina präsentiert, die sich mitten in ihrem Haus trällernd vor die Kamera gestellt hat. Mittlerweile hat sie eine Band gegründet, die nach ihrer Aussage derzeit via Management nach Auftritten auch in Europa sucht. Backstagepässe wurden mir schon zugesichert... Good luck!


Schlechte Nachrichten erreichten mich dagegen von einer meiner engsten MySpace-Freunde, Alba aus Costa Rica. Kurz bevor wir miteinander online Kontakt hatten, bebte in der Nähe ihres Wohnorts recht heftig die Erde, in ihrem Haus kippten einige Möbel um und diverse Dinge gingen zu Bruch. Schlimmer traf es allerdings andere, derzeit wird mit bis zu 50 Toten gerechnet. Mir tut es leid um dieses wunderschöne Land, dass ich 2006 lieben gelernt habe. Gerade in der Gegend des Beben-Epizentrums am Vulkan Poás hielt ich mich damals selbst auf.

Dies ist nicht das erste Mal, dass nach meinem Besuch an bestimmten Stellen was passiert. Die Bergbahn am Kitzsteinhorn brannte ein Jahr später ab, Anuradhapura  in Sri Lanka, das ich 2004 besuchte, erlebte im Oktober 2008 ein Selbstmordattentat, die von mir ebenfalls 2004 bereiste Malediveninsel Athuruga wurde 3 Monate später vom Tsunami überschwemmt und nun das. Langsam bringe ich wohl wirklich Unglück... :/

Dave Dee †

(Foto: SPIEGEL.de)

Ich bin ja erklärtermaßen ein großer Fan der Musik der 60er, wenn auch mehr der experimentellen und progressiven Art. Dennoch gibt es durchaus auch einige der Spaßtitel von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich, die mir gefallen haben. Am 09. Januar ist deren Sänger Dave Dee im Alter von 65 Jahren einem Krebsleiden erlegen.

Freitag, 9. Januar 2009

Buch-Rezensionen (113): Die Abenteuer des jungen Indiana Jones - Am Todesfluß, Afrika, 1916/17 (1992)

(Cover: Amazon.de)

Der TV-Serie "Die Abenteuer des jungen Indiana Jones" von George Lucas war leider kein großer Erfolg beschieden, kollidierte sie doch gründlich mit den Vorlieben des gemeinen Action-Fans. Die Idee, den zum damaligen Zeitpunkt aus drei Kinofilmen bekannten Helden in dessen Kindheit und Jugend an verschiedenen Schauplätzen mit berühmten Personen der Zeitgeschichte zusammentreffen zu lassen, war eine hochinteressante Geschichtsstunde, die das Spezialeffekte-Spektakel erwartende Publikum leider komplett verschmähte. Mit Umschneiden ganzer Folgen wurde versucht, am Ergebnis herumzupuzzlen - vergeblich. Dennoch wird "The Young Indiana Jones Chronicles", so der Originaltitel, für mich als Geschichtsinteressierten immer eine meiner Lieblingsserien bleiben.

Zum deutschen TV-Start beim Sender SAT.1 erschienen im Jahre 1992 im VGS-Verlag diverse Buchveröffentlichungen mit dem nacherzählten Inhalt einzelner Folgen.

Dieses Buch fasst zwei TV-Episoden zusammen, die im Afrika des Jahres 1916 bzw.1917  spielen. Eingerahmt von einer Handlung in einem New Yorker Krankenhaus 1992 wird die Geschichte einer gefährlichen Waffentransportmission erzählt, die den 17jährigen Indiana Jones und seinen belgischen Freund Remy quer durch den Dschungel führt. Dabei retten sie einem sechsjährigen Jungen namens Barthélemy Boganda das Leben, der später der erste Präsident der Zentralafrikanischen Republik sein wird. Desweiteren treffen Remy und der mittlerweile schwer erkrankte Indy in Lambaréné den deutschen Arzt und späteren Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer. Als Deutscher auf französischem Kolonialgebiet wird Schweitzer schlußendlich verhaftet und nach Frankreich deportiert.

