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Dienstag, 21. September 2010

Buch-Rezensionen (201): Gerhard und Christiane Vogel - Blase und Bläschen (1963)

(Cover: Amazon.de)

Für mich war es immer ein Festtag, bei meinen Besuchen meiner Großeltern in den Kinderbüchern meines Vaters und seiner jüngeren Geschwister zu stöbern. Somit fielen mir ein ums andere Mal Erscheinungen aus den frühen 60er Jahren in die Hände, die man heute als Erwachsener als interessante Zeitdokumente der DDR jener Jahre lesen kann, so auch dieses 1963 erschienene Kinderbuch des Schriftstellerehepaars Gerhard und Christiane Vogel.

Erzählt wird die Geschichte der beiden befreundeten Zweitklässler Udo und Werner alias Blase und Bläschen. Diese leben in einem für die Jahre kurz nach der Zwangskollektivierung typischen Dorf der DDR und vertreiben sich die Zeit mit frechen Streichen. In den normalen Alltag platzt im April 1961 die Nachricht über Juri Gagarins ersten Weltraumflug. Der großsprecherische Blase ist sofort Feuer und Flamme und will selbstverständlich auch Kosmonaut werden. Doch erst einmal muss er seinen skeptischen Freund von der Notwendigkeit seiner außergewöhnlichen Trainingsmethoden überzeugen...

Die Euphorie, die gerade den Ostblock nach Gagarins Flug erfasste, kann man heute kaum noch nachvollziehen, ansatzweise ist sie aber in diesem Buch zu erahnen. Somit vermengen sich hier Kinderstreiche nach Art der Lausbubengeschichten mit realem geschichtlichen Hintergrund. Ein gewisser moralischer Zeigefinger ist dabei jederzeit zu bemerken, denn das sozialistische Erziehungsideal wirkt selbstverständlich umgehend auf alle Aktivitäten der beiden Neunjährigen ein. Dies wirkt aus heutiger Sicht etwas fremd, ebenso wie Begriffe und Einrichtungen, die schon zu meiner Kinderzeit - etwa 15 Jahre später - überholt waren, wie die Maschinen- bzw. Reparaturtechnischen Stationen (MTS und RTS) auf dem Land. Auch die im Buch noch zahlreich vorkommenden Maikäfer dürfte heutzutage nur noch selten jemand zu Gesicht bekommen.

Dies alles sollte man bei der Lektüre im Hinterkopf behalten, was aber nicht davon abhalten kann, dass "Blase und Bläschen" auch noch nach fast fünf Jahrzehnten zu unterhalten weiß. 1968 erschien mit "Feuer, Wasser und Wolkenbruch" eine weitere Geschichte um die beiden Jungen.

Bewertung: 4 von 5

Donnerstag, 16. September 2010

Nachtgedanken (099)

Da ich mich heute wieder einmal des nächtlichen Arbeitens befleißigen muss und werde, habe ich für die letzte Ausgabe vor dem "Jubiläum" etwas zum Thema der dunklen Tageszeit ausgesucht. Autor von "Einsame Nacht" ist der Österreicher Leo Greiner (1876-1928).

Meines Hauses dunkle Giebel
steigen hoch ins Wolkenwehn.
Zauberbrunnen sind die Wände,
drin durch kühle Schattenhände
Eimer auf und niedergehn.

In dem Wechsel alles Schwebens
was bereitet doch die Zeit?
Alle Wandrer jetzt auf Erden
müssen schauernd Zeuge werden
ihrer tiefen Einsamkeit.

Haupt hinauf, wo im Gewölbten
wirkend eins ums andre kreist:
um die Wolken tanzen Sterne,
um die Sterne rollt die Ferne,
um die Ferne fährt der Geist.

In die Wanderschaft der Kreise
blühst du auf aus engem Schmerz:
Du auch wirst ein Ring im Ringe,
alle goldene Saat der Dinge
schließt sich reifend um dein Herz.

Dienstag, 14. September 2010

Nachtgedanken (098)

Das Schöne an meinen literarischen Streifzügen für diese Rubrik ist das immer neue Finden von Aussagen, die einem selbst in irgendeiner Form wichtig oder zutreffend erscheinen. So ging es mir auch wieder dieses Mal, als ich auf das Gedicht "Der Spruch" des im Ersten Weltkrieg gefallenen Ernst Stadler (1883-1914) stieß.

