Donnerstag, 31. Dezember 2009

Fazit 2009

Ein Jahr mit einigen Veränderungen ist fast zu Ende. Einige Vorsätze, wie die Wiederbelebung meiner Fotografiererei oder der Ahnenforschung ließen sich aus Zeitgründen leider nicht verwirklichen, dafür hab ich - völlig unerwartet - ein Fernstudium aufgenommen und nebenbei ohne größere Anstrengungen meinen BMI von 30 auf 24 bekommen. Mal sehen, was 2010 so bringt, neben Gesundheit für meine Familie und den Freundeskreis sowie ein wenig Glück für den Studienkram wünsch ich mir natürlich den WM-Titel für die DFB-Elf und viele neue interessante Erfahrungen. Darauf ein Glas Sekt zu gegebener Zeit, gehabt Euch wohl und bis demächst an gewohnter Stelle - guten Rutsch!

Noch ein wenig Statistik: etwa 100 Posts weniger als im Jahre 2008 (erwähnte ich schon den Zeitmangel?), insgesamt inklusive diesem Eintrag 932 Blogbeiträge seit dem Start vor genau zwei Jahren.

Buch-Rezensionen (178): Ernst Günther - 33 Zirkusgeschichten (1977)

(Cover: Amazon.de)

Das Zeitalter des Zirkus mit seiner Blüte im 20. Jahrhundert ist allem Anschein nach endgültig vorbei. Verflogen die Faszination, wenn ein oder zwei Mal im Jahr einer der drei großen DDR-Staatszirkusse in unsere Kleinstadt kam und dies ein ganz besonderes gesellschaftliches Ereignis darstellte. Heutzutage kämpfen zig kleine und kleinste Unternehmen um Zuschauer und Einnahmen, kritisiert von Tierschützern und ignoriert von der breiten Masse, die im um Größenordnungen breiter gewordenen Unterhaltungsangebot zumeist andere Dinge favorisiert.

Dieses 1977 in der DDR erschienen Buch widmet sich in 33 Episoden Anekdoten, Personen und Historie des Zirkus. Dies geschieht nicht im dokumentarischen Stil, sondern im nacherzählendem Tonfall - Geschichten eben. Der Bogen reicht von den Anfängen des Zirkus der Neuzeit durch die Gründung einer Kunstreitschule durch Philip Astley im Jahre 1768 bis hin zu der weltweit zu Berühmtheit gelangten Eisbärendompteuse Ursula Böttcher.

Breiter Raum wird dabei Unfällen und Katastrophen im Zirkusgeschäft eingeräumt. Seien es die tragischen Tode der Dompteuse Helen Bright (1879) oder der Kunstreiterin Emilie Loisset (1882), dem durch mutmaßliche Brandstiftung hervorgerrufenen Großfeuer im Zirkus Sarrasani (der durch das spezielle Interesse des Buchautors mehrfach in den Geschichten vertreten ist) in Antwerpen 1932, dem Trapezunfall der Artistin Greta Frisk 1963 oder der in Skandinavien zum Allgemeinwissen gehörenden unglücklichen Liebesgeschichte der Seiltänzerin Elvira Madigan. Zudem werden in diversen Geschichten prominente Zirkusdirektoren wie Ernst Jakob Renz, Scipione Ciniselli oder Carl Krone porträtiert.

Gerade weil viele der im Buch aufgeführten Protagonisten heute weitestgehend vergessen sind, gebührt Ernst Günther für seine zusammentragende Arbeit großer Respekt. Der armlose Geiger Carl Hermann Unthan, die Hochseilartistin Maria Spelterini, der Trapezkünstler Jules Léotard, der Springclown Jean-Baptiste (Louis) Auriol mögen zu ihrer Zeit Superstars gewesen sein, heute jedoch findet sich selbst im weltweiten Netz kaum noch Material zu diesen Vertretern einer scheinbar untergegangenen Epoche. Eine faszinierende Sammlung mit zum Teil seltenen Fotos! Einzig und allein eine Handvoll eher belanglose Kapitel ziehen die Wertung geringfügig nach unten.

Bewertung: 4 von 5

Mittwoch, 30. Dezember 2009

DVD-Rezensionen (178): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 30 - Finale 1954 BR Deutschland - Ungarn (3:2) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Achja, das "Wunder von Bern". Wahrscheinlich wird es für uns "Nachgeborene" trotz zig Dokus, Spielfilme und Bücher nie komplett nachzuvollziehen sein, was dieses Spiel für die noch junge Bundesrepublik bedeutet hat. Aber ansatzweise lassen sich auf dieser DVD mehrere Dinge nacherleben.

Bekanntlich existiert keine vollständige Bildaufzeichnung dieses Finales der Weltmeisterschaft 1954. Die DVD behilft sich deshalb hier mit einer von der ZDF-Zeitgeschichteredaktion um Guido Knopp erstellten etwa 60-minütigen Rekonstruktion aus Wochenschau-, Film- und Amateuraufnahmen, teilweise sogar in Farbe, punktgenau unterlegt mit Herbert Zimmermanns legendärem Radiokommentar, wohl das Glanzstück deutscher Rundfunkgeschichte. Zum Zweiten lässt sich auch in diesen wenigen Ausschnitten das Können der Ungarn, zum damaligen Zeitpunkt die beste Mannschaft der Welt und seit vier Jahren ungeschlagen, erahnen. Sicherlich wirkt das aus heutiger Sicht etwas langsam und unmodern, aber in irgendeiner faszinierenden Weise auch genial. Es ist durchaus nachzuvollziehen, dass die "Pusztasöhne", wie Zimmermann immer wieder so überschwänglich sagt, die Niederlage als eine nationale Katastrophe empfanden, es gibt ja inzwischen interessante Untersuchungen über die Zusammenhänge dieses verlorenen Endspiels mit dem ungarischen Volksaufstand zwei Jahre später.

Etwas verdruckst mit "Originalton 1954" unterlegt ist die Siegerehrungssequenz, als das deutsche Publikum, wohl noch etwas ungeübt mit den neuen Umständen, neun Jahre nach Kriegsende bei der Nationalhymne doch tatsächlich aus alter Gewohnheit "Deutschland, Deutschland über alles" anstimmte, was damals im Ausland äußersten Unmut hervorrief.

Um die Lauflänge der DVD etwas anzuheben, befindet sich noch etwas Bonusmaterial mit Interviews von ehemaligen Spielern, Radiomoderatoren und damaligen Zuschauern auf der Scheibe. Auf jeden Fall ein tolles Zeitdokument!

Bewertung: 5 von 5

CD-Rezensionen (177): Coldplay - X & Y (2005)

(Cover: Amazon.de)

Auch wenn der dritte Studio-Longplayer der Briten nicht ganz an die Verkaufszahlen des Zweitlings "A Rush Of Blood To The Head" (2002) heranreichte, dürfte es am kommerziellen Volltreffer-Status dieses Albums kaum einen Zweifel geben - Platz 1 in so ziemlich jedem relevanten Musikmarkt dies- und jenseits des Atlantiks. Allerdings gerade in heutigen Zeiten kein wirklicher Qualitätsgarant, daher lohnt sich schon ein kritischer Blick auf die insgesamt 13 Stücke aus der Feder von Chris Martin & Co.

Positiv ist zunächst einmal anzumerken, dass sich "X & Y" mit verschiedenen Stilen eröffnet. Bekommt man mit dem Opener "Square One" einen respektablen (und stadiontauglichen) Gitarrenheuler in der Tradition von U2 auf's Auge gedrückt, darf bereits schon bei "What If" die Coldplay-typische Melancholie fröhliche Auferstehung feiern. Mag der Eine oder Andere auch Streicher in Rocksongs unerträglich finden - mir gefällt's! Und bei "White Shadows" geht es sofort wieder zurück in den "Gitarrengeklingel meets Knacke-Drums"-Himmel. Fein, fein!

Im Grunde genommen hat man somit schon einmal die Gesamtproblematik des Quartetts umrissen. Für einen nicht unerheblichen Teil der Musikhörerschaft sind Coldplay eine maßlos gehypte Combo, die dem Konsens-Rockpop frönt und boshafterweise damit auch noch grandiosen Erfolg hat. Dann gibt es die Fanboys und Chris Martin-Anschmachterinnen, die nix auf die Band kommen lassen und last but not least einen gewissen Prozentsatz Hin- und Hergerissene, zu denen ich mich auch zähle. Wahrlich nicht jeder Song dieses Albums findet Gnade vor meinem Gehörgang, was teilweise auch an der Überfrachtung einzelner Tracks liegt. Scheinbar musste für den einen oder anderen Song wirklich das volle Arrangement-Arsenal aufgefahren werden - ein wenig Reduktion hätte "Fix You" (das doch eigentlich so feinsinnig beginnt), "X & Y" oder auch "A Message" gut getan.

Als alter Kraftwerk-Fan bin ich normalerweise mit der Verwendung von Samples oder Melodien der Düsseldorfer etwas eigen, aber die kurze Tonsequenz von "Computerliebe", die "Talk" trägt, funktioniert verblüffend gut und macht den Song wirklich zu einer kleinen Perle, der auch exzessiver Radio-Einsatz nicht viel anhaben konnte, was nicht ganz für "Speed Of Sound" und "The Hardest Part" gilt, deren Lack durch den Dudelfunk doch etwas ab ist.