In diesem Buch wird es schon alleine aufgrund der Gestalt Schweitzers mehr philosophisch, dennoch wird Spannung geboten. Die in den neu geschnittenen Folgen entfallenen Szenen mit dem alten Indiana Jones sind hier wieder von zentraler Bedeutung und somit ist dieses Buch auch bei Kenntnis oder Besitz der TV-Serie durchaus zu empfehlen. 

Bewertung: 5 von 5

Donnerstag, 8. Januar 2009

DVD-Rezensionen (113): Der Hirsch mit dem goldenen Geweih (1971)

(Cover: Amazon.de)

Der letzte Film, bei dem der 1973 verstorbene Alexander Rou Regie führte, handelt von den Zwillingen Maschenka und Daschenka, die von bösen Waldgeistern in den verbotenen Zauberwald gelockt und dort von der Hexe Baba Jaga in Rehe verwandelt werden. Ihre Mutter unternimmt mit Hilfe des zuvor von den Zwillingen geretteten Hirschs mit dem goldenen Geweih eine beschwerliche Reise auf, um ihre Kinder zu retten...

Dieser Film ist eine Parabel über bedingungslose Mutterliebe, die alle Strapazen vergessen macht und jedes Hindernis überwinden kann. Auch wenn sowohl Szenerie als auch Örtlichkeiten des Films überwiegend düster und für kleinere Kinder vielleicht furchteinflößend sind, hat der Film auch seine humorvollen Momente, insbesondere dann, wenn Georgi Milljar wieder einmal in seiner Paraderolle als böse und doch auf irgendeine Weise liebenswerte Hexe Baba Jaga glänzen darf.

Technisch köchelt alles auf absoluter Sparflamme. Maues Bild, Mono-Ton und nur eine Bildergalerie als Bonus. Zudem ist der Film nur 63 Minuten lang, während die Internet Movie Database eine Originallänge von 75 Minuten angibt. Wie auch schon bei "Väterchen Frost" scheint hier in den 70ern für den (ost)deutschen Markt die Schere angesetzt worden zu sein, von wem und warum auch immer.

"Der Hirsch mit dem goldenen Geweih" ist sicherlich nicht der beste sowjetische Märchenfilm, für einen nostalgischen Blick zurück in Kindertage reicht er jedoch allemal.

Bewertung: 3 von 5

Mittwoch, 7. Januar 2009

Soundtrack Of My Life (001): Dieter Landuris - Der Anmacher (aus dem Musical "Linie 1") (1988)

Wie ich zum Ende des vergangenen Jahres bereits andeutete - neue Kategorien sind fällig! Fangen wir also gleich einmal damit an. In der Rubrik "Soundtrack Of My Life" werden sich Gedanken zu Songs anfinden, die in irgendeiner Form in meinem Leben eine Rolle gespielt haben oder mir schlicht und einfach etwas bedeuten. Aufgrund der unübersichtlichen Rechtelage werde ich mich hüten, Clips dieser Tracks hier im Blog einzubinden, ich verrate aber wohl kein Geheimnis, dass sie auf YouTube, MyVideo, Clipfish und Konsorten zu finden sind.

In der ersten Ausgabe soll es um das Stück gehen, das mich zu meinem im Internet verwendeten Nicknamen inspiriert hat. Wie ich in der Rezension zur Filmversion der Musicals "Linie 1" bereits schrieb, stand der von Dieter Landuris gespielte rappende Hippie Horst für einen Teil dieses Namens Pate. Der zweite Teil rekrutiert sich aus meiner Zeit als DJ in der Erlebnisgastronomie und wer immer noch nicht weiß, was eine "Mugge" ist, wird hier schlauer gemacht. Wie dem auch sei, "Der Anmacher" war für mich der Höhepunkt des Films. Ein Track, der textlich "Frustrationen" mit "Erektionen" verbindet, hinterlässt anscheinend Spuren...

Mein erstes Auto bekam den Namen Horst, mein Sohn wurde glücklicherweise davon verschont, aber immerhin heißt es ja hierzulande seit 2004: "Horst for president!", oder?

CD-Rezensionen (112): The Art Of Noise - In Visible Silence (1986)

(Cover: Amazon.de)

Die Alben der Sound- und Samplegenies aus dem Vereinigten Königreich waren ihrer Zeit um Einiges voraus. Wahre Klanglandschaften tun sich in diesen Tracks auf, was nicht heißt, dass es nicht eingängig und sogar hitverdächtig ("Peter Gunn" oder "Paranoimia" mit dem unvergessenen Max Headroom) zugehen kann.