In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,
Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:
Und wenn ich mich an trübe Lust vergeb,
Schein, Lug und Trug zu mir anstatt des Wesens hebe,
Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,
Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tor trüge,
Und Worte wieder spreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,
Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,
Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden streicht,
Und Tag und Wirklichkeit von mir entweicht,
Der Welt entfremdet, fremd dem tiefsten Ich,
Dann steht das Wort mir auf: Mensch, werde wesentlich!

Montag, 13. September 2010

Buch-Rezensionen (200): Thomas Bernhard - Der Untergeher (1983)

(Cover: Amazon.de)

An und für sich bilde ich mir ein, auch gegenüber anspruchsvoller und nicht en passant zu konsumierender Literatur aufgeschlossen zu sein. Gerade die Bibliothek der Süddeutschen Zeitung hat diesbezüglich einige Herausforderungen in petto. Dennoch kam ich nicht umhin, mich nach der anstrengenden Lektüre des fünften Buchs der Edition aus der Feder des 1989 verstorbenen Österreichers Thomas Bernhard zu fragen: "Was war das jetzt?"

Zunächst die Fakten: Das 1983 erschienene Buch ist ein Monolog eines namenlos bleibenden Ich-Erzählers über die zunehmende Sinnlosigkeit seines Lebens und das des befreundeten Wertheim, beide Konzertpianisten und angesichts der virtuosen Genialität des ehemaligen Mitstudenten am Salzburger Mozarteum, Glenn Gould, von schweren Zweifeln bis hin zu Suizidgedanken gequält.

Dies klingt gar nicht mal uninteressant, insbesondere die Verquickung zwischen fiktiven und historischen Personen wie Gould oder Vladimir Horowitz und deren Einbindung in einen Kontext, der den realen Personen einen frei erfundenen Lebenslauf zuweist, ist von einer gewissen Genialität geprägt. Allerdings gebe ich auch gerne zu, dass mich Bernhards sprachliche Umsetzung fast an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Dass das gesamte Buch mit gerade einmal vier Absätzen (von denen drei die ersten drei Zeilen bilden) auskommt, ordne ich noch in die Rubrik "verschrobenes Stilmittel" ein. Aber die endlosen Wiederholungen von "dachte ich" "dachte er", "sagte ich", "sagte er" in ewig langen Schachtelsätzen zauberte mir diverse Knoten in die Gehirnwindungen. Scheinbar ließ sich Sven Regener von diesem Buch zu den sehr ähnlich klingenden Absätzen in "Herr Lehmann" inspirieren.

In einem Buch muss nicht zwangsläufig viel passieren, um es spannend und interessant zu gestalten. Aber "Der Untergeher" hat mich stellenweise echt in die Knie gezwungen. Scheinbar bin ich der Höhenkammliteratur nicht in jedem Fall gewachsen. Ich versuche diesen subjektiv gesehenen Totalausfall der SZ-Bibliothek mit Humor zu nehmen und zitiere aus einer Sternstunde des deutschen Fernsehens: "Aber es muss doch wohl erlaubt sein, ähm, zu sagen ich kann damit nichts anfangen. Deswegen müssen Sie doch nicht sagen, ähm, dass ich also weniger intellektuell bin als andere Leute. ... Und das Lamm schrie: Hurz!!!"

Ein Extrapunkt für die Herausforderung.

Bewertung: 2 von 5

Freitag, 3. September 2010

Nachtgedanken (097)

Die nächste Woche hält mit meiner das zweite Semester abschließenden Klausur die erste schriftliche Prüfung nach 16 Jahren für mich bereit. Das Kribbeln im Magen hat schon angefangen, ich bemüh mich jedenfalls, die Aufregung (und sicherlich auch etwas Angst) in den Griff zu bekommen. Vielleicht sollte ich mal bei August Karl Silberstein (1827-1900) nachschlagen...

Ich nehm' es leicht,
Ob Schweres auch zu tragen!
Halb ist erreicht
Ein Ziel durch frohes Wagen.
Wer wird erst stehn und zagen,
Die Frische weicht.
Ob Schweres auch zu tragen,
Ich nehm' es leicht!

Ich nehm' es leicht,
Wie auch die Lose fallen!
Die Zeit verstreicht
Zu rasch ja mit uns allen ...
In Hütten wie in Hallen
Die Locke bleicht;
Wie auch die Lose fallen
Ich nehm' es leicht!