Es gibt sie aber dennoch, die kleinen Songperlen, die Coldplay zu einer besonderen Band machen, man muss sie nur zu finden wissen. Neben eingangs erwähnten "What If" und "White Shadows" bilden die Beatles-beeinflussten "Swallowed In The Sea" und "Twisted Logic" für mich die Highlights, der Rest bildet ein gutes, dennoch nicht die Klasse des Debüts "Parachutes" (2000) erreichendes, Album.

Bewertung: 4 von 5

Dienstag, 29. Dezember 2009

Buch-Rezensionen (177): Klaus Meyer - Petroleum-Jonny (1982)

(Cover: Amazon.de)

Eine schöne Erinnerung war es kürzlich, einmal auf den Dachboden meiner Eltern zu steigen und in Kartons in den Büchern meiner Kindheit und Jugend zu kramen. Zu vielen Bänden fielen mir gleich damalige Gedanken und Empfindungen ein, andere waren nahezu vergessen. Ich habe mir gleich einen ganzen Stapel eingepackt und werde mich demnächst wieder einmal meinem Hobby - längst gelesene Bücher einem erneuten Lesedurchlauf zu unterziehen - widmen.

Dieses DDR-Kinderbuch des Mecklenburger Autors Klaus Meyer, den damaligen Gepflogenheiten folgend mit einer Altersempfehlung (ab 10 Jahren) ausgestattet, ist keine Westerngeschichte, wie der Titel suggerieren könnte. Es erzählt vielmehr die Geschichte der beiden ungleichen Brüder Matze und Jonny Schütt, die von der Ostseeküste in die Nähe von Berlin ziehen, da ihr Vater dort einen Job als Schleusenwärter angenommen hat. Dem um ein Jahr jüngeren Jonny fällt es schwer, sich mit der ungewohnten Umgebung und dem Fakt zu arrangieren, dass sich sein zwar älterer, aber durch seine schwächliche Konstitution in der Schule zurückgestellter und somit mit ihm eine Klasse besuchender Bruder plötzlich den Rang des Älteren für sich beansprucht und zudem anfängt, sich für das andere Geschlecht zu interessieren. Der zwölfjährige Jonny vermisst die gemeinsamen Aktivitäten derart, dass er versucht, mit waghalsigen und unerlaubten Aktionen am nahen Bahndamm die Aufmerksamkeit des Älteren zurückzuerlangen...

"Petroleum-Jonny" ist zunächst einmal ein gelungenes Buch über das schwierige Übergangsalter zwischen Kindheit und Pubertät, desweiteren eine recht gute Darstellung des DDR-Alltags und -Bildungswesens sowie nicht zuletzt eine leidlich spannende Abenteuergeschichte. Der vielen ostdeutschen Kinderbüchern der Vorwendezeit eigene erhobene Zeigefinger ist hier nur am Rande und im vertretbaren Ausmaße vertreten, trotzdem wirkt alles freilich wie aus einer längst verganenen Zeit. Ob das heutige Kids noch zu interessieren vermag? Schwer zu sagen, einen Versuch wäre es jedenfalls wert, schmerzliche Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden haben schließlich auch die Kinder der Internetgeneration.

Ein besondere lobenswerte Erwähnung verdienen die schönen Illustrationen von Günter Wongel.

Bewertung: 4 von 5

Montag, 28. Dezember 2009

Nachtgedanken (076)

Ein paar romantische Worte kurz vor dem Jahresende gibt es heute. Fundstück des Tages ist der "Nachtgruß" von Franz Kugler (1808-1858).

Vor meinem Fenster dämmert
Das trübe Mondenlicht;
auf meinem Tischlein hämmert
Die Uhr und rastet nicht.

Die stille Nacht durchschallet
Ein einsam hast'ger Gang,
Der wiederum verhallet
Die leere Straß' entlang.

Auf Traumesschwingen heben
Sich die Gedanken mir,
Und heimlich, o mein Leben,
Träum' ich mich hin zu dir.

Freitag, 25. Dezember 2009

DVD-Rezensionen (177): MATRIX Revolutions (2003)

(Cover: Amazon.de)

Der abschließende dritte Film des MATRIX-Universums weist für mich Parallelen zum letzten "Fluch der Karibik"-Film auf - ein einigermaßen versöhnlicher Abschluss nach einem völlig missratenen zweiten Teil. Setzte der Auftakt neue Maßstäbe im Action-Bereich, wurde in "MATRIX Reloaded" einfach viel zu viel und vor allem zu verquast geschwafelt. Nix gegen ein wenig philosophische Fingerübungen im Kino-Business, aber dann aber auch bitte im passenden Plot plaziert!

Nun also eben das grosse Finale. Zion, als letzte Bastion der freien Menschheit, wird von einer gigantischen Maschinenarmee angegriffen und alle Hoffnungen der Kämpfer ruhen auf dem Auserwählten Neo (Keanu Reeves). Doch dieser muss sich in die Maschinenstadt begeben, um das völlig außer Kontrolle geratenen Ex-Agenten-Programm Smith (Hugo Weaving) aufzuhalten...

Ein mächtiges Technik-Arsenal fuhren Andy und Larry Wachowski für den zeitgleich zu "MATRIX Reloaded" gedrehten Film auf. Bei der Entscheidungsschlacht wird somit jede Menge Krawumm geboten, optisch und akustisch ist das Spektakel daher gar nicht übel. Das sollte freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der Logik und Faszination des ersten Films mit all seiner Originalität, Innovation und Überraschung herzlich wenig übrig geblieben ist. Dennoch, für ein heftiges Freipusten des gestressten Zuschauerhirns bietet "MATRIX Revolutions" schon einiges an Schauwerten, immer die Akzeptanz des Genres vorausgesetzt.

Bild und Ton der DVD sind ordentlich, die Austattung der Einzel-Ausgabe hingegen, wie nicht anders zu erwarten, dünn. Allerdings ist das MATRIX-Universum eh mit derart vielen Bonusfeatures geflutet worden, dass man ohnehin kaum in den Besitz alles verfügbaren Zusatzmaterials kommen kann, ohne seinen Geldbeutel im erheblichen Maße zu belasten. Das Ende der Trilogie geht schon in Ordnung, trotzdem: gut, dass es endlich vorbei ist...

Bewertung: 3 von 5

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Der faule Sack

Copy & Paste aus dem letzten Jahr:

An alle stille und kommentierenden Mitleser da draußen: Frohe Weihnachten und schöne Feiertage im Kreis Eurer Lieben!

Montag, 21. Dezember 2009

CD-Rezensionen (176): Captain Hollywood Project - Flying High (MCD) (1994)

(Cover: Amazon.de)

Aus dem großen Eurodance-Kochbuch, Sammelausgabe 1992-1995. Man nehme:

* einen Rapper, gut abgehangen
* eine Sangesdame, Boden- oder Freilandhaltung
* etwas weichgespülten Bummbumm-Beat, nicht mehr als 160 Schläge pro Minute
* zwei Eier

Das Ganze unter ständigem Rühren in den Ausguss kippen...

Spaß beiseite, aber auch diese Single, der europaweit übersichtlicher Erfolg beschienen war, bediente sich der genretypischen Zusammenstellung. Von daher soll sich ein etwas genauerer Blick auf zwei der auf der MCD enthaltenen insgesamt vier Remixen von "Flying High" des Amerikaners Tony Dawson-Harrison aka Captain Hollywood richten, da sich Radio Edit und Extended Mix auf eingefahrenen Spuren bewegen und nur in ihrer Lauflänge variieren. Somit sind die auf Position drei und vier befindlichen Belly bzw. Spaceship Mix die eher interessanteren Ausgaben des Songs. Ersterer punktet mit deutlich technoideren und staccatohaften Sounds, zweiterer verbindet ein ebenfalls höheres Tempo mit einigen interessanten Klangspielereien. Das ist freilich immer noch keine hohe Musikkunst, rettet aber diesen Tonträger mit 22 Minuten Inhalt ins Bewertungs-Mittelfeld.

Bewertung: 3 von 5

Geht doch...

Ich als Technikidiot™ bin ja heute echt stolz wie Bolle, mein seit einiger Zeit vom PC nicht mehr erkanntes DVD-Laufwerk wieder zum Funktionieren gebracht zu haben. Dafür musste ich nur etwas in die Registry abtauchen und die Werte im Bereich "Upper & Lower Filter" löschen. Funktioniert wieder alles, einfache Ursache, große Wirkung...

Freitag, 18. Dezember 2009

Buch-Rezensionen (176): Günter Grass - Katz und Maus (1961)

(Cover: Amazon.de)

Der zweite Teil der sogenannten "Danziger Trilogie" von Literaturnobelpreisträger Günter Grass fällt um so mehr im Qualitätsurteil ab, je genauer man ihn mit dem ersten Buch dieser aus autobiographischen Details des Autors gestalteten Reihe, der 1959 erschienen "Blechtrommel", vergleicht. Zwar ergeht sich Grass auch hier einmal mehr in zum Teil atemberaubenden sprachlichen Volten, die jedem Freund des deutschen Idioms vor lauter Staunen schier die Augen aus den Höhlen treten lassen, aber in puncto Handlung klaffen doch Welten zwischen der aktionsprallen Saga um den kleinwüchsigen Oskar Matzerath (der hier einen Kurzauftritt hat) und der in "Katz und Maus" geschilderten Geschichte einer Gruppe Jugendlicher im Danzig zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs.

Der Erzähler Pilenz lässt sich seitenweise über seinen mit einem auffälligen Adamsapfel ausgestatteten ehemaligen Mitschüler Mahlke aus, was den Dreh- und Angelpunkt dieser Novelle ausmacht. Nebenbei werden erste erotische Erfahrungen und die Kriegswirren mit eingeflochten, dies aber auf eine nicht wirklich packende Art und Weise. Eher empfindet man lähmenden Stillstand, bei dem man für jede noch so kleine Abwechslung äußerst dankbar ist.

