Samstag, 6. November 2010

CD-Rezensionen (207): Enya - The Memory Of Trees (1995)

(Cover: Amazon.de)

Das Gute an Enya-Alben ist für mich die Tatsache, dass man so herrlich kontrovers darüber diskutieren kann. Wunderschöne Kontinuität oder der in Töne gegossene Stillstand, das Hochhalten irisch-keltischer Traditionen oder mit Klangbombast überzuckerter Edelkitsch - so ganz wird man sich da wohl nie einigen können. Ich gebe zu, dass ich die Erzeugnisse aus dem Hause Bhraonáin/Brennan auch nicht täglich genießen kann, aber bei entsprechender Situation und Gefühlslage gibt es wenig, das mir derart innere Ruhe verschafft.

Auch beim vierten Album geht es aus oben genannten Gründen vertraut zur Sache. Getragenes Tempo, vielfältige Hall- und Soundeffekte plus Enyas gar nicht mal umfangreiche, aber dennoch sehr berührende Stimme, die sowohl englische als auch lateinische und gälische Texte interpretiert, erzeugen einen Film im Kopf, bei dem man buchstäblich ganze Heerscharen von Tolkienschen Fantasy-Gestalten durch abenteuerliche Landschaften wandeln sieht. Herausragend hierbei "Pax Deorum", das mit seinen düsteren Klängen eine bedrohliche Atmosphäre erzeugt. "Anywhere Is" hingegen gelangte durch umfangreichen Radioeinsatz zu Weltruhm (immerhin Platz 7 in den britischen Charts).

Gelegentlich rutscht die Irin aber doch deutlich über die Kitschgrenze ("Hope Has A Place"), zudem ist im Allgemeinen die Gefahr der Verwechselbarkeit einzelner Songs aufgrund der gelegentlich sehr ähnlichen Arrangements groß. Eine echte Ausnahme bietet da "Tea-House Moon" mit seinen asiatisch angehauchten Sounds. Und für Enya-Verhältnisse geradezu fröhlich-optimistisch geht das Album mit "On My Way Home" zu Ende. Insgesamt eine wiederum typische Veröffentlichung, die an schlechtgelaunten Tagen drei, an melancholischen vier Wertungspunkte einfährt.

Bewertung: 4 von 5