Donnerstag, 2. September 2010

DVD-Rezensionen (200): Kinski Paganini (1989)

(Cover: Amazon.de)

Ich gebe zu, dass mich Klaus Kinskis letzter Film etwas ratlos zurückgelassen hat. Etwa Mitte der 90er hatte ich das zugehörige, die teils unter chaotischen Umständen verlaufenen Dreharbeiten schildernde Buch gelesen und im Anschluss erwartet, es mit einem der wohl größten Meisterwerke der Kinogeschichte zu tun zu haben. Nachdem der Film über lange Zeit nirgendwo zu sehen oder erhältlich war, schlug ich als Kinski-Fan bei Erscheinen der Box natürlich sofort zu, um "Kinski Paganini" als persönliche DVD-Premiere zu erleben. Greifen wir einmal vor: Ich hatte Anderes, Größeres, erwartet.

Kinski ist zeit seines Lebens vorgeworfen worden, überwiegend sich selbst gespielt zu haben. Hier treibt er es aber von sich aus auf die Spitze, in dem er schon im Vorfeld eine mentale Verbindung und Seelenverwandschaft mit dem weltberühmten Violinisten Niccolò Paganini (1782-1840) herstellte, sich sogar als eine Art Reinkarnation des legendären Musikers inszenierte, ähnlich wie in seiner frühren Rolle als moderner François Villon. Auch wenn Einiges am Leben Paganinis nach wie vor ungeklärt sein mag, lässt sich eine scheinbare Ähnlichkeit im Charakter beider Ausnahmekünstler sicherlich nicht leugnen.

Dieses Projekt beschäftigte Kinski also seit Jahren, die Realisation scheiterte aber immer wieder an Finanzierungsproblemen und Kinskis Willen, den Film ganz nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Werner Herzog lehnte bekanntlich ab, Regie zu führen, da er nach eigener Aussage Kinskis Drehbuch "für unverfilmbar hielt". Was nun schlussendlich herauskam, als der Schauspieler alles in seine Hände nahm, kann man auf dieser DVD in zwei Versionen besichtigen, einmal in einer vom verzweifelten Verleih umgeschnittenen und gekürzten Fassung in besserer Bildqualität und einmal in der Kinskis Vorstellung entsprechenden "Versione originale", deutlich rüder und teilweise mit pornographischen Elementen ausgestattet. Überzeugt haben mich beide nicht wirklich.

Dass Kinski auf Dinge wie eine halbwegs schlüssige Handlung und jegliche künstliche Ausleuchtung der Szenen verzichtete - geschenkt. So mancher Arthaus-Film hat mit ähnlichen Attributen beeindrucken können. Und auch die eigentliche Idee des Films, Paganini als einen von der Musik und den Frauen besessenen Getriebenen zu zeichnen, ist vom Ansatz her überhaupt nicht verkehrt. Schlimmer macht es eigentlich die pure Ideenlosigkeit in den einzelnen Szenen, die sich zum Teil komplett ereignislos dahindehnen. Es verwundert nicht, dass für diesen Film geradezu aberwitzige Mengen an Material belichtet wurden.

Trotzdem besitzt "Kinski Paganini" auch seine starken Momente, selbst wenn dies gelegentlich recht simplen filmischen Mitteln wie Zeitlupeneinstellungen geschuldet ist. Ein allein über eine Piazza wandelnder Kinski, dessen suchend-wissender Blick über die ihn umgebenden Personen wandert - das hat schon was! Da vergisst man auch die doch recht überschaubaren darstellerischen Qualitäten Kinskis damaliger Geliebter Debora Caprioglio als Antonia Bianchi. Sein Sohn Nikolai in seiner ersten Filmrolle hingegen macht seine Sache sehr gut, wie auch in den gemeinsamen Szenen auffällt, wie liebevoll der sonst als Berserker verschrieene Mime mit seinem Kind umgeht. Diese von geradezu abgöttischer Zuneigung geprägte Beziehung ist mir auch schon in Kinskis Lebenserinnerungen aufgefallen und wird durch das gemeinsame Spiel mehr als bestätigt.

Sehr gelungen ist die Aufmachung der Doppel-DVD. Neben den beiden Filmversionen finden sich darauf nicht verwendete Szenen, ein ausführliches "Making Of", sowie Bildergalerien, Trailer, Interviews und Kinskis legendäre Kurz-Pressekonferenz in Cannes, bei der er sich in der ihm eigenen Art über die Nichtzulassung seines Films beim dortigen Festival erregt. So mag ich das!

