Mittwoch, 27. Oktober 2010

"Haste Scheiße am Fuß..." Reloaded

Heute Nachmittag gegen 15.45 Uhr wähnte ich mich wirklich im falschen Film. Nach all den Pleiten, Pech und Pannen der letzten Tage ereilte mich das nächste Desaster.

Die Vorgeschichte: Nach Nachtschicht und dem anschließenden Schlaf radelte ich zum Kindergarten, um den Junior abzuholen. Auf dem Rückweg kurzer Zwischenstop im Supermarkt um ein paar Kleinigkeiten mitzunehmen. Mein üblicher Wagenchip hing diesmal nicht am Schlüsselbund, sondern befand sich noch in der von mir gestern getragenen Hose. Daher Portemonnaie aus dem Rucksack fischen, Euro rausholen, einschieben, Sohnemann in die Kiste setzen, Geldbörse in die Jacke, ab die Post!

Nach nicht mal 5 Minuten waren alle Sachen erledigt, also Kasse, Zeug rauf auf's Band, Griff in die Jacke - Portemonnaie weg! Hektische Blicke in alle Richtungen - nix. Kassiererin Bescheid geben, Einkäufe wieder vom Band holen, umdrehen und zurück in den Laden stürzen war praktisch eins. Mit zunehmender Verzeiflung alle Regale abgefahren, an denen ich war, keine Spur. Personal gefragt, Leute angehauen - nur Kopfschütteln. Es frage sich jeder ehrlich: wie reagiert man selbst, wenn man was findet?

Das enthaltene Geld war weniger das Poblem, ich schleppe eh nie viel Bares mit mir rum, mehr als 20 Euro waren es daher nicht. Aber erst am Samstag das Handy und jetzt das hier - das war einfach zu viel. Besonders bizarr, dass während ich kurz vor dem Hyperventilieren stand, der Kleine alles für einen großartigen Spaß hielt und demzufolge bester Laune war. Ich rechne mir also demzufolge den zeitlichen und finanziellen Aufwand für die den Ersatz/die Sperrung von Personalausweis, Führerschein, Krankenkassen - und EC-Karte aus, als ich den Laden irgendwann ergebnislos verlasse.  beim Losschließen des Fahrrads spricht mich noch eine ältere Dame an, die das ganze Drama mitbekommen hat. "Es gibt halt keine ehrlichen Menschen mehr" meint sie bedauernd. "Das Geld wird rausgenommen, der Rest fliegt in die nächste Mülltonne - schlimm sowas."

Zu Hause angekommen ziehe ich mir aus dem Netz erst einmal alle Informationen zum Procedere bei Verlust von Dokumenten - herzlichen Glückwunsch aber auch! Ich wappne mich schon für den Bericht an meinen familiären Finanzminister, als es eine Stunde nach geschehen des Ganzen an meiner Tür klingelt. Und das Wunder geschieht. Die nette Dame vom Fahrradständer steht nebst Ehemann vor der Tür und überreicht mir strahlend das Corpus delicti mit vollständigem Inhalt. Es muss mir wohl im Vorraum des Supermarkts im Sichtfeld des dortigen Bäckerstands aus der Jackentasche geflogen sein und gelangte so in die Hände der Lady hinter dem Tresen. Die durchforstete daraufhin die Börse nach einer Telefonnummer (erfolgslos, wir stehen auch nicht mehr im Telefonbuch) und kam wohl mit besagtem Paar ins Gespräch - manchmal ist Smalltalk auch zu etwas Nutze! Die beiden erklärten sich bereit das Fundstück bei mir abzuliefern und weigerten sich dann hartnäckig, auch nur den geringsten Finderlohn von mir anzunehmen. ich bin dann nochmal eine Runde gefahren und hab mich bei allen Beteiligten ausführlich bedankt. Mein Menschenbild ist heute wieder etwas optimistischer geworden, aber dank der andauernden Pechstähne hatte ich selbst bei simplen abendlichen Schnippelarbeiten in der Küche ein ungutes Gefühl. Bei meinem derzeitigen Lauf säge ich mir noch halbe Finger ab...

Dienstag, 26. Oktober 2010

CD-Rezensionen (205): a-ha - East Of The Sun, West Of The Moon (1990)

(Cover: Amazon.de)

Es deutete sich bereits in einigen Stücken des dritten a-ha-Outputs "Stay On These Roads" (1988) an - die drei Norweger investierten hörbar in Bemühungen, sich vom Synthie- und Teenager-Pop-Klang der ersten Alben zu lösen. Wie das nach dem stellenweise noch etwas unentschlossen klingenden Vorgänger konsequent zu einem überzeugenden Endergebnis entwickelt wurde, kann man sehr gut an "East Of The Sun, West Of The Moon" ablesen, auch wenn der Platte kein ganz großer kommerzieller Erfolg mehr beschieden war.