Für die partielle Brillianz des Sprachstils ein paar Gnadenpünktchen, für den Liebhaber Grass'scher Werke aber eher die Empfehlung, zu etwas anderem aus dem Œuvre des Meisters zu greifen.

Bewertung: 3 von 5

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Nachtgedanken (075)

Und wieder ab in den hohen Norden nach Norwegen. Heutiger Gast in den "Nachtgedanken" ist Bjørnstjerne Bjørnson (1832-1910). Titel des Gedichts: "Allein und in Reue (An einen abgeschiedenen Freund)"

Ich hab' einen Freund, im Grauen der Nacht 
Hör' ich oft seinen Gruß: Gott mit dir!
Wenn die Lichter sterben, mein Sinn nur wacht,
Dann tritt er am liebsten zu mir.

Er hat kein Wort, das mich kränken will,
Denn er selbst kennt Sünde und Leid.
Er heilt mit Blicken und wartet still,
Bis ich ausgekämpft meinen Streit.

Und schafft mir Kummer, was ich getan,
So bekennt er sich selbst dazu.
Er faßt meinen Glauben so handweich an,
Und bringt den Schmerz zur Ruh.

Stieg jubelnd die Hoffnung – er folgte ihr,
Und verzagte nicht, wenn sie sank.
Jetzt wieder – mild steht er neben mir – :
Mein Aufschwung werde sein Dank!

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Nachtgedanken (074)

Wie schon beim letzten Mal versprochen heute ein erneuter Blick über die Grenzen. Heutiges Fundstück ist "Wehmütiges Zwiegespräch" des französischen Symbolisten Paul Verlaine (1844-1896).

Im alten Park, der einsam und verschneit,
Sah ich zwei Schatten gehn in Dunkelheit.

Tot ist ihr Aug', von welken Lippen beben
Die leisen Worte, die in Nacht entschweben:

Der alte Park ist einsam und verschneit,
Zwei Schatten wecken die Vergangenheit.

– Gedenkst du noch der Wonne einst'ger Liebe?
– Wie willst du, dass mir die Erinn'rung bliebe?

– Schlägt immer noch dein Herz für mich allein?
Kommt meine Seel' im Traume zu dir? – Nein.

– O sel'ges Glück in jenen hellen Tagen,
Da Mund auf Mund geruht! – Wer kann es sagen?

Blau war der Himmel, gross der Hoffnung Macht!
– Die Hoffnung floh besiegt in schwarze Nacht.

So schritten sie durchs Gras den Pfad, den schlimmen,
Und nur die Nacht erlauschte ihre Stimmen.

Dienstag, 15. Dezember 2009

DVD-Rezensionen (176): Cobra Verde (1987)

(Cover: Amazon.de)

Dieser Film "sei ihm immer fremd geblieben" äußert Werner Herzog in seiner grandiosen Dokumentation "Mein liebster Feind" von 1999. Den Grund dafür sah er in der innerlichen Abwesenheit seines Hauptdarstellers Klaus Kinski, der zu diesem Zeitpunkt schon voll und ganz seinem Wahnsinnsprojekt "Paganini" verfallen war. Dennoch rafften sich die beiden Antipoden noch einmal zu einer letzten gemeinsamen Kraftanstrengung auf, um in Brasilien, Kolumbien und Ghana unter wie immer hochkomplizierten Bedingungen ihren fünften und letzten gemeinsamen Film zu drehen.

Der frei nach Motiven von Bruce Chatwins Roman "Der Vizekönig von Ouidah" (1980) entstandene Plot erzählt die Geschichte des brasilianischen Desperados Francisco Manoel da Silva alias "Cobra Verde" (Kinski), der nach der Schwängerung der drei Töchter seines Plantagenherren von diesem nach Westafrika geschickt wird, um dort neue Sklaven für die Zuckerrohrfelder zu erwerben oder günstigerweise gleich im Kampf mit den ansässigen Einwohnern den Tod zu finden. Mit List und Gewalt gelingt es Cobra Verde, einen blühenden Sklavenhandel aufzuziehen und sich nebenbei zum Vizekönigs des Landstrichs aufzuschwingen, indem er mit Hilfe eines von ihm rekrutierten und ausgebildeten Amazonenheers den wahnsinnigen Herrscher des Gebiets stürzt.

Natürlich ist auch dieser Film des kongenialen Duos Herzog/Kinski wieder ein visuelles Ereignis abseits des Kinomainstreams. Sowohl Szenen im kleinen (wie diejenige in der brasilianische Spelunke mit dem geistig behinderten minderjährigen Betreiber) als auch im großen Rahmen, wie die optisch beeindruckende Flaggenstaffette am afrikanischen Strand, wirken durch unerhörte Wucht auf den Zuschauer ein. Dennoch: ein gewisses Gefühl der Unvollkommenheit bleibt, gerade wenn man den Film in den direkten Vergleich zu den anderen Werken dieser Hassliebe-Paarung stellt. Zum einen wird keineswegs deutlich, dass sich die Handlung eigentlich über viele Jahre hinstreckt, dazu kommen handwerkliche Schnitzer, wie ein ins Bild geratender Schweinwerfer an der Hauswand des Sklavenhändlerforts.

Kinski agiert stellenweise wie wahnsinnig und wird einmal mehr seinem Ruf als Kino-Berserker gerecht. Seine finale Szene ist in ihrer Endgültigkeit symptomatisch für die damit endende Zusammenarbeit mit Herzog und seinen nahenden (er starb nur vier Jahre später) Tod. Trotzdem ist es einmal mehr ein Ereignis, diesen Mann spielen zu sehen.

Die Einzel-DVD ist gut ausgestattet, neben Biografien und Bildern vom Set gibt es einen leider nur separat als Audiospur aufrufbaren einstündigen Dialog Werner Herzogs mit dem 2007 verstorbenen Schauspieler und Regisseur Laurens Straub als Audiokommentar sowie die (leider nicht in voller Länge enthaltene) Dokumentation "Herzog in Afrika" von Steff Gruber. In dieser merkt man dem Regisseur deutlich seine Anspannung vor Ort an, da es neben technischen und logistischen Problemen auch einmal mehr Sorgen und Auseinandersetzungen mit seinem Hauptdarsteller gab. Zum Schmunzeln läd zudem die in der Doku mehrfach sichtbare Weigerung Kinskis, sich von hinten filmen lassen ein, scheint diese wohl der Eitelkeit des Schauspielers geschuldet zu sein, der durch diesen Kniff und durch ebenfalls gezeigtes ausgiebiges Zurechtzupfen seiner langen blonden Strähnen zunehmende Kahlheit verbergen wollte.

Das Bild ist farbenkräftig und für das andere Prioritäten setzende Genre gut, der deutsche Ton liegt sogar in (sicherlich nachträglich künstlich erzeugtem) 5.1 vor, auch wenn sich in den hinteren Boxen nicht wirklich viel tut. Somit ein gut austariertes Produkt mit einem jedoch nicht in allen Belangen überzeugendem Film. Extralob für die wie immer sehr atmosphärische Musik von Popol Vuh.

Bewertung: 4 von 5

Montag, 14. Dezember 2009

CD-Rezensionen (175): 16 Bit - INAXYCVGTGB (1987)

(Cover: Amazon.de)

Bevor gegen Ende der 80er Jahre auch in den kommerziellen Charts die grosse Acid House- und Techno-Welle losbrach, war das, was die später noch einmal mit SNAP! zu Weltruhm gelangten Michael Münzing und Luca Anzilotti unter dem Label 16 Bit veröffentlichten ganz vorne dabei im europäischen Dancefloor-Konzert. Stilistisch einer ganzen Reihe ähnlicher deutscher Projekte wie OFF oder Silicon Dream verwandschaftlich verbunden (die sich hinter ersterer Formation verbergende DJ-Legende Sven Väth fungiert auch beim Single-Hit "Where Are You?" als Sänger), zeigt sich hier, dass das Epizentrum des damaligen Sounds in Frankfurt und München zu suchen war. Namen wie die der Clubs "Dorian Gray" oder "Omen" haben heute noch einen geradezu mythischen Ruf.

Auch wenn sich naturgemäß das Hauptaugenmerk bei diesem heute zu absurden Höchstpreisen gehandelten Tonträger auf die Hits "Where Are You?" und "Changing Minds" legt - diese Platte hat wahrlich noch mehr zu bieten! "(Ina) Gadda-Da-Vida" bedient sich kurzerhand eines der berühmtesten Songnamen der Rockgeschichte, um dessen Entstehungsgeschichte sich bis in die Gegenwart wüste Geschichten ranken. Mit dramatischen Rock-Vocals von Eddie Hind versehen, stampft dieser Kracher ordentlich aufs Parkett, besonders eindrucksvoll die an düstere Chöre erinnernden Backgroundsounds.

Auch die folgenden Tracks gehen allesamt schwer elektronisch zu Werke, geprägt von dem, was die Sound- und Sample-Datenbänke damals hergaben. Das erinnert mal an Kraftwerk ("Be Quiet"), mal an Depeche Mode ("Too Fast To Live") oder an anderer Stelle gar an Ultravox ("Desire"). Richtig schnuckelig schräg hingegen "132 Beats 'xycvgtgb'", das einen prägnant-straighten Beat mit allerlei putzigen Samples - wie beispielsweise Verkehrsdurchsagen - verbindet. Gefällt mir sehr, wie auch das experimentellste Stück auf dieser CD, "Death Of A Chip ('Der Mix')". Klingt wie frühe OMD und das ist genau meine Baustelle...