"Kinski Paganini" wird entweder abgöttisch geliebt oder grundlegend abgelehnt. Ich möchte mich dennoch irgendwo in der Mitte einreihen, da ich diversen Passagen des Films sehr wohl etwas abgewinnen kann. Ich würde zum Anschauen der "Versione originale" raten, da diese viel mehr den ungezügelten und authentischen Klaus Kinski zeigt als die geschnittene Fassung. Dennoch treibt mich nun schon lange eine Frage um: Was hätte Werner Herzog gemeinsam mit Kinski aus dem Stoff gemacht?

Bewertung: 3 von 5

Dienstag, 31. August 2010

Buch-Rezensionen (199): Thomas Hermanns - für immer d.i.s.c.o. (Hörbuch) (2009)

(Cover: Amazon.de)

Selten habe ich mich derart im Nachhinein zu der Entscheidung beglückwünscht, die Audiovariante eines Buches gewählt zu haben wie bei den Jugenderinnerungen des TV-Entertainers Thomas Hermanns. Die höchst unterhaltsamen Ausführungen über die zweite Hälfte der Siebziger und die frühen Achtziger Jahre, die damals die Tanzflächen beherrschende Disco-Music und Hermanns' erste Schritte in der Schwulenszene mögen auch in gedruckter Form funktionieren, aber wer einmal die brüllend komische Schilderung - besser: Nachinszenierung - eines geradezu bizarren Amanda Lear-"Konzerts" in der Nürnberger Meistersinger-Halle gehört hat, wird verstehen, was ich meine. Zusätzlich werden höchst passend im Text erwähnte Titel als Hintergrundmusik eingespielt, was die Wirkung und Verständlichkeit enorm erhöht.

Der Erfinder des "Quatsch Comedy Clubs" spannt einen weiten Bogen über seine von viel Musik in trister Wohnumgebung geprägten Kinder- und Jugendjahre in Nürnberg bis hin zu seinem Studium in München und den später erfolgten beruflichen Durchbruch. Zwar ist der überwiegende Teil von "für immer d.i.s.c.o." von Humor geprägt und wird von Hermanns in angenehmem Tonfall gewohnt charmant gelesen. Dennoch werden ernst Themen nicht ausgespart, angefangen von der ersten Gefühlsverwirrung, das eigene Coming Out über Schwulenfeindlichkeit im In- und Ausland bis hin zum HIV- und AIDS-Schock der frühen 80er mitsamt seiner Todesspur im Bereich der Disco-Musik. Dass ein dermaßen amüsierendes Buch immer wieder durch diese extremen Gegensätze radikal gebrochen wird, hat mir ganz besonders imponiert.

Ein weiteres Plus der Audiobookversion: Auf CD 4 sind noch einmal alle im Buch verwendeten Tracks in voller Länge - von Thomas Hermanns kurz anmoderiert - enthalten. Da darf man gleich mal die gegebenen Hustle-Tanzlektionen in die Praxis umsetzen...

Zielgruppe dieses Buchs? Vielfältig, möchte ich meinen. Der offen oder versteckt lebende Schwule wird sich ebenso einfinden wie das Kind der Siebziger, Interessierte an Musikgeschichte und Popkultur sowieso. Zwar kann "für immer d.i.s.c.o." nicht für sich in Anspruch nehmen, eine umfassende historische Darstellung dieses Musikstils zu liefern. Dafür werden ein paar allzu gewagte Verschwörungstheorien über das Ende der Ära aufgestellt. Schließlich verendete Disco nicht (wie von Hermanns und diversen ehemaligen Protagonisten suggeriert) an den permanenten Störmanövern von Gegnern in Musikbiz und Gesellschaft sondern schlicht und einfach an einem der normalsten Vorgänge der Musikwelt - der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Jede Musik hat ihre Zeit, gelegentlich mit diversen Retrowellen geadelt. Doch diese gelegentlichen Ungereimtheiten seien einem bekennenden Disco-Aficionado nachgesehen - für mich ein klasse Hörbuch mit einigen persönlichen Musik-Neuentdeckungen, kam doch die Disco-Welle für mich ein dreiviertel Jahrzehnt zu früh...