Als ein besonders schönes Beispiel für die Vielfältigkeit lässt sich "Backbeat" herannehmen. Ein puckernder Rhythmus im Hintergrund wird eingerahmt von hämmernden Klängen, bis der Soundstrom sich in ein harmonisch-orchestrales Tal ergießt. Stark! Als ruhiger Gegenpol dazu der Siebeneinhalbminüter "Camilla", bestens zum intimen Beisammensein geeignet, Balztanz inklusive...

Das etwas zu simpel-hektische "Chameleon's Dish" und die unoriginelle praktische Reprise von "Backbeat" namens "Beatback" ziehen die Gesamtwertung um einen Punkt nach unten, ansonsten gibt es an diesem Album nix zu löten.

Bewertung: 4 von 5

Dienstag, 6. Januar 2009

Buch-Rezensionen (112): Hajo Herrmann - Als die Jagd zu Ende war-Mein Flug in sowjetische Gefangenschaft (1988)

(Cover: Amazon.de)

Eines sollte man bei der Lektüre dieses Buches immer im Hinterkopf behalten. Der Autor ist zwar einerseits ein hochdekorierter Zeitzeuge, auf dessen Initiative u.a. das Wilde-Sau-Nachtjagdverfahren zurückgeht, der aber andererseits für solch berüchtigte Einsatzverbände wie das faktische Selbstopfergeschwader "Sonderkommando Elbe" steht und zudem bis heute, weit über 90jährig, immer noch dem politisch extremen Rechtsaußenspektrum zuzuordnen ist.

Dieses Buch schildert die Erlebnisse Herrmanns in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, die bei ihm als einen der am längsten in der UdSSR arrestierten Deutschen bis Oktober 1955 andauerte. Obwohl er als Offizier im Vergleich zum einfachen Soldaten eine ungleich bessere Behandlung erfuhr, ist wohl die Verbitterung über die lange Haftdauer ein Grund für die politische Haltung des Fliegers im Range eines Oberst.

Stellenweise liest sich das Buch wie eine Realausgabe von "So weit die Füße tragen" inklusive (gescheitertem) Fluchtversuch. Allerdings herrschen über weite Strecken Selbstgerechtigkeit und keinerlei Selbstreflektion über die eigene Rolle in der deutschen Militärmaschinerie und den Krieg als solchen vor.

Das Cover des Buches ist irreführend. Herrmann flog nach Selbstauflösung seiner Einheit und einer erzwungenen Abmachung mit sowjetischen Truppen folgend keineswegs mit einer Me 262 in Gefangenschaft sondern mit einem Fieseler Storch.

Sicherlich ein lesenswerter Einblick in eine langjährige Offiziersgefangenschaft, allerdings mit heikler politischer Tendenz.

Bewertung: 2 von 5

Montag, 5. Januar 2009

Unverhofft kommt oft...

Manchmal schlägt das Leben die absurdesten Kapriolen. Am besten ich fange mal ganz von vorne an. Ich bin unter anderem auch User eines Forums über die 80er Jahre. Im März 2004 saß ich spätnachts über einem Thread mit dem Titel "Die erste Liebe in den 80ern".  Nachdem ich meine Gedanken dazu in die Tasten gehämmert hatte (nachzulesen hier) passierten ganz eigenartige Dinge, beginnend mit einer Nostalgieaufwallung und anschließender (erfolgreicher) Rechercheaktion (hier).  Mittlerweile ist der Kontakt eingeschlafen, worüber ich ausgerechnet heute noch mit meiner Frau gesprochen habe. Und so traf mich fast der Schlag , als heute abend eine e-mail von meiner ersten Teenie-Liebe eintrudelte. Es war weniger der Inhalt (Neujahrsgrüße an mich und die Familie) sondern der Anhang: Ein Scan eines Gruppenbildes, dessen einziges Exemplar ich ihr im Sommer 1987 zur Erinnerung schenkte, aufgenommen just am Ort unseres Kennenlernens an der polnischen Ostseeküste. Ist schon ein seltsames Gefühl sich nach fast 22 Jahren mal wieder zu betrachten...