Die CD-Version beinhaltet noch diverse Mixe als Bonus, hierbei ist insbesondere der Laser Edit von "Be Quiet" lobend zu erwähnen. Macht summasummarum satte 74 Minuten heute als absolute Rarität gehandelte Dancefloor-Geschichte. Wer zu einem vernünftigen Preis drankommt - kaufen!

Bewertung: 4 von 5

Sonntag, 13. Dezember 2009

Buch-Rezensionen (175): Die Hochzeit in Byzanz (1966)

(Cover: Amazon.de)

Dig und Dag müssen nach der geglückten Flucht der orientalischen Prinzessin Suleika aus ihrer Rolle als Prinzen von Makkaronien schlüpfen und finden eher durch Zufall in der Tarnung als Astrologen Hokos und Pokos eine neue Möglichkeit, in Byzanz unterzutauchen. Als diese werden sie in der Funktion von Hofastrologen am kaiserlichen Hof aufgenommen, zu dumm nur, dass sie leichtsinnigerweise dem Herrscher eine prachtvolle und geglückte Hochzeit mit Irene von Thessalonien voraussagen, denn nun droht ihnen bei Platzen dieser allzu wagemutigen Prophezeiung die Todesstrafe...

Wie immer findet man in den im Sammelband enthaltenen sechs Heften (Originalveröffentlichung: Juli-Dezember 1966) jede Menge recherchierter historischer Geschehnisse und Details, auch wenn in den Charaktereigenschaften einiger augewählter Personen, deren tatsächliche Existenz wissenschaftlich als gesichert gilt, zum Teil künstlerisch sehr frei vorgegangen wurde. Dies stört das Lesevergnügen aber auf keinste Weise, zudem gibt es noch einen geschichtlichen Exkurs zur bis heute legendenumwobenen ismailitischen Sekte der Assassinen, ein Begriff, der in anderer Bedeutung heute wieder verstärkt durch die Medien geistert.

Insgesamt wirken diese Episoden recht düster, ständig ist vom drohenden Tod die Rede, dazu kommt das deutlich sichtbar degenerierte Byzanz in seiner späten Phase. Dennoch gibt es mit jeder Menge Action (inklusive einer Seeschlacht) und einer neuen Spur des verschollenen Digedag einige Lichtblicke zu verzeichnen. Insgesamt etwas ungewohnt, aber trotzdem wie gehabt spannend und lehrreich.

Kuriosität am Rand: den als Knastmahlzeit verabreichten Kukuruz(=Mais)-Brei konnte es im Konstantinopel des Jahres 1285 eigentlich gar nicht geben, kam doch diese Pflanze erst über 200 Jahre später im Nachzug der Entdeckerreisen Kolumbus' von Amerika nach Europa...

Bewertung: 5 von 5

Freitag, 11. Dezember 2009

DVD-Rezensionen (175): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 29 - Viertelfinale 1986 Argentinien - England (2:1) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Ich erinnere mich, dass ich zu damaliger Zeit noch totaler England-Fan war. Und somit nach Ende des Spiels auch dementsprechend geknickt. Nichtsdestotrotz macht es natürlich aufgrund exakt zweier Szenen purer Dreistigkeit und Genialität mächtig Spaß, dieses Match wieder einmal zu sehen. Wenn man innerhalb von vier Minuten das neben dem Wembley-Treffer umstrittenste und gleich darauf das wohl schönste Tor der WM-Historie präsentiert bekommt, hat das Spiel sicherlich den Ruf eines Klassikers verdient.

Im Grunde genommen lässt sich diese Partie auf den Namen Diego Armando Maradona eindampfen. Mal von seinem unglaublichen Solo um fünf englische Spieler herum und der berühmt-berüchtigten "La mano de Dios - Die Hand Gottes" abgesehen, kann man deutlich erkennen, wie genial das argentinische Spiel über die Nummer 10 lief. Man muß Lothar Matthäus schon ein Kompliment machen, wie er im Finale den Spieler des '86er-Turniers doch recht effektiv bewachte. Argentinien nahm sich nach dem 2:0 zwar etwas zurück, doch nach dem Anschlußtreffer durch Lineker (den ich ob seiner Fairness immer bewundert habe) neun Minuten vor Schluß ging es noch einmal richtig zur Sache. 2:1 und gleich im Gegenzug ein Pfostentreffer und wieder kurz darauf fast der Ausgleich - ja das hatte schon was, auch wenn die Partie natürlich bei weitem nicht an das Viertelfinale Frankreich - Brasilien (Ausgabe 27 der Edition) heranreicht.

Eighties pur beim Vorkommentar von Harry Valérien. Gelbes Hemd, gelbe Hose, gelbe Socken und weiße Schuhe - weia!

Auch sehr schön das Material vor dem Spiel, das jede Menge im Laufe der WM gefallene Tore beider Mannschaften zeigt. Das Begleitheft beleuchtet zudem noch die politisch aufgeheizte Atmosphäre rund um dieses Viertelfinale, befanden sich doch beide Länder nur vier Jahre zuvor noch im Kriegszustand, als sich das Vereinigte Königreich und das damals noch unter Militärherrschaft stehende Argentinien um die Falklandinseln im Südatlantik stritten, was beiderseits etwa 900 Tote forderte.

Bewertung: 4 von 5

Donnerstag, 10. Dezember 2009

CD-Rezensionen (174): Haddaway - What Is Love (Remix) (MCD) (1993)

(Cover: Amazon.de)

Mit der breiten Masse der Eurodance-Schwemme zwischen Beginn und Mitte der 90er Jahre konnte ich herzlich wenig anfangen. Etwas anders sah das beim damals in Köln ansässigen Mann aus Trinidad und Tobago aus. Da wurde nicht strunzlangweilig der Kombination männlicher Rapper samt weiblichen Gesangsanhängsel gefrönt, sondern hier lugte auch ab und an der Soul um die Ecke, ganz davon abgesehen, dass Herr von und zu Haddaway tatsächlich einiges auf dem Gesangskasten hatte.

Im Nachklapp der Singleauskopplung seines Debüts und größten Hits "What Is Love" (1992) erschien im Folgejahr diese 3-Track-CD, die neben dem originalen 7"-Mix des Songs zwei qualitativ unterschiedliche Remixe enthält. Der "Eat This Mix" (6:57 min) bietet wenig Neues oder Aufregendes - einfach das Ausgangsmaterial aufgebläht und mit ein paar harmlosen Klimpereien ausgeschmückt. Verzichtbar.

Ganz anders sieht das beim "Tour de Trance Mix" (06:02 min) aus. Genretypisch mit flächigen Synthesizer-Klängen versehen, zitiert dieses Stück nur die Titelzeile des Originals und bastelt darum herum ein völlig neues Stück Musik. Verträumt und tanzbar zugleich - ja, so lass ich mir das gefallen!

Und da mir das Original aus vielerlei Gründen auch immer noch sehr zusagt, wird an dieser Stelle die zweithöchste Wertung gezückt.

Bewertung: 4 von 5

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Nachtgedanken (073)

Dass es in letzter Zeit mit den "Nachtgedanken" etwas haperte, war nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, immer schwieriger an bisher noch nicht zitierte deutsche Dichter zu gelangen. Lassen wir also mal das nationale Dogma weg und schauen etwas über die Grenzen hinaus. Beim Norweger Henrik Ibsen (1828-1906) wurde ich fündig, Titel: "Chor der Unsichtbaren".

Nimmer wirst du, Mensch, ihm gleichen;
Denn aus Staub bist du gemacht; 
Magst ausharren oder weichen,
Immer stürzt dein Pfad in Nacht!

Nimmer wirst du, Wurm, ihm gleichen;
Denn dem Staub bist du entstammt;
Magst nachfolgen oder weichen,
Immer bleibt dein Tun verdammt!

Träumer, nie wirst du ihm gleichen,
Was du ihm auch dargebracht;
Wähne nie, je zuzureichen; –
Denn als Mensch bist du gemacht!

Dienstag, 8. Dezember 2009

Buch-Rezensionen (174): Reimar Gilsenbach - Der ewige Sindbad (1975)

(Cover: gilsenbach-gilsenbach.de/Amazon.de)

"Merkwürdige Historie phantastischer Reisen zu Lande, zur See und ins All" lautet der Untertitel dieses 1975 in der DDR erschienenen Jugendbuches, landestypisch mit einer Altersempfehlung (ab 12 Jahren) versehen. In sieben großen Kapiteln werden anhand zahlreicher Beispiele, Auszüge und Nacherzählungen über 5000 Jahre literarischer, märchenhafter oder ideologischer Darstellungen von Reisen in sagenhafte Glücksländer, zu unbekannten Kontinenten oder in den Weltraum altersgerecht beleuchtet. Es finden sich darunter berühmte Klassiker wie neben dem Gilgameschepos und der Argonautensage beispielsweise die Abenteuer des Odysseus (Homer), Gullivers (Jonathan Swift) oder Robinson Crusoes (Daniel Dafoe), ergänzt um weithin unbekannte phantastische Legenden über prominente Gestalten der Welt- und Wissenschaftsgeschichte wie Alexander den Großen, Johannes Kepler, Cyrano de Bergerac oder Konstantin Ziolkowski.