Bewertung: 5 von 5

Montag, 23. August 2010

Buch-Rezensionen (198): Michael Köhlmeier - Biblische Geschichten (Hörbuch) (2002)

(Cover: Amazon.de)

Ohne Frage kann man auch als Atheist an der Bibel Interesse finden. So vermittelt sie immer noch gültige ethische Werte und man stellt immer wieder fest, wie viele Redewendungen, Geschichten und Personen in den Alltagssprachgebrauch eingegangen sind. Und so kam es, dass ich diese von mir durch einen Zufall entdeckte Veröffentlichung mit großer Aufmerksamkeit verfolgt habe.

Diese auf 5 CDs versammelte Geschichtensammlung des Österreichers Michael Köhlmeier ist keine Lesung biblischer Texte, wie sie beispielsweise Ben Becker in seinem beeindruckenden Bühnenprogramm darbietet. Er erzählt sie eher im leichten Plauderton nach und bringt sie somit in einer zeitgerechten Fassung an den interessierten Zuhörer. Es handelt sich ausnahmslos um Schilderungen des Alten Testaments, eines bis auf wenige Ausnahme (Schöpfungsgeschichte, Sündenfall etc.) in der allgemeinen Wahrnehmung eher vernachlässigten Teils der Heiligen Schrift. Es ist ohnehin nicht leicht, sich in der dort vorherrschenden puren Masse von Namen zurechtzufinden, daher ist Köhlmeiers Ansatz, die Personen und ihre wechselseitige Beziehung etwas näher aufzudröseln, sehr lobenswert.

Zwar wirkt das ganze manchmal etwas improvisiert und unfertig, dennoch ist diese unorthodoxe Methode alles andere als misslungen. Keine Höchstwertung zwar, aber nahe dran - empfehlenswert!

Bewertung: 4 von 5

Freitag, 20. August 2010

Nachtgedanken (096)

Eine ziemlich kräftezehrende Arbeitswoche liegt hinter mir, aber sie ist noch nicht beendet, denn auch noch morgen heißt es um 04.45 Uhr: aufstehen! Ich hatte daher für die heutige Ausgabe eigentlich etwas mit dem Bezug zur Erwerbswelt gesucht und bin dabei auf den nicht ganz unumstrittenen Arbeiterdichter Heinrich Lersch (1889-1936) gestoßen. Titel: "Der Künstler" (1919).

Ich leb mein Leben schneller, Mensch, als du.
Mich kann der Dinge Schein nicht lange halten.
Mein Blick hat jedes Ding entzwei gespalten.
Ich schmeck den Kern und eile Neuem zu.

Im Weltensausen bin ich tiefste Ruh.
Denn ich bin eine von den Kraftgewalten,
die Welt in sich und sich zu Welt gestalten.
So ist mir alles ich und ich bin allem du.

Mich hält nicht Schönheit, Glanz, nicht Glück noch Macht.
Was gestern ich war, hab ich heut vergessen –
Wo euch noch Chaos stürzt, blüht mir schon Kosmos-Pracht.

Ihr staunt, daß gestern ich bei euch gesessen.....
Heut bin ich schon von neuem Trieb besessen
und taumle trunken in die neue Nacht.

Ob sie mich schimpfen oder sie mich loben.
das rührt, Geliebte, meine Seele nicht.
Mein Tun und Lassen, Tagwerk und Gedicht
sind bunte Bilder in mein Sein gewoben.

Und leuchten ruhig in ihr eitles Toben.
Ich funkle ja aus meinem eignen Licht,
das blitzgleich in ihr armes Dunkel bricht.
Ich bin so über allem Volk erhoben,

daß jedermann mich sehen muß und sieht,
daß ich dem einen Ziel, dem andern Abscheu bin,
daß der mir nachfolgt, daß mich jener flieht.

Doch flucht und lockt mich keiner zu sich hin.
Unwandelbar treibt mich der Gottheit Sinn.
Und was durch mich geschehen muß, geschieht!

Mittwoch, 18. August 2010

Buch-Rezensionen (197): Jochen Hauser - Zwei Krähen fliegen aus (1979)

(Cover: Amazon.de)

Wie man ein an für sich ernstes Sujet humorvoll und augenzwinkernd darstellen kann, zeigt dieses 1979 erschienene Kinderbuch des sächsischen Autors Jochen Hauser. Thematisiert werden die Probleme alleinerziehender Eltern und deren Kinder im Alltag der DDR, immer beobachtet von den beiden verfressenen Krähen Kratsch und Kretsch.

