Mittwoch, 18. Februar 2009

DVD-Rezensionen (124): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 12 - Finale 1982 BR Deutschland-Italien (1:3) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Ich hatte nach den Ereignissen der letzten WM etwas die Befürchtung, voreingenommen an diese Partie heranzugehen. Nach dem Ansehen muß ich konstatieren: Weit gefehlt! Italien wurde 1982 völlig verdient Weltmeister und das in einer Art und Weise, die es (im Gegensatz zu 2006) leicht macht, den Titel zu gönnen.

Doch zunächst ein kleiner Rückblick: An die WM in Spanien kann ich mich nur noch düster erinnern, da meine Eltern das Thema "als 10jähriger lange aufbleiben" recht rigoros handhabten. Ich weiß nur noch, dass ich sowohl die deutsche Vorrundenpleite gegen Algerien als auch das Skandalspiel gegen Österreich live gesehen habe, allerdings waren das auch beides am Nachmittag angesetzte Partien. Daher dürfte diese DVD die erste Gelegenheit überhaupt gewesen sein, dass ich dieses Finale in voller Länge sah.

Ich hatte anhand des Ergebnisses eigentlich erwartet eine italienische Mannschaft zu sehen, die die deutsche nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt, doch das ist falsch. Zumindestens die erste Halbzeit ist doch wirklich "ausgeglichen" zu benennen, auch wenn sich unmittelbar vor den Torhütern wenig abspielte. Der verschossene italienische Strafstoß passt da gut ins Bild. Toni Schumacher beschreibt in "Anpfiff" das Finale 1982 als "von vornherein in den Köpfen verloren". Da ist wohl etwas dran.

Völlig anders wiederum stellt sich die Lage in Durchgang 2 dar. Hier merkt man doch recht deutlich, wie nach dem Halbfinale gegen Frankreich einfach die Kraft fehlte. Im Begleitheft zur DVD wird beispielsweise noch die unmittelbare Nachgeschichte des Krimis von Sevilla erzählt. Das deutsche Team saß bis in die frühen Morgenstunden in einem heillosen Durcheinander auf dem Flughafen fest und schaffte es erst nach handfesten Drohungen seitens der Mannschaftsleitung eine Starterlaubnis zu erhalten. Die Italiener wiederum hatten innerhalb der regulären Spielzeit ihr nachmittägliches Halbfinale gegen Polen locker gewonnen und konnten so deutlich mehr Kräfte sparen.

Zwei Spieler gilt es besonders hervorzuheben: Bruno Conti auf italienischer und Uli Stielike auf deutscher Seite. Nicht zu fassen, was der Conti gerannt ist... Stielike (immerhin Fußballer des Jahres 1982 in Spanien!) wiederum kommt mir in Betrachtungen der deutschen Nationalmannschaftsgeschichte leider immer ein wenig stiefmütterlich behandelt vor. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass sich jeder Libero an Franz Beckenbauer messen lassen mußte. Der Überlieferung zufolge soll er Rummenigge in der Kabine angeschnauzt haben, weil dieser (durch eine Verletzung alles andere als fit) sich weigerte, sich auswechseln zu lassen (was dann erst in der 69. Minute geschah). Aber was der Stielike in der zweiten Hälfte geackert und gekämpft hat - ich zieh den Hut!

Fazit: Ein verdienter Sieg, ein verdienter Weltmeister (auch nach Startschwierigkeiten schon aufgrund des grandiosen Spiels gegen Brasilien) und der Torjubel von Marco Tardelli nach dem 2:0 dürfte wohl zu den berühmtesten der WM-Geschichte zählen...

Noch zwei weitere optische Auffälligkeiten des Finales: Verteidigerlegende Guiseppe Bergomi (damals gerade erst 18!) mit scheußlicher Schenkelbürste unter der Nase und ein schon vor dem Anpfiff äußerst gequält dreinschauender Bundeskanzler Schmidt auf der Tribüne. Verständliches Mienenspiel, wenn man sich die politische Lage in Bonn im Sommer 1982 ins Gedächtnis ruft. 

Noch eine kleine Anekdote zum Schluß: Ausgerechnet die DDR drehte mit "Verzeihung, sehen Sie Fußball?" einen Film, der in Episodenform die Erlebnisse verschiedener Personen in einem Ost-Berliner Hochhaus während des Finalspiels beschreibt.

Bewertung: 4 von 5