Donnerstag, 27. August 2009

CD-Rezensionen (156): The Art Of Noise - In No Sense? - Nonsense! (1988)

(Cover: Amazon.de)

Dieses Album aus dem Jahr 1988 wird wahrscheinlich immer mein Favorit der Briten bleiben, habe ich doch einen ganz persönlichen Bezug zu diesem Meisterwerk des Samplings und der Soundcollagen. Ich besuchte zu dieser Zeit gerade die 10. Klasse und im Vorfeld unserer Prüfungen ging es in einigen Unterrichtsstunden für DDR-Verhältnisse geradezu entspannt und liberal zu. So auch, als uns unsere Musiklehrerin (wie in jedem Jahr einmal) dazu aufforderte, unsere aktuelle Lieblingsmusik mitzubringen und den Mitschülern vorzuspielen. Mein Tape nahm sie schon mit einem etwas skeptischen Gesichtsausdruck entgegen, hatte ich doch im Vorjahr "Full Metal Jacket" von Abigail Mead und Nigel Goulding aus dem Soundtrack des gleichnamigen Films angeschleppt. Diesmal hatte ich nun eben Art of Noises aktuelles Album im Gepäck, das ich gerade frisch aus dem Radio aufgenommen hatte, denn um so etwas wie Urheberrecht scherte man sich beim Jugendsender DT64 bekanntlich nicht wirklich. Um es kurz zu machen: Die Gesichtszüge von Madame entgleisten wieder bereits bei den ersten Geräuschen von "Galleons Of Stone"...

Kein Wunder, hantierten die englischen Studiocracks doch wieder mit spektakulären Sounds, so wird das bereits erwähnte erste Stück des Albums von einer Art verfremdeter Lokomotiven-Sirene eröffnet, Motorengeräusche und Dampfmaschinenzischen folgen. Die Single "Dragnet" covert das (oder besser: spielt mit dem) Thema der gleichnamigen bekannten Krimiserie.

Um die ganze Vielfalt dieser Platte zu erfassen, reicht es fast schon aus, die Tracks drei bis fünf am Stück zu hören. "Fin du Temps", ein hektischer, vorwärtsstürmender Stampfer mit gesampelten Hörnern geht abrupt in der nur etwa 50 Sekunden langen Klangcollage "How Rapid" auf, die in das wunderbar atmosphärische Ambient-Stück "Opus For Four" einbiegt. Wer schon "Moments In Love" aus dem Jahre 1984 mochte, wird auch dieses Stück lieben!

"Debut" ist fast schon ein Stück Klassik, aber Zeit zum Ausruhen bleibt nicht, denn das verrückt-schräge "E.F.L." (Grobbeschreibung: "Peter Gunn" meets Flugzeug- und Telefongeräusche featuring TRIO) nagelt einen mit seinen Sample-Absurditäten und trotzdem wunderbar relaxtem Groove vor die Boxen. Und auf diesem hohen Niveau geht es nahtlos weiter, wie beispielsweise das den Introtrack zitierende "A Day At The Races", das traumhafte "Ode To Don José" oder die mit Kirchenchorklängen arbeitenden "Counterpoint" und "Nothing Was Going To Stop Them Then, Anyway".

Definitives Highlight des letzten CD-Drittels ist aber eindeutig "Crusoe". Sollte jemand musikalische Untermalung einer Diashow von Urlaubsfotos benötigen - hier wird er fündig. Reichlich dreieinhalb Minuten pure Schwerelosigkeit, wenn man mal vom völlig unerwarteten Ende absieht.

Mit dem von World Music beeinflussten "One Earth" klingt ein bärenstarkes Album der musikalisch doch eher mäßigen Spät-Achtziger aus. Unbedingter Kauftip!

Bewertung: 5 von 5