(Cover: Amazon.de)
Ein heißes Eisen also, an das sich Regisseur Oliver Hirschbiegel und Drehbuchautor/Produzent Bernd Eichinger wagten. Daher scheint es nur logisch, dass sie versuchten, sich durch die wissenschaftliche Mithilfe des neben Ian Kershaw wohl renommiertesten Hitler-Biografen, des 2006 verstorbenen Joachim Fest, gegen Vorwürfe, Geschichtsklitterung zu betreiben, absicherten. Desweiteren wurden die 2002 erschienen Erinnerungen von Hitlers Sekretärin Traudl Junge als Vorlage für den Film verwendet.
Ist dieses Vorhaben, den Focus auf die letzten Tage im Führerbunker zu richten, nun also geglückt? Die Antwort muß lauten: nur teilweise. Denn die wissenschaftliche Grundlage des Drehbuchs bewahrte die Macher nicht davor, grobe, den tatsächlichen Ereignissen zuwiderlaufende, Schnitzer zu begehen. Exemplarisch dafür mag der Tod des Ehepaar Goebbels sein, das sich nicht - wie im Film dargestellt - erschoss, sondern sich vergiftete. Auch die durchweg positive und heldenhafte Darstellung des SS-Arztes Ernst Günther Schenk (Christian Berkel) ist aufgrund dessen sehr widersprüchlicher Karriere (u.a. als an Menschenversuchen beteiligter KZ-Arzt) doch arg bedenklich.
Diese Widersprüche ziehen sich durch den ganzen Film und machen auch vor den Darstellern nicht halt. Zwar ist Bruno Ganz als Hitler natürlich ein Ereignis von umwerfender Wucht, dennoch agiert er permanent hart an der Grenze zum Overacting, ganz davon abgesehen, dass er dem Diktator und Massenmörder nicht wirklich ähnlich sieht. Ein Schnurrbart und ein Seitenscheitel machen nun mal keinen Hitler. Dies ist ohnehin ein Manko des Films, denn entgegen der oft im Bonusmaterial von verschiedenen Beteiligten geäußerten Meinung, sich bei der Besetzung und der Gestaltung der Masken besondere Mühe gegeben zu haben, weisen viele der Akteure keinerlei Ähnlichkeiten mit ihren historischen Vorbildern auf. Dies wäre umso wichtiger, da die meisten überhaupt nicht kenntlich in die Handlung eingeführt werden. So verfuhr man beim Darsteller des Herrmann Göring, Matthias Gnädinger, wohl einfach nach dem Motto "Stecken wir halt einen korpulenten älteren Mann in eine von Görings Phantasieuniformen, wird schon funktionieren". Ulrich Matthes vermag zwar den Goebbelschen rheinischen Singsang perfekt zu imitieren, ansonsten verwirrt er eher mit seiner Unähnlichkeit - er sollte wohl nur dämonisch dreinblicken. Bei anderen - wenigen, kleinen - Rollen funktioniert des hingegen sehr gut, sowohl Heinrich Himmler (Ulrich Noethen) als auch Albert Speer (Heino Ferch) sind perfekt getroffen.
Alles in allem würde ich an "Der Untergang" aufgrund seines mutigen Ansatzes und der nicht zu leugnenden Spannung dennoch vier Punkte vergeben, warum dann also weniger? Dies ist in der Aufmachung dieser 3-Disc-Edition begründet. Zwar gibt es volle zwei DVDs mit Bonusmaterial, von wirklichem Wert sind jedoch nur der virtuelle Bunkerrundgang und die Ausführungen von Dietmar Arnold vom "Berliner Unterwelten e.V.". Die zahlreichen Darsteller-Interviews bestehen oftmals aus nur wenigen dürren Sätzen, die zudem noch dem auch enthaltenen, durchaus interessanten, "Making Of" entnommen sind. Ein völliger Ausfall hingegen Bernd Eichingers Audiokommentar, der sich zu 90% aus Floskeln á la "genau so hat es sich abgespielt", "dafür gibt es Zeugen" oder "das steht so in Traudl Junges Buch" zusammensetzt. Man wird das Gefühl nicht los, hier einer permanenten Rechtfertigung zu lauschen.
Richtig arg wird es aber im technischen Bereich. Ich habe mir diese Edition hauptsächlich dem enthaltenen Bonusmaterial und der um 25 Minuten verlängerten TV-Fassung wegen gekauft. Umso unverständlicher, warum man dann als Kunde mit einer von 5.1/dts auf Dolby Surround abgespeckten Tonspur bestraft wird. Das Pseudo-Argument "Speicherplatz der DVD" kaufe ich dem Publisher nicht ab. Ebenso ist das teilweise doch recht grobkörnige und dunkle Bild alles andere als Referenz. Und so setzen sich die Mängel eines optisch recht ansprechend gestalteten Pappschubers bis ins Booklet fort, wird dort doch bei den Schauspieler/Rolle-Doppelbildern Traudl Junge glatt mit einem Foto Eva Brauns illustriert, das aus einer Bilderserie mit deren bester Freundin Herta Schneider stammt. Solche Schlampereien sind einfach ärgerlich, weil ohne große Mühe vermeidbar.
Von daher gibt es Abzug, was einen diskussionswürdigen, aber dennoch sehenswerten Film ins Bewertungs-Mittelfeld herunterzieht.
Bewertung: 3 von 5
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