Vielmehr hat man es hier mit einer Mischung aus Jazz ("Early Morning", "I Call Your Name", "The Way We Talk"), erwachsen gewordenem Pop ("Slender Frame", "Rolling Thunder" und ganz toll: "Waiting For Her") oder Blues ("Sycamore Leaves") zu tun, die sich zwar merklich von älteren Songs unterscheidet, deren Qualität dies aber überhaupt keinen Abbruch tut. Im Gegenteil, die neue Ernsthaftigkeit bringt eine ungewohnte, aber sehr wohltuende Klangfarbe mit ins Spiel. Mein Albumfavorit, das traumhaft-düstere "East Of The Sun" wäre im rein synthesizerlastigen Popbereich wirklich verschenkte Liebesmüh.

Die als Singleauskopplung fungierende Coverversion des Everly Brothers-Hits von 1961 "Crying In The Rain" fällt da ob ihrer Radiotauglichkeit fast schon aus dem Rahmen, "Seemingly Nonstop July" verweigert sich etwas einer stilistischen Einordnung und das etwas bemüht auf rockig getrimmte "Cold River" kann nicht wirklich überzeugen. Ansonsten bietet dieses Album nur wenig Angriffspunkte, auch wenn sich der eine oder andere a-ha-Fan damals etwas vor den Kopf gestoßen gefühlt haben mag. Auch bei mir hat "East Of The Sun, West Of The Moon" erst einige Umwege und Jahre benötigt, bis ich es wirklich zu schätzen gelernt habe. Nun möchte ich aber dieses erwachsene Stück Musik nicht mehr missen.

Bewertung: 4 von 5

"Haste Scheiße am Fuß...

...haste Scheiße am Fuß." Ein unsterblicher Spruch von Andreas Brehme. Langsam bin ich geneigt, dem Final-Torschützen von 1990 zuzustimmen, denn nach dem ohnehin verkorksten Wochenende ging es gestern munter in dieser Gangart weiter. Zunächst stand ein Weiterbildungslehrgang in der Firma an. Leider mächtig an der Praxis vorbeiproduziert, denn mit Messsensortechnik arbeiten im Haus allenfalls die Abteilungen Entwicklung und Musterbau, während es sich in der Prüf- und Testsektion der Produktion eher im Bereich der Kontaktmessung abspielt. Und wenn dann noch ein Prof. Dr. der TU Dresden als Dozent loslegt, schlackern dem gemeinen Facharbeiter aber mal so richtig die Ohren...

Wieder zu Hause die nächste Hiobsbotschaft. Das von mir für Ende November belegte Präsenzseminar in Leipzig wird mangels ausreichender Teilnehmermeldungen nicht stattfinden. Ich muss im Laufe der Studienzeit zwei solche Seminare absolvieren und hatte mich über die Tatsache gefreut, dass endlich mal eines in erreichbarer Nähe stattfindet. Aber wie ich schon auf der Studierendenplattform der FernUni mitbekommen habe - allzuviele Ossis sind im Bereich der Politikwissenschaft nicht am Start, so dass ich mich wohl oder übel für diese Seminare auf etwas Reisetätigkeit einstellen muss.

Zu guter Letzt noch ein Reinfall bei einer Hausbesichtigung, da man mit der Anschaffung von Wohneigentum liebäugelt. Nicht zu übersehende Fassadenschäden an einem gerade mal 15 Jahre alten Haus, dazu völlig überzogene Preisvorstellungen und ein (wahrscheinlich durch einen finanziellen Notstand bedingt) sehr aggressiver Alteigentümer - nee, das war auch nix... Es darf sehr schnell sehr viel besser werden, langsam nervt die Situation.

Sonntag, 24. Oktober 2010

Ein mieses Wochenende

"Es gibt Tage, da bleibt man besser im Bett". Dies ist keine besonders neue Weisheit. Aber wenn ich nun auf dieses ausklingende Wochenende zurückschaue, muss ich dem unbekannten Verfasser dieses Satzes sehr recht geben. Gestern wieder 4.45 Uhr aufstehen, um die sechste Frühschicht abzureißen, nach einer kurzen Pause der eigentlich zur Entspannung geplante Besuch eines hier stattfindenden Box-Events mit dem besten Freund. Die sportliche Qualität - gerade des Hauptkampfs - war allenfalls mäßig, zu allem Überfluss bemerkte ich auf dem Heimweg noch den Verlust meines Handys. Die sofortige Umkehr und Suche vor Ort verlief natürlich ergebnislos, das Ding wird sicherlich in den nächsten Tagen bei Ebay auftauchen. Auch wenn das Teil nicht sehr neu war und die SIM-Karte sofort gesperrt wurde, ärgert mich das doch, gerade weil Fotos von Sohnemann drauf sind.

Natürlich hat man an dem Abend ein, zwei (vielleicht auch drei) Bier getrunken, aber muss man deswegen gleich am Tag danach verkatert sein? Früher hat man ganze Nächte durchgefeiert und war trotzdem morgens einigermaßen fit. Man wird wohl wirklich alt... Dummerweise hatte ich meinem alten Herrn noch die Mithilfe bei ein paar Umräum- und Transportarbeiten zugesagt - mit Kopfschmerzen wirklich eine tolle Erfahrung! Dazu scheiterte am Mittag noch die Ersteigerung zweier Bücher im Netz, langsam sollte ich wohl besser mal ins Bett gehen, bevor noch mehr gegen die Wand läuft. Morgen aufgrund einer Weiterbildungsmaßnahme nochmal früh raus - mir reichts!

Freitag, 15. Oktober 2010

CD-Rezensionen (204): Culture Beat - Anything (MCD) (1993)

(Cover: Amazon.de)

Als diese Single als dritte Auskopplung aus dem "Serenity"-Album im Dezember 1993 erschien, war Produzent Torsten Fenslau bedingt durch einen Verkehrsunfall seit etwa einem Monat tot. Man kann diese Maxi mit insgesamt fünf Versionen des Songs (Grosser Club Mix, Introless, Tribal House Mix, Radio Converted, MTV Mix) also durchaus als das musikalische Vermächtnis des zur damaligen Zeit äußerst populären und erfolgreichen DJs und Produzenten betrachten.

Den Auftakt zur "Variation" des Reißbrett-Tracks bietet mit dem "Grossen Club Mix" die bereits beste Interpretation des insgesamt recht durchschnittlichen Eurodance-Stampfers klassischer Bauart. Ein sich langsam und düster aufbauendes Intro leitet die siebeneinhalb Minuten ein, die so alles beinhalten, was damals in der Rezepteküche des ausufernden Genres zu finden war. Abwechselnde männliche Rap- und weibliche Vocalparts, die fixen HiHat-Klänge im Hintergrund und klassischer Beat höherer Schlagzahl. Das bekam man in den Jahren 93/94 derartig oft und nur minimal variiert zu hören, dass einen im Nachhinein der kommerzielle Erfolg (in vorliegendem Fall Platz 4 der deutschen und Position 5 der britischen Charts) doch arg erstaunt. Gerade die Remixe borden nicht eben vor Kreativität über, so ist Track Zwei tatsächlich nur eine des Intros beraubte Version des ersten.

Selbst der recht vielversprechend beginnende "Tribal House Mix" erschöpft sich schon sehr bald im gewohnten Einheitssound, der nur mit ganz leichten Synthiespielereien angereichert wurde. Auch beim Rest ist sieht es nicht wirklich anders aus, so dass man den Eindruck eines knapp halbstündigen Endlostracks hat. Viel verschenktes Potential, schade.

Bewertung: 3 von 5

Dienstag, 12. Oktober 2010

CD-Rezensionen (203): The Cure - Pornography (Deluxe Edition) (1982)

(Cover: Amazon.de)

Es gibt in der Geschichte der populären Musik einige Platten, die man als seelisch labiler Mensch mit etwas Vorsicht genießen sollte. Das 1982er Erzeugnis der Herren Smith, Gallup und Tolhurst gehört mit Sicherheit dazu. Die zu diesem Zeitpunkt schwer drogen- und alkoholgeplagte Band goss hier alles, was die wenig optimistischen frühen 80er Jahre an Hoffnungslosigkeit zu bieten hatten, in ein absolut markerschütterndes Soundgewand, eine Ton gewordene Ausgabe von Goethes "Die Leiden des jungen Werthers" in acht Songs.

Wo soll man anfangen? Mit der die abgrundtiefe Stoßrichtung bereits zu Beginn aufzeigenden Textzeile "It Doesn't Matter If We All Die" beim mit seinen sägenden Gitarrenklängen schwer unter die Haut gehenden "One Hundred Years"? Oder dem wilden Bass/Drums-Duell der Singleauskopplung "The Hanging Garden"? Man taucht mit zunehmender Spieldauer immer tiefer in die Cure'sche Abwärtsspirale ein, Smiths teilweise wie hingeworfen klingende Gitarrenakkorde wirken in ihrer Filigranität wie ein Netz, das sich den Hörer umso tiefer darin verstricken lässt, je energischer er sich daraus zu befreien sucht. Diese hypnotische Wirkung wirkt faszinierend und beunruhigend zugleich, sehr gut beispielsweise beim Track "Siamese Twins" oder dem über sechsminütigen "The Figurehead" zu beobachten.

