Mittwoch, 4. März 2009

CD-Rezensionen (127): City - Casablanca (1987)

(Cover: Amazon.de)

Dieses Album aus dem Jahre 1987 ist so etwas wie der Kulminationspunkt der späten DDR-Rockmusik. Zeitkritische Texte, zum Teil unter Pseudonym geschrieben, die hauptsächlich Geschichten aus dem Ost-Berlin der DDR-Endphase erzählen und stellenweise zu heftigen Kontroversen mit den Kulturbehörden sorgten.

So soll die Passage "da ging die erste große Liebe vom Frühling bis in den August" in "z. Bsp. Susann" ursprünglich in etwa "da ging in diesem Jahr der Frühling bis in den August" geheißen haben, was freilich ein sehr deutlicher Hinweis auf die Niederwalzung des Prager Frühlings durch sowjetische Truppen im August 1968 war. Undenkbar für die Zensurgewaltigen, zumal Sänger Toni Krahl als nach einer damaligen mutigen Protestaktion verhafteter und inhaftierter Künstler ohnehin ein rotes Tuch bei dieser Thematik darstellte.

Das Titelstück, einer der größten Hits der Ostrockgeschichte, hat zudem einen interessanten Entstehungshintergrund. Geschrieben vom Schauspieler Henry Hübchen, wurden die im Song verwendeten Sprachsequenzen aus dem gleichnamigen Filmklassiker ausgerechntet mit Hilfe des "Feindsenders Nr. 1", dem RIAS in West-Berlin, aufgenommen. Fritz Puppel und Toni Krahl baten den ihnen bekannten dortigen Redakteur Olaf Leitner, ihnen doch bei der Beschaffung solcher Originalsounds behilflich zu sein. Dieser spielte dann in einer seiner Sendungen unter irgend einem Vorwand solche Passagen, die dann von den City-Herren am Radio auf Band aufgenommen und ins Studio verfrachtet wurden.

Seine Stärken hat dieses Album eindeutig in seinen Texten, da die Musik doch sehr künstlich (vor allem die Drums) und aus heutiger Sicht hoffnungslos veraltet arrangiert klingt, ein Manko, das beispielsweise Silly-Alben aus der gleichen Zeit nicht haben.

Besonders empfehlenswert "Pfefferminzhimmel", welches das Fernweh der im eigenen Land gefangenen DDR-Bürger auf melancholische Weise thematisiert, das bereits eingangs erwähnte "z. Bsp. Susann", ein berührendes Stück über die Nachkriegsgeschichte Berlins und gleichzeitig ein straightes Stück Rockmusik, das schöne Liebeslied "Wand an Wand" und "Halb und Halb", das erstaunlich offensiv am Tabu der totgeschwiegenen deutschen Teilung rührt.

Sicherlich eines der besten DDR-Alben, auch wenn es nicht ganz zur Höchstwertung reicht.

Bewertung: 4 von 5