(Cover: Amazon.de)
Künstlerlegenden, die jung oder mittels tragischer Umstände aus dem Leben geschieden sind, taugen bestens zur Mythenbildung. Kein Wunder also, wenn Biografien über jene tatsächlichen oder vermeintlichen Opfer des Showbusiness ganze Regalreihen füllen. Einige dieser Erscheinungen sind dann von recht zweifelhafter Qualität, fühlt sich doch mancher Zeitgenosse verpflichtet, frei nach dem Motto "Ich habe Promi XYZ im Jahre ... einmal getroffen und schreibe jetzt ein Buch darüber" zur Feder zu greifen. Wie soll man also inmitten der Flut von Romy-Biografien dieses Buch der "Emma"-Herausgeberin einordnen?
Fangen wir einmal mit den positiven Aspekten an. Alice Schwarzer, die Romy Schneider in den 1970er Jahren mehrfach interviewte, schildert - sachlich weitestgehend korrekt - anhand vieler allseits bekannter, aber auch wenig öffentlicher Fakten die Lebensstationen des 1982 im Alter von 43 Jahren verstorbenen Filmstars. Es gibt Hintergründe zu den wichtigsten Filmen der Schauspielerin sowie zu prägenden Ereignissen abseits der Kamera. Dies geschieht überwiegend mit der gebotenen journalistischen Distanz.
Ärgerlich wird es hingegen, wenn Alice Schwarzer in ihre altbekannten Klischeees und Methodiken verfällt und nicht selten das Pferd von hinten aufzäumt. Es reicht eben nicht, Romy Schneider als permanentes Opfer von Männermacht zu stilisieren und dabei andere wichtige Faktoren, wie die frühzeitige Forcierung der Filmkarriere durch Romy Schneiders Mutter Magda eher auszublenden. Wie schädlich solch dominante Einflüsse durch das Elternhaus sein können, haben viele andere tragische Künstlerkarrieren von Michael Jackson bis Britney Spears beklemmend eindrucksvoll bewiesen.
Sicherlich, Romy Schneider geriet zeit ihres Lebens häufig an charakterlich bestenfalls arg zweifelhafte Partner und Einflussnehmer. Aber die augenfälligen Probleme einen geregelten Alltag zu führen, gebetmühlenartig auf Hans Herbert "Daddy" Blatzheim, Alain Delon, Daniel Biasini und andere abzuwälzen, greift meines Erachtens denn dann doch zu kurz. Hier benutzt Alice Schwarzer die Lebensgeschichte Romy Schneiders als Vehikel für ihre eigenen, weiß Gott nicht unumstrittenen, Ansichten. Dies ist höchstgradig unfair, denn: Tote können sich nicht wehren!
Reduziert man "Romy Schneider - Mythos und Leben" auf eine rein subjektive Sicht auf das Wesen einer tragisch gescheiterten großen Schauspielerin, geht dieses Buch - in der Audiobookversion von der Autorin selbst unter Mitwirkung von Hannelore Elsner, Sabine Falkenberg und Stephan Benson gelesen - sicherlich in Ordnung. Möchte man hingegen von einer objektiv-kritischen Warte aus das Leben Romy Schneiders verfolgen, sollte man um dieses Buch einen weiten Bogen machen und zu einer anderen der zahlreich existierenden Werke zur Thematik greifen.
Bewertung: 3 von 5
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