Der neunjährige Jens und sein nach einem Verkehrsunfall verwitweter Vater ziehen in eine Kleinstadt nahe eines Braunkohletagebaus. Gleich am Tag seiner Ankunft gerät Jens mit dem gleichaltrigen Martin aneinander, der sich ausgerechnet noch als Mitschüler entpuppt. Beide Drittklässler bemühen sich um die Freundschaft zur aufgeweckten Mia, was die Rivalität nur noch verstärkt. Nach Monaten voller Gehässigkeiten und Missgunst platzt die Bombe - Jens' Vater und Martins geschiedene Mutter haben sich ineinander verliebt und schmieden Zukunftspläne. Das ist zu viel, beide Jungen reißen unabhängig voneinander von zu Hause aus. Doch die clevere Mia lockt sie auf dieselbe Insel...

Die DDR-typische Altersempfehlung des Buchs nennt die gleiche Jahreszahl wie das Alter der Protagonisten. Neunjährige dürfen sich also sowohl an einer kindgerechten Geschichte als auch an den tollen Illustrationen von Harri Parschau erfreuen. Der ernste Hintergrund wird wohl nur eher Erwachsenen auffallen, so dass ich mit Erstaunen feststellen konnte, nach so vielen Jahren immer noch deutliches Gefallen und Interesse an diesem Buch gefunden zu haben, auch wenn man ihm freilich den Entstehungszeitpunkt und -ort deutlich anmerkt. Dennoch: Unterhaltung für jung und alt - eine feine Mischung!

Bewertung: 4 von 5

Montag, 16. August 2010

Nachtgedanken (095)

Eigentlich heute ein ähnlicher Anlass wie in der 94. Ausgabe. Ich habe mich in den letzten Tagen im Netz einige Male mit dem Freiheitsbegriff beschäftigen müssen. Sei es jetzt die Meinungs-, die Presse- oder ganz simpel die persönliche Freiheit. Mich erschreckt, welch geradezu diktatorischen Vorstellungen weit verbreitet sind, gepaart mit gefährlichem Halbwissen eine explosive Mischung. Also ein Hohelied auf die Freiheit, aufgeschrieben vom Österreicher Friedrich Halm (1806-1871):

Freiheit ist Liebe, Freiheit ist Recht,
Zum Menschen weiht und adelt sie den Knecht,
Bewaffnet steht sie an des Thrones Stufen,
Und Achtung dem Gesetz hört man sie rufen.
Achtung uns selbst und unsrer Menschenpflicht.
Wer sie verletzt, verdient die Freiheit nicht!

Donnerstag, 12. August 2010

Buch-Rezensionen (196): Wolfgang Held - ...auch ohne Gold und Lorbeerkranz (1983)

(Cover: Amazon.de)

Nach einem schweren gesundheitlichen Schicksalsschlag wieder in das normale Leben zurückzufinden, dürfte zu den härtesten Prüfungen zählen, die einem Menschen auferlegt werden können. Schlimmer noch, wenn davon Kinder und Jugendliche getroffen werden. Von einem solchen Kampf um wieder zu erlangende Normalität erzählt dieses 1983 in der DDR erschienene Jugendbuch des Thüringer Autors Wolfgang Held.

Der zwölfjährige Sebastian, ein vielversprechender Nachwuchsturner, verliert bei einem Verkehrsunfall einen Teil seines linken Fußes. Mit diesem körperlichen Handicap scheint es unmöglich zu sein, den geliebten und bisher den Lebensmittelpunkt bildenden Sport weiter auszuüben. Denn auch wenn sein Trainer und die Freunde Koni, Eule, Heinz und Steffen aus seiner "Die Musketiere" genannten Turnriege an ihn glauben - wie soll er mit Schmerzen und einem halben Fuß die Anforderungen des Leistungssports erfüllen? Zumal ihn der erfolgssüchtige Sektionsleiter Waldemann aus dem Verein drängen will...

Auch wenn sich die fiktive "BSG Elektron Tannenthal" aufgrund ihrer Eigenschaft als sogenannte Betriebssportgemeinschaft nur auf einer unteren Hierarchiestufe des DDR-Sportsystems befindet, bekommt man in diesem Buch dennoch einen rechts guten Einblick in das Förder- und Leistungssystem des untergegangenen Staates. Der Unsympath Waldemann steht dabei symptomatisch für die verknöcherte Sportfunktionärskaste, denen für den auf die eigene Person abstrahlenden Erfolg kein Mittel und keine Intrige zu schade ist. Und auch wenn die sehr einfühlsam geschriebene Geschichte Sebastians im Vordergrund steht, kann man dennