(Cover: Amazon.de)
Als Vince Clarke anno 1985 mit dem Gesangsakrobaten Andy Bell gemeinsam sein neues Bandprojekt Erasure vorstellte, glaubte wohl keiner der Musikfreunde ernsthaft an ein längerfristiges Bestehen der Band. Zu oft hatte der introvertierte Klangbastler aus Essex nach seinem Ausstieg bei Depeche Mode neue Musiker rekrutiert, um (wie mit Yazoo, The Assembly oder der Zusammenarbeit mit Paul Quinn geschehen) nach spätestens zwei veröffentlichten Alben das Handtuch zu werfen. Bekanntlich sollte alles anders kommen - nach 25 Jahren gibt es Erasure immer noch! Gelegenheit, um nach diesem Vierteljahrhundert einmal auf die Anfänge zurückzublicken.
Man kann nicht sagen, dass Vince Clarke auf dem Erasure-Erstling den damals breiten Chartsraum einnehmenden Synthie Pop neu erfunden hat, die Kombination aus seinen zirpenden Analogsounds mit Andy Bells atemberaubenden Stimmlagenwechseln bot jedoch etwas ganz Besonderes im Ozean der elektronischen Popmusik. Und so finden sich auf dem Debüt mit dem einleitenden "Who Needs Love Like That" und "Oh L'Amour" gleich zwei Klassiker der Band, auch wenn der kommerzielle Durchbruch erst mit der vierten Single "Sometimes" vom Nachfolgealbum "The Circus" gelingen sollte.
Trotzdem finden sich neben erwähnten Songs eine ganze Reihe Knaller, die auch nach so langer Zeit noch erstaunlich frisch und unverbraucht klingen. Exemplarisch dafür stehen das treibende "Reunion", das mit leichten Kraftwerk-Anleihen versehene "Cry So Easy" oder das stellenweise den düsteren Dance-Sound der ausklingenden 80er schon vorausnehmende "Push Me Shove Me". Zwar treffen wie beispielsweise "Say What" oder "Pistol" nicht alle Songs meinen persönlichen Geschmack, dennoch gehen auch diese Tracks weit über den Status als pure Füller hinaus und werden durch Highlights wie die herzzerreißende Ballade "My Heart...So Blue" mehr als wettgemacht. Das in der originalen LP-Version 11 Songs umfassende Album wird in der CD-Ausgabe noch durch drei Remixe von "Say What", "March On Down The Line" und "Senseless" ergänzt, die dem damals üblichen Format der Extended Version folgen. Ein interessanter und gehaltvoller Bonus.
Nachdem "Wonderland" in meiner heimischen CD-Sammlung gegenüber den Erasure-Hitalben der späten 80er ein Schattendasein fristete, bin ich über diese persönliche Wiederentdeckung dieser Synthieperle der Pop-Dekade äußerst glücklich.
Bewertung: 4 von 5
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