Der breiteste Raum wird aber dankenswerterweise längst aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwundenen Werken eingeräumt, beispielhaft seien hier die Geschichte der Insel Felsenburg von Johann Gottfried Schnabel, die von unbekannten Autoren verfassten Schilderungen der Reisen Brendans, Herzog Ernsts, Jehan de Mandevilles und vieler anderer genannt. Lehrreich, unterhaltsam und mit vielen interessanten Anmerkungen zu technischen Entwicklungen, Zeitumständen bei der Entstehung der ausgewählten Werke und möglichen realen Hintergründen versehen.

Dennoch hinterlässt dieses Buch, speziell im Abschnitt "Länder der Hoffnung", der sich mit Traum- und Glücksländern aus der Feder Iambulos', Thomas Mores, Erasmus von Rotterdams, Jan van Leidens, Tommaso Campanellas, Francis Bacons, Étienne Cabets und anderer beschäftigt, einen schalen Beigeschmack. Denn zu offensichtlich ist die ideologische Stoßrichtung - die das Kapitel beschließenden Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels sollen als die logische Fortführung und als finale Erfüllung all dieser vorhergegangenen Schriften dargestellt werden, völlig negierend, dass diese teilweise aus völlig anderen Motiven (z.B. religiösen Überzeugungen) entstanden. Humanisten, radikale Protestanten und unpolitische Schwärmer gleichsam in kommunistische Geiselhaft zu nehmen, befremdet doch sehr, umso verwunderlicher unter dem beachtenswerten Umstand, dass der 2001 verstorbene Autor Reimar Gilsenbach als einer der ersten und prägendsten Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten der DDR gilt. Wie sich diese politische Haltung mit der im Buch verwendeten pauschalen Religionsverdammung und Verherrlichung des kommunistischen Gesellschaftsmodells vereinbaren lässt, ist für mich ein bisher ungelöstes Rätsel. Sollte doch die oftmals geäußerte Theorie stimmen, dass viele der DDR-Oppositionellen linker waren, als die sich selbst als ideal links verstehende Staatsführung, siehe Beispiel Wolf Biermann?

Die genannten Faktoren stören erheblich, reizen aber durchaus zu Denkanstößen und lebhaften Diskussionen, was das großformatige und schwergewichtige Buch auch für Erwachsene lesens- und erfahrenswert macht. Für Kinder bleibt immerhin ein spannendes Kompendium von phantastischer Literatur von Münchhausen bis Jules Verne, von H.G. Wells bis Edgar Allan Poe. Sehr lobenswert auch die grandiosen Illustrationen von Rainer Sacher, die neben zahlreichen historischen Originalgrafiken und Fotos zum Gelingen der Wissensvermittlung beiträgt.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Otto Graf Lambsdorff †

(Foto: Wikipedia)

Eine der prägendsten Gestalten der Bonner Republik, der FDP-Ehrenvorsitzende und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff ist gestern im Alter von 82 Jahren verstorben. In Erinnerung wird der "Marktgraf" neben seinem lebenslangen Engagement für die Marktwirtschaft vor allem für drei Dinge: seiner Rolle beim Bruch der sozialliberalen Koalition 1982 und der Flick-Spendenaffäre sowie seiner Verhandlungsführung um die Entschädigungszahlungen an ehemalige NS-Zwangsarbeiter, die schlußendlich in der Gründung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gipfelte. Ohne Zweifel wird eine so einflussreiche Person seiner Patei und diesem Land fehlen. R.I.P.

DVD-Rezensionen (174): Apocalypse Now Redux (1979/2001)

(Cover: Amazon.de)

Praktisch auf Schritt und Tritt begegnet man in Francis Fords Coppolas in das Szenario des Vietnamkriegs eingebetteter Adaption von Joseph Conrads eigentlich in Afrika spielenden Erzählung "Herz der Finsternis" (1899) auf zu modernen Klassikern gewordenen Szenen oder Filmzitaten. Sei es der Hubschrauberangriff auf ein vietnamesisches Dorf zu den Klängen von Richard Wagners "Walkürenritt", der berühmte "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen..."- Monolog von Lieutenant Colonel Bill Kilgore (Robert Duvall) oder bereits schon die Eingangssequenz, die von einem der Monolithen aus dem Schaffen der Doors, "The End", begleitet wird, und, und, und - hier schreit förmlich alles: Kult! Genial! Groß!

Dazu passt perfekt, es bei dem 1979 veröffentlichten Film mit einem Produkt reinsten menschlichen Wahnsinns zu tun zu haben. Zerstörung des Sets durch Sturm, massive Budgetüberschreitungen, Herzinfarkt bei Hauptdarsteller Martin Sheen sowie die legendären Allüren Marlon Brandos inklusive. Immer wieder stößt man im Film auf deutlich sichtbare Zeichen dieser Begleitumstände, was der Authentizität und Wirkungsmacht auf den Zuschauer ungeahnte Vorschübe leistet.

War das Original mit 153 Minuten Lauflänge allein schon nicht eben ein Kurzfilm, sattelte man mit der 2001 veröffentlichten - ironischerweise mit dem Zusatz "Redux" versehenen - Director's Cut-Version nochmal satte 50 Minuten obendrauf. Diese Fassung enthält nicht einfach nur neue Szenen sondern erhielt auch noch einen Umschnitt und in der deutschen Ausgabe eine Neusynchronisation, bei der nur Sprecherstar Christian Brückner als Martin Sheens Stimme seinen Part behielt. Für mein Empfinden bringt nicht alles aus diesem Zusatzmaterial den Film wirklich voran, die Passagen auf der Farm der französischen Kolonialisten scheinen ihn geradezu zu lähmen - ein Mittelweg zwischen Original und der "Redux"-Veröffentlichung wäre wohl die bessere Lösung gewesen.

Dies ändert freilich nichts am Status des Films, der zum einen grandios besetztes Starkino (neben Sheen, Brando und Duvall wirken unter anderem noch Hollywood-Größen wie Dennis Hopper, Harrison Ford und der damals erst 17jährige Laurence Fishburne in einer seiner ersten Rollen mit) liefert, zum anderen aber auch für einen Antikriegsfilm erstaunliche Arthouse-Einflüsse aufweist. Denn andere Klassiker zur Vietnamkriegsproblematik wie "Die durch die Hölle gehen" (1978), "Platoon" (1986) oder "Full Metal Jacket" (1987, dessen wohl eindrucksvollste mitwirkende Gestalt Ronald Lee Ermey hier eine kleine Nebenrolle als Hubschrauberpilot spielt) heben dann stellenweise doch eher das Action-Element bzw. das Sozialdrama hervor.

Bild und Ton der DVD erreichen gute Werte, an Bonusmaterial ist lediglich ein von Regisseur Coppola kommentiertes alternatives Filmende sowie einige Trailer enthalten. Ungeachtet der leichten Schwächen, der mangelnden DVD-Ausstattung und des Nichterreichens von technischen Spitzenwerten bei Bild und Sound - hier gibt es nur eine Wertung und die heißt volle Punktzahl!

Bewertung: 5 von 5

Freitag, 4. Dezember 2009

Alea iacta est! *

*

Nun kann also geplant werden. Heute wurden in Kapstadt die Vorrundengruppen der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 ausgelost und das vielzitierte deutsche Losglück scheint auch heute wieder seinem Ruf gerecht geworden zu sein - mit Australien, Serbien und Ghana hat man zwar respektable, aber doch wohl hoffentlich lösbare Gegner zugesprochen bekommen. Allerdings könnte - je nach Gruppenerster/-zweiter-Konstellation bereits im Achtelfinale Erzrivale England warten. Aber ab den KO-Runden gibt es ja Elfmeterschießen...

Im Allgemeinen sind die acht Gruppen dank der (umstrittenen) Setzliste recht ausgeglichen bestückt, einzig und allein Rekordweltmeister Brasilien dürfte mit Portugal, der Elfenbeinküste und den völlig unberechenbaren Nordkoreanern die härteste Aufgabe erwischt haben.

Südafrika, wir kommen!

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Ein Genuss...

Vor einem reichlichen Jahr sinnierte ich an dieser Stelle in zwei Blogs über diverse Vertreter klassischer deutscher Lyrik. Heute hatte ich diesbezüglich wieder ein traumhaftes Erlebnis, durfte ich doch die von Matthias Ponnier gesprochene Hörfassung der "Hymnen an die Nacht" von Novalis genießen. Ganz groß!

Mittwoch, 2. Dezember 2009

CD-Rezensionen (173): Gottlieb Wendehals - Polonäse Blankenese-Herbert (MCD) (1995)

(Cover: Amazon.de)

Eine der Gelddruckmaschinen der Musikindustrie war in den 90ern bis zum Beginn des CD-Brenner- und Tauschbörsen-Zeitalters Ende des Jahrzehnts der Remix bekannter Songs im Technogewand. Selbst aus dem noch so absurdesten Stück Kindergeburtstag konnte so noch ein Stück Gewinn gepresst werden - je alberner, desto besser!

1995 entschloss sich also das damals hauptsächlich mit Technosamplern agierende hessische Label ZYX, zwei der Schlager-Stimmungshits der Früh-Achtziger auf den Markt zu werfen - "Polonäse Blankenese" und "Herbert" von Gottlieb Wendehals, ursprünglich 1982 bzw. 1980 veröffentlicht. Ob der Blödelbarde samt Karojackett, Pomadenscheitel und Gummihuhn dafür noch einmal ein Studio von innen gesehen hat, ist sehr fraglich - einfach Gesangspur mit neuem Beat unterlegen, das muss reichen!