"A Strange Day" bekam einen grandiosen Chorus spendiert, der gegen die tiefdepressiven Strophen aufzubegehren scheint. Übertroffen noch von "Cold", einer einzigartigen Mischung aus Synthesizer- und Cello-Klängen, Robert Smiths klagendem Gesang und stark schaumgebremsten Drums. Sollte es jemals so etwas wie eine ultimative Wave-Hymne geben - hier ist sie! Mit der verstörenden Soundcollage "Pornography" entrinnt man dem Alptraum mit knapper Not, nicht ohne jedoch den Ratschlag "Find A Sickness, Find A Cure!" hinterhergerufen zu bekommen. Ein schaurig-schöner Höllentrip!

Die Bonus-CD dieser Deluxe Edition widmet sich wie auch schon diejenigen der Vorgängeralben allerlei Raritäten aus dem Demo- und Liveaufnahmenbereich. In ersterem darf "Break" schräg aus den Boxen scheppern, während die ohne Vocals aufgenommenen "Demise" und "Temptation" wie auch "The Figurehead" und "The Hanging Garden" in sehr guter Soundqualität daherkommen. "One Hundred Years" klingt hingegen noch richtig unfertig, eine breit wabernde Synthiefläche drängt die das Albumoriginal prägenden Gitarrensounds deutlich in den Hintergrund, die Drums sind lediglich behelfsmäßig mit einer Sequencer-Linie vertreten. Richtig experimentell geht es hingegen beim 13minütigen "Airlock: The Soundtrack" zur Sache. Ein wild und scheinbar ohne Plan klimperndes Piano, kombiniert mit allerlei Geräuschkulisse und einem ebenfalls eher improvisierten Bass ergeben ein schwerverdauliches, aber nicht uninteressantes Endergebnis.

Sechs Live-Tracks in Bootleg-Qualität (bis auf die scheinbar aus dem Soundboard gezogenen "A Short Time Effect" und "Siamese Twins") geben einen guten Einblick in die Konzertqualitäten der Truppe, bevor das hervorragende Studiodemo "Temptation Two" nach stolzen 115 Minuten Spieldauer einen Schlußpunkt unter dieses Glanzstück einer jeden Musiksammlung setzt. Volle Punktzahl, gar keine Frage!

Bewertung: 5 von 5

Montag, 4. Oktober 2010

Ein gelöstes Rätsel

Vor ein paar Monaten beschrieb ich an dieser Stelle das plötzliche Auftauchen eines geheimnisvollen und meinen Verwandten völlig unbekannten dritten Geschwisterkinds meines 1985 verstorbenen Großvaters. Die letzten Monate nahmen mich zeitmäßig etwas zu arg in Beschlag, um dem ganzen etwas auf die Spur zu gehen und mich im Kirchenarchiv der Gemeinde Zeithain zu vergraben. Heute morgen war es nun endlich soweit. Bewaffnet mit einer Kopien-Wunschliste, die alle mir bekannten Tauf-, Konfirmations-, Heirats- und Sterbedaten meiner Verwandten väterlicherseits umfasste, scheuchte ich die bedauernswerte Mitarbeiterin der Kirchverwaltung zwischen Archivraum und Kopierer hin und her, wobei sich das Scannen der dicken Wälzer als nicht unbedingt leicht von der Hand gehende Tätigkeit erwies, mussten doch zu allem Überfluß die nicht meine Forschung betreffenden Einträge anderer Personen aus Datenschutzgründen abgedeckt werden.

Schlussendlich zog ich dann mit gut zwei Dutzend Blättern und einem gelösten Rätsel wieder von dannen. Denn das Stöbern in den Registern förderte den Fakt zutage, dass meine Urgroßeltern am 20.06. 1913 Eltern eines Minna Margarete genannten Mädchens wurden. Ihr erstgeborenes Kind verstarb nur 10 Monate später, am 28.04. 1914 an einer Bronchitis. Tragisch...

Weitere Forschungsergebnisse der letzten Monate in Kurzform: ich verfüge durch das soziale Netzwerk Facebook zum Einen über einen direkten Kontakt in das heute polnische Dorf meiner Vorfahren, habe von dort von einer die gleiche Gegend beackernde Forscherkollegin aktuelle Fotos des Orts zugespielt bekommen und einen sehr freundlichen Kontakt zu drei Adelsfamilien aufgenommen, die das Gut des Dorfs im Laufe der Jahrzehnte besaßen. Als nächster Anlaufpunkt ist nun das Hauptstaatsarchiv in Dresden dran, wo ich weitere mir helfende Fundstücke vermute. Fortsetzung folgt...