Für alle Interessenten: Hier gehts zum Bild, ich bin das Bübchen in der stehenden hinteren Reihe, sechster von links im Palmenshirt.

DVD-Rezensionen (112): Howard - Ein tierischer Held (1986)

(Cover: Amazon.de)

Reduziert man diesen Film auf seine verheerenden Kritiken, seine sieben "Goldene Himbeere"-Nominierungen (davon vier "Siege") und sein maues Einspielergebnis müßte man zum Schluß kommen, es einfach mit einem scheußlichen Machwerk der 80er zu tun zu haben. Sieht man das aber halb so verbissen, kann man mit "Howard" jede Menge Spaß haben.

Was George Lucas' Firma LUCASFILM geritten hat, einen derart absurden Comic-Plot zu verfilmen, mag verwundern. Eine zigarrepaffende Junggesellen-Ente wird durch ein fehlgeschlagenes Experiment von ihrem Heimatplaneten "Duckworld" auf die Erde gebeamt. Nun ja...

Wie aber der tierische Held mit Hilfe der Rocksängerin Beverly (damals umwerfend süß: Lea Thompson) und ihrem durchgeknallten Bekannten Phil (schräääg: Tim Robbins) versucht, in seine Heimat zurückzukehren und sich dabei mit Polizei, zwielichtigen Musikmanagern und scheußlichen Aliens anlegt, ist durchaus vergnüglich. Ein ordentlicher Trashfaktor hat noch keinem DVD-Abend geschadet.

Besonders erwähnenswert ist der Umstand, diesen Film endlich einmal wieder ungeschnitten zu Gesicht zu bekommen, da in den TV-Ausstrahlungen einige eklige Szenen mit dem zum Monster-Wirtskörper gewordenen Dr. Jenning (Jeffrey Jones) fehlen.

Die Bildqualität ist ordentlich, vom Ton sollte man angesichts des Filmalters keine Wunder erwarten. Nur Stereoton, der zudem auch noch sehr lasch und druckarm aus den Boxen kommt. Das Bonusmaterial ist ebenfalls kaum der Rede wert, einige kurze Trailer in grausliger Bild- und Tonqualität.

Dennoch bleibt das von Willard Huyck inszenierte Enten-Abenteuer ein unterhaltsamer Nostalgietrip in die 80er mit geradezu liebenswert veralteten Stop Motion-Tricks.

Bewertung: 4 von 5

Samstag, 3. Januar 2009

CD-Rezensionen (111) - Fancy - It's Me-The Hits 1984-1994 (1994)

(Cover: Amazon.de)

Zugegeben, die Discofox-Heuler des Bayern sind purer Party-Trash, aber wenn dieser nicht mit einem gehörigem Maß Kultfaktor gesegnet ist, was denn dann? In meiner Zeit als DJ in der Erlebnisgastronomie war ich immer wieder verblüfft, welch gähnend leere Tanzböden man mit "Flames Of Love" & Co. füllen konnte.

Zwar sind die kommerziellen Erfolge des Barden schon längst Geschichte, aber Chartserfolge wie "Bolero", das 1986 ein halbes Jahr (!!!) die Spitze der spanischen Charts besetzte, sollte man nicht einfach naserümpfend kleinreden, nur weil es nicht in den eigenen Alternative-Musikgeschmack passt. Fancy ist 80er, Fancy ist Disco-Pop, dies sollte man immer im Hinterkopf behalten. Abtanz-Lala ohne großen künstlerischen Anspruch. Auch ich brauch das einfach manchmal. Nostalgiegefühle sind jedenfalls garantiert.

Bis auf "China Blue" sind auf dieser CD eigentlich alle bekannten Tracks gelistet, wobei auffällt, dass sich der Meister durchaus schon einmal wiederholte (vergleiche Melodiepassagen von "Long Way To Paradise" mit "When Guardian Angels Cry"). Dennoch bleibt "It's Me" eine vergnügliche CD zum nicht so ganz ernst nehmen. In diesem Sinne: Der Dancefloor ist freigegeben...

Bewertung: 4 von 5