In jeweils drei Versionen liegen beide Songs auf dieser Maxi-CD vor, die Originale sind jedoch nicht enthalten. Die beiden "Pop Versions" kann man hierbei getrost vergessen - langweilig, einfallslos, uninspiriert. Etwas besser sieht das bei den Remixen aus, da rockt die eine oder andere Harmonie oder auch manch einer der einzelnen Sounds doch ein wenig. Das ändert freilich nichts an der Tatsache, es hier mit einem reinen Trash-Produkt von knapp 30 Minuten Lauflänge zu tun zu haben - eher als rare Kuriosität in der CD-Sammlung denn als musikalischer Erkenntnisgewinn zu gebrauchen. Für die absolute Tiefstwertung ist es nicht Ausschussware genug, mehr als der vorletzte Rang ist aber definitiv nicht drin.

Bewertung: 2 von 5

Dienstag, 1. Dezember 2009

Buch-Rezensionen (173): Eoin Colfer - Artemis Fowl-Der Geheimcode (Hörbuch) (2003)

(Cover: Amazon.de)

Nur aller Jubeljahre kommt es einmal vor, dass mich eine Buchreihe zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Von daher eine tiefe Verbeugung vor dem Iren Eoin Colfer, der dieses Kunststück mit seiner "Artemis Fowl"-Saga scheinbar problemlos fertigbrachte. Ob man nun die Abenteuer des irischen Nachwuchs-Gangsters in die Abteilung Fantasy, Jugendliteratur oder Science Fiction einsortieren will, ist mir dabei herzlichst wurscht. Spannend, wendungsreich, unterhaltend und dabei nicht unintelligent - so muss Mainstream-Literatur aussehen!

Der Plot des dritten Bandes beginnt gleich mit einer Überraschung - Artemis Fowl will seine kriminelle Karriere an den Nagel hängen! Noch ein letzter Coup soll den krönenden Abschluss bilden, doch mit dem ebenfalls alles andere als sauber agierenden amerikanischen Computer-Industriellen Jon Spiro hat er sich scheinbar den falschen Gegner ausgesucht. Entwendet der doch glatt den von Artemis mit Hilfe von Elfentechnik konstruierten Supercomputer C-Cube und bringt die Artemis nahestehenden Personen in tödliche Gefahr. Da hilft nur eins: Ein Einbruch in Spiros Hitech-gesicherter Firmenzentrale...

Von dem sich immer schneller aufbauenden Spannungsbogen einmal abgesehen - der mit Hilfe altbekannter unterirdischer Charaktere erfolgende Einstieg in das mit allerlei technischen Spitzfindigkeiten gesicherte Gebäude des Gegners ist schon eine herrlich spannende Sache. Da lassen artverwandte Filme wie "Ocean's Eleven" oder "Mission: Impossible" schwer grüßen, dennoch handelt es sch hier um alles andere als ein Plagiat - oder hat man George Clooney, Brad Pitt oder Tom Cruise bei ihren Coups jemals in Begleitung von unter Blähungen leidenden Zwergen oder unsichtbaren Elfen gesehen?

Das Hörbuch zieht einmal mehr seinen Reiz aus der Sprachgewalt Rufus Becks, der besonders meinem erklärten Liebling Mulch Diggums wieder seinen einzigartigen Zungenschlag (der den "Herrn der Poklappe" als Angehörigen einer bayrischen Zwergenpopulation ausweisen müsste) verleiht. Wie immer ein Ohrenschmaus! Nö, da gibt es gar nix dran zu rütteln - volle Punktzahl für ein Buch, das freilich aufgrund seiner nicht gewaltfreien Handlung inklusive eines Mordes trotz des märchenhaften Szenarios nicht für kleinere Kinder geeignet ist.

Bewertung: 5 von 5

Auf geht's!

So, der Ernst des Lebens geht wieder einmal von vorne los - ab heute bin ich offiziell Student. Noch ist genug Interesse, Elan und Willen da - mal sehen, wann es die ersten Ermüdungserscheinungen gibt...

Sonntag, 29. November 2009

DVD-Rezensionen (173): Pakt der Wölfe (2001)

(Cover: Amazon.de)

Es ist schon so eine Sache mit diesem Film. Man nehme eine hochspannende, gruselige und auf historischen Ereignissen basierende Story, lasse sie von attraktiven Menschen darstellen, die in landschaftlich reizvoller Kulisse agieren - da kann doch eigentlich überhaupt nichts schiefgehen. Kann nicht?

Erst durch diesen Film, der weitere Dokumentationen, Fernsehfilme und Literatur nach sich zog, wurde diese in Frankreich allgemein bekannte Geschichte auch in Deutschland bei einem breiteren Publikum populär. Die mysteriösen Vorgänge um die sogenannte "Bestie vom Gévaudan", die zwischen 1764 bis 1767 in gleichnamiger Gegend 102 Menschen tötete und deren Identität bis heute nicht geklärt ist, werden hier in einem kruden Mix aus Fantasy-, Horror-, Kostüm- und Kampfkunstmovie verarbeitet. Klingt wie eine wüste Mischung? Ist es auch! Regisseur Christophe Gans erlag der Versuchung, allzuviel in seinen für europäische Verhältnisse recht teuren (das Budget betrug 29 Millionen Dollar) Film hineinpacken zu wollen. Das verwirrt einerseits nicht nur den Zuschauer, der irgendwann den zahlreichen und wenig ausgearbeiten Charakteren (die zudem teilweise noch maskiert agieren) nicht mehr zu folgen vermag, sondern streckt den Film auch noch auf eine Länge, die den Spannungsbogen immer wieder abreißen lässt. Dabei wurden sogar noch diverse Szenen herausgeschnitten, die sich im "Director's Cut"-Modus (unsynchronisiert mit Untertiteln) direkt in den Film integriert ansehen lassen. Mit diesen zusätzlichen 8 Minuten erreicht man stolze zweieinhalb Stunden Lauflänge - das ist eindeutig zuviel des Guten.

Als wäre dies noch nicht genug, wird einiges an Absurditäten und Albernheiten geboten. Ein aus Amerika mitgebrachter Irokese, der nicht nur bestens in der Beherrschung der Martial Arts geschult ist, sondern auch noch gleich reihenweise an jeder Hausecke auf allerlei Lumpenproletariat trifft, die ebenfalls über eine fitte Handkante verfügen. In diese Figuren ein paar sehr frühe Vertreter des "Savate-Boxe Française" hineinzuinterpretieren, wäre doch arg fantasievolles Tun. Dazu kommt das von Jim Hensons Creature Shop designte und sowohl von mechanischen Modellen als auch per CGI zum Leben erweckte Monster, das gerade in den computeranimierten Einstellungen eher unfreiwillig komisch wirkt. Hier merkt man den immer noch bestehenden qualitativen (und wohl auch finanziellen) Unterschied zu Hollywood vielleicht am meisten.

Sieht man davon einmal ab, bekommt man durchaus einen nicht unspannenden Historienschinken aufgetischt, bei der Hauptdarsteller Samuel Le Bihan als Bestienjäger Grégoire de Fronsaceine, unterstützt von Kampfsport-As Mark Dacascos als Mani neben einer wie immer anbetungswürdigen Monica Bellucci samt deren Ehemann Vincent Cassel (in nicht ungewohnter Rolle als Bösewicht) zu überzeugen weiß. Das Bild des Films ist gut, wenn auch nicht brilliant, der Ton liegt in der deutschen Fassung sowohl in 5.1 als auch in dts vor. Vorzüglich hingegen die Ausstattung dieser Doppel-DVD, neben den bereits erwähnten und vollintegrierbaren geschnittenen Szenen gibt es noch Audiokommentare von Regisseur und Schauspielern, diverse Trailer, Biografien der wichtigsten Akteure, Interviews und mehrere Filmdokumentationen. Da kann man nicht meckern und darf ein paar Pluspunkte dreingeben. Ein außergewöhnlicher und weitaus nicht perfekter Film - in blutrünstigen Szenen ungewollt zum Lachen reizen muss man auch erst einmal hinbekommen...

Bewertung: 4 von 5

Samstag, 28. November 2009

Erich Böhme †

(Foto: SPIEGEL.de)

Mit Erich Böhme, der heute im Alter von 79 Jahren starb, hat wohl einer der profiliertesten Journalisten dieses Landes die politische Bühne verlassen. Seine Zeit (1958-1989) als Mitarbeiter (u.a. als Chefredakteur) des SPIEGEL lag - aus naheliegenden Gründen - weit vor meiner aktiven Leserschaft, somit habe ich den gern und oft auf seinem Brillenbügeln herumkauenden Brummbären erst in seiner legendären Polit-Talkshow "Talk im Turm" auf Sat.1 (ja, sowas hatten die wirklich mal!) wahrgenommen, ein Format das ich sehr gern und oft gesehen hat. Auch wenn er sich schon seit Jahren weitestgehend zurückgezogen hatte, um mit seiner vierten Frau, der ehemaligen DDR-Nachrichtensprecherin Angelika Unterlauf im märkischen Oderland zu leben - er wird fehlen.

Freitag, 27. November 2009

Soundtrack Of My Life (015): Purple Schulz - Kleine Seen (1985)

Besonders in den Tagen des Teenager-Daseins hört man doch bei Songtexten oftmals deutlicher hin als sonst und stellt immer wieder verblüfft fest, wie einzelne Lyrics haargenau zum eigenen Befinden passen - nicht selten gerade, wenn wieder mal der Weltschmerz regiert oder der Liebeskummer zugeschlagen hat. Das heutige Exemplar aus der "Soundtrack Of My Life"-Kollektion ist so ein Fall.

Eigentlich ein Liebeslied über eine schon seit einiger Zeit existierende Beziehung, deutete ich den Song kurzerhand um, weil ich die einleitenden Zeilen "Vor 'nem halben Jahr kamst du durch diese Tür - und auf einmal war es da das zärtliche Gefühl - eine Ameisenarmee rannte über meine Haut - deine Gesten und dein Lachen warn mir irgendwie vertraut" kurzerhand für meine (unerwiderten) Empfindungen meiner damaligen Angebeteten gegenüber uminterpretierte. Hat alles nix genutzt, mehr als ein einmaliges Teeniegeknutsche nach einem Schul-Tanztee sprang dabei nicht heraus. Immerhin sieht man sich gelegentlich bei Klassentreffen, vielleicht sollte ich der Dame mal bei Gelegenheit diesen Blogeintrag präsentieren...nun denn, Frau S. im Exil: this one is for you...

Unabhängig davon - ein feines Stück Deutsch-Pop vom Meister aus Köln!

Donnerstag, 26. November 2009

CD-Rezensionen (172): Green Court feat. De/Vision - Shining (MCD) (2000)

(Cover: Amazon.de)

Es war schon eine seltsame Erfahrung, als ich im Jahre 2000 im auf meiner Arbeitsstelle nonstop plärrenden Formatradio plötzlich eine vertraute Stimme zu vernehmen glaubte. Aber ich musste mich verhört haben - De/Vision im öffentlich-rechtlichen Dudelfunk? Zudem passte die im Bereich Trance angesiedelte Musik nicht wirklich zur damals nach dem Ausstieg von Markus Ganßert gerade zum Duo geschrumpften und mit rockigeren Klängen herumexperimentierenden Bensheimer Combo.

Schnell stellte sich heraus, das "Shining" das Resultat eines der damals zu einiger Beliebtheit gelangten Dance-Projekte war, bei denen sich diverse Studiotüftler den einen oder anderen Gastsänger aus dem Indie-Bereich ins Boot holten. Der damals noch bei Wolfsheim beschäftigte Peter Heppner gelangte so zu einigen veritablen Hits.

Hier also durfte De/Vision-Frontmann Steffen Keth ans Mikro und siehe da, selbst bei mir, der den Tanzflur-Stampfern eher skeptisch gegenübersteht, konnte diese Nummer punkten. In zwei Mixen (7" Radio Edit und Sunshine Club Mix), die aber hauptsächlich nur in der Lauflänge variieren, liegt "Shining", auf dieser Maxi-CD vor, dazu kommt noch die mit spärlichen weiblichen Vocals versehene 12"-Version der Nummer "Trancefiguration", in deren 08:15 Minuten der Name Programm ist - es gibt Trancesound pur. Wenig aufregend und gegenüber der gesungenen Tracks doch um Einiges abfallend. Das zieht - neben den austauschbaren Versionen des Haupttracks - die Wertung mit nach unten, diverse andere Remixe wurden nur auf separat erschienenen Tonträgern nachgereicht. Insgesamt gutes Mittelfeld.

Bewertung: 3 von 5

Mittwoch, 25. November 2009

Konzert-Nachlese

Nach einem dringend benötigten Tag der Erholung ein kleiner Rückblick auf das gestrige Rammstein-Konzert in der Arena Leipzig.

Wir sind relativ spät angereist, standen ab etwa 18.00 Uhr vor dem Osteingang der Halle eine Stunde an (wobei natürlich wieder dank der Vordrängel-Assis kein sonderlich guter Sichtplatz drin war). Der Einlass ging durch das Barcode-Einscannen eines jeden einzelnen Tickets äußerst zäh voran. Ich hab während des Gigs alleine in der Masse gestanden, da die Göttergattin enge Menschenansammlungen nicht sonderlich gut verträgt und sich das Ganze von der Seite angeschaut hat.

Publikum wie schon bei der letzten Tour sehr gemischt, ich habe wieder sehr viele Eltern-Kinder-Kombinationen gesichtet - mit sehr vielen heftig aufgerüschten Damen jenseits der 40/50. Ansonsten wirklich sehr viele "Graukappen", von denen viele wohl nach dem Motto "Heute gehen wir uns mal richtig gruseln, gell Elsbeth?" in die Halle gekommen sind. Auf den Sitzplätzen und auch in meiner Umgebung war daher auch zum Teil sehr unbewegliches Volk, vom wüsten Headbanger im Metallica-Shirt neben mir mal abgesehen. Muß ein Schwede gewesen sein, denn der schrieb während des Konzerts eine SMS in mir nur rudimentär bekannten Worten "Jag aelskar ...". Gerade das Altvolk war wohl bei Combichrist als Vorband mächtig erschrocken. Diese haben die Halle fein vorgeglüht, auch wenn ich deren Sound nach etwa 4 Songs als etwas zu monoton empfand. Für mal abhotten sehr fein, aber bitte nicht länger als 20 Minuten am Stück... Aber (wie auch schon bei Apocalyptica bei der letzten Tour) sehr faire und herzliche Aufnahme der Vorband durchs Publikum, gar kein Vergleich mit Depeche Mode-Konzerten!

Das zum eigentlichen Konzertauftakt gegen 21.10 Uhr sichtbar werdende Rammstein-Bühnendesign war das sensationellste, das ich je gesehen hab. Am Anfang eine Mischung aus Mittelalterkerker und Pathologie-Labor, später in feinster Steampunk-Optik und zum Schluß richtig Großstadt-Hightech. Einfach nur geil!

Die Setlist sah wie folgt aus: 

1. Rammlied
2. B********
3. Waidmanns Heil
4. Keine Lust
5. Weisses Fleisch
6. Feuer frei!
7. Wiener Blut
8. Frühling in Paris
9. Ich tu Dir weh
10. Liebe ist Für alle da
11. Benzin
12. Links 2 3 4
13. Du hast
14. Pussy

Zugabe1 
15. Sonne
16. Haifisch (mit Flake im Gummiboot)
17. Ich will

Zugabe 2
18. Engel

Die Show war toll, viele neue und ein paar altbekannte (Keine Lust, Feuer frei! etc.) Effekte, am besten haben mir hierbei das finale "Engel" (Hammeroptik, obwohl ich den Song gar nicht so mag) und "Ich tu Dir weh" gefallen, Letzteres mit Till-Ansage über die Indizierung und Ärzte-like geändertem Text ("In Leipzig gibt es einen Zoo, da sind alle Löwen froh. / Leipzig ist so schön, da können wir zur Messe gehn", "Wünscht Euch was wir sagen nicht nein und führ'n Euch Kuscheltiere ein" usw.) und vielen von der Masse gesungenen Passagen. Kompliment auch an Flake, der das halbe Konzert mit einer Art Dauer-Moonwalk im Jackson-Glitzeroutfit auf einem Laufband bestritt.

Kritikpunkte: Sound für meine Ohren sehr dumpf und laut, laut sowie einfach nur laut. Eine Chemnitzer Freundin, die zum ersten Mal bei Rammstein war, aber schon AC/DC, Metallica und ähnliche Bands gesehen hat, sagte anschließend "Ich definiere Konzertlautstärke jetzt anders". Dazu die üblichen Aufreger. Saufprolls mit geleerten Becherkollektionen plus diverser 1-Liter-Kannen, permanente Rein- und Rausrenner, die Bataillone von Handy- und Kamerafilmern (nerv!), Dauerrauchern (Luft war eh zum Schneiden) und einem lahmen Publikum auf den Sitzplätzen.

Was mich etwas beunruhigt: obwohl ich gar nicht mal solange gestanden hab, war ich danach ziemlich erledigt - nach sowas wie Aftershow-Party war mir ganz und gar nicht. Wie soll das am 09.01. 2010 in Berlin werden? Doch lieber versuchen, meine Innenraum-Tix gegen Sitzplätze zu tauschen? Ich werd alt... Jedenfalls war man gegen 0.45 Uhr völlig erledigt zu Hause.

Wahrscheinlich weil der "Wow-Effekt" beim ersten besuchten Rammstein-Konzert etwas größer ist, hat mir mein Besuch bei der letzten Tour im heimatlichen Riesa etwas besser gefallen, aber trotzdem - das gestern schlägt jedes Depeche Mode-Konzert um Längen!

Montag, 23. November 2009

Buch-Rezensionen (172): Götterdämmerung im Zentralkomitee-Tonprotokolle aus den letzten Sitzungen des ZK d. SED Oktober-Dezember 1989 (Hörbuch) (1998)

(Cover: Amazon.de)

Im Nachhinein ist es für geschichtsinteressierte Personen ein absoluter Glücksfall, dass in den letzten Wochen und Monaten während den Tagungen des Zentralkomittees der SED ein Tonbandgerät mitlief. So wird man anhand dieser Audio-Dokumente Zeuge, wie dramatisch, chaotisch und letztendlich hilflos die Sitzungen des inneren Führungszirkels der Partei im Herbst 1989 verliefen. Es wird geschrieen, gemutmaßt und gegreint - bis die Agierenden in einen sich immer schneller drehenden Strudel der politischen Veränderungen gezogen werden.

Dank dieser sich heute im Besitz des Bundesarchivs befindlichen Mitschnitte ist man bei der Absetzung Erich Honeckers am 17. Oktober (bei der dieser kurioserweise für seine eigene Ablösung stimmte), der Diskussion um die durch die Verkündung Günter Schabowskis legendär gewordene Formulierung zur Reiseregelung vom 9. November, bis hin zur Selbstauflösung des Gremiums am 03. Dezember 1989 praktisch hautnah dabei. Von sturer Betonköpfigkeit bis zu zaghaften Ansätzen der Einsicht ist alles vertreten, was diese CD zu einem interessanten Zeitdokument macht. Da die Dramatik der Entwicklungen spürbar im Lauf der Wochen zunimmt, kommt es zum Ende des Bestehens des ZK gar zu tumultartigen Szenen, von denen der emotionale Ausbruch des zum damaligen Zeitpunkts 86-jährigen Mitglieds Bernhard Quandt ("Wir haben im Staatsrat die Todesstrafe aufgehoben, ich bin dafür, dass wir sie wieder einführen und wir alle standrechtlich erschießen, die unsere Partei in eine solche Schmach gebracht haben!") wohl die bekannteste ist.

Absoluter Kauftip!

Bewertung: 5 von 5

Sonntag, 22. November 2009

DVD-Rezensionen (172): WM-Klassikersammlung, Ausgabe 28 - Viertelfinale 1994 Brasilien - Niederlande (3:2) (2006)

(Cover: Amazon.de)

Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland veröffentlichte die "BILD am Sonntag" zusammen mit dem Sammelserien-Spezialisten DeAgostini eine ursprünglich auf 30 Ausgaben angelegte, dann aber mit den hinzugefügten sieben Spielen der DFB-Elf bei der WM auf 37 DVDs erweiterte Reihe, die große Partien der deutschen Elf bei Weltmeisterschaften sowie einige Klassiker ohne deutsche Beteiligung in nicht-chronologischer Reihenfolge enthielt. Allen Scheiben war ein Begleitheft mit weiterführenden Informationen über Vorgeschichte, Hintergründe sowie statistischen Elementen wie Aufstellungen etc. beigefügt.

Leider kann ich die Lobhudeleien im Begleitheft zu diesem Spiel nicht ganz nachvollziehen. Sicherlich, in der zweiten Halbzeit fielen fünf Tore und die Holländer machten zwischenzeitlich einen 0:2-Rückstand wett, aber die gar allzu grauslige erste Hälfte vermiest den Genuss ganz erheblich. Da gab es auch in dieser Kollektion doch deutlich attraktivere torlose Halbzeiten...

Erst einmal ist es arg gewöhnungsbedürftig, beide Mannschaften in selten genutzten Outfits auflaufen zu sehen. Brasilien in Blau-Weiß, die Niederlande in weiß mit orangen Hosen. Dann noch dieses Taktieren in den ersten 45 Minuten...nicht auszuhalten! Kaum zu glauben, dort den kommenden Weltmeister spielen zu sehen, wobei man freilich anmerken muss, 1994 in den USA zwar den höchsten Zuschauerschnitt aller Turniere erreicht, dafür aber wohl auch das schlechteste Finalspiel aller Zeiten gesehen zu haben.

Am brasilianischen Sieg gibt es Einiges zu mäkeln. Sicherlich griff der Abseits stehende Romário beim 2:0 nicht aktiv ins Geschehen ein, aber er irritierte und beeinflusste dadurch die holländische Abwehr derart, dass man den Spielzug durchaus hätte abpfeifen können. Und dem Freistoß durch Branco zum 3:2 ging eine Tätlichkeit eben desselben Spielers (mir schon sehr ungut in Ausgabe 27 der Edition aufgefallen) gegen Overmars voraus.

Halten wir fest: Ein genial herausgespieltes 1:0, ein tolles 2:1 durch Bergkamp und letztendlich ein glücklicher Sieg des späteren Weltmeisters Brasilien. Teilweise nett anzuschauen, aber wohl doch eine DVD, die ich in Zukunft eher selten herauskramen werde.

Bewertung: 2 von 5

Donnerstag, 19. November 2009

CD-Rezensionen (171): Chilli feat. Carrapicho - Tic, Tic, Tac (MCD) (1997)

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Eins muss man Produzenten-Altmeister Frank Farian lassen - der Mann hat ein Händchen, an allen möglichen und unmöglichen Ecken dieses Globus nach eingängigen Melodien zu suchen, um sie durch den eigenen Sound-Wolf zu drehen und unter Zuhilfenahme eines eilig aus dem Boden gestampften und meist nicht mehr als für ein oder zwei Singles bestehenden Präsentations-Projekts unters Volk zu bringen.

1997 also wurde man in Brasilien fündig, rekrutierte fix den lokalen Hit "Tic, Tic, Tac" der Amazonas-Combo Carrapicho, heuerte drei dunkle Schönheiten an, die mit einer Art verfeinertem Ententanz jenen Dancefloor-Sommerhit-Heuler promoten durften und fuhr europaweit einen respektablen Chartserfolg ein. Da es irgendwann im Vorfeld der Veröffentlichung Tantiemen-Knatsch mit den brasilianischen Urhebern des Songs gegeben hatte, musste also der Song fein paritätisch unter beiden Bandnamen aufgeteilt auf dieser Maxi-CD erscheinen. So firmieren - je nach Leadvocals - jeweils zwei Tracks unter dem Label "Chilli feat. Carrapichio" (Radio Edit 1, Club Mix) und eben auch "Carrapichio feat Chilli" (Radio Edit 2, Copacabana Drive Mix), wobei mir das portugiesischsprachige Original deutlich mehr zusagt.

Somit also viermal derselbe Song in wenig unterscheidbaren Mixen, die allenfalls in ihren Lauflängen variieren. Ein gewisses Sommerfeeling muss man attestieren, ansonsten ein One-Hit-Wonder ohne sonderliches Aufregungspotential.

Bewertung: 2 von 5

Mittwoch, 18. November 2009

Buch-Rezensionen (171): Alice Schwarzer - Romy Schneider-Mythos und Leben (Hörbuch) (1998)

(Cover: Amazon.de)

Künstlerlegenden, die jung oder mittels tragischer Umstände aus dem Leben geschieden sind, taugen bestens zur Mythenbildung. Kein Wunder also, wenn Biografien über jene tatsächlichen oder vermeintlichen Opfer des Showbusiness ganze Regalreihen füllen. Einige dieser Erscheinungen sind dann von recht zweifelhafter Qualität, fühlt sich doch mancher Zeitgenosse verpflichtet, frei nach dem Motto "Ich habe Promi XYZ im Jahre ... einmal getroffen und schreibe jetzt ein Buch darüber" zur Feder zu greifen. Wie soll man also inmitten der Flut von Romy-Biografien dieses Buch der "Emma"-Herausgeberin einordnen?

Fangen wir einmal mit den positiven Aspekten an. Alice Schwarzer, die Romy Schneider in den 1970er Jahren mehrfach interviewte, schildert - sachlich weitestgehend korrekt - anhand vieler allseits bekannter, aber auch wenig öffentlicher Fakten die Lebensstationen des 1982 im Alter von 43 Jahren verstorbenen Filmstars. Es gibt Hintergründe zu den wichtigsten Filmen der Schauspielerin sowie zu prägenden Ereignissen abseits der Kamera. Dies geschieht überwiegend mit der gebotenen journalistischen Distanz.

Ärgerlich wird es hingegen, wenn Alice Schwarzer in ihre altbekannten Klischeees und Methodiken verfällt und nicht selten das Pferd von hinten aufzäumt. Es reicht eben nicht, Romy Schneider als permanentes Opfer von Männermacht zu stilisieren und dabei andere wichtige Faktoren, wie die frühzeitige Forcierung der Filmkarriere durch Romy Schneiders Mutter Magda eher auszublenden. Wie schädlich solch dominante Einflüsse durch das Elternhaus sein können, haben viele andere tragische Künstlerkarrieren von Michael Jackson bis Britney Spears beklemmend eindrucksvoll bewiesen.

Sicherlich, Romy Schneider geriet zeit ihres Lebens häufig an charakterlich bestenfalls arg zweifelhafte Partner und Einflussnehmer. Aber die augenfälligen Probleme einen geregelten Alltag zu führen, gebetmühlenartig auf Hans Herbert "Daddy" Blatzheim, Alain Delon, Daniel Biasini und andere abzuwälzen, greift meines Erachtens denn dann doch zu kurz. Hier benutzt Alice Schwarzer die Lebensgeschichte Romy Schneiders als Vehikel für ihre eigenen, weiß Gott nicht unumstrittenen, Ansichten. Dies ist höchstgradig unfair, denn: Tote können sich nicht wehren!

Reduziert man "Romy Schneider - Mythos und Leben" auf eine rein subjektive Sicht auf das Wesen einer tragisch gescheiterten großen Schauspielerin, geht dieses Buch - in der  Audiobookversion von der Autorin selbst unter Mitwirkung von Hannelore Elsner, Sabine Falkenberg und Stephan Benson gelesen - sicherlich in Ordnung. Möchte man hingegen von einer objektiv-kritischen Warte aus das Leben Romy Schneiders verfolgen, sollte man um dieses Buch einen weiten Bogen machen und zu einer anderen der zahlreich existierenden Werke zur Thematik greifen.

Bewertung: 3 von 5

Dienstag, 17. November 2009

Hmmmpffff, grrrrrrrrrr, grummel...

Fast war sie fertig, meine Buch-Rezension zur Romy-Schneider-Biografie von Alice Schwarzer. Wie üblich bei Amazon geschrieben, um dann eine Kopie hier abzulegen. Da klappt mir doch tatsächlich mein Opera alle Tabs zu! Zwar kann man exakt alle bei Abbruch geöffneten Fenster sofort wieder aufrufen, doch natürlich: die Rezensionsbox war - leer! Und nix zwischengespeichert, alles weg - ich glaub, ich brech ins Essen...

Dann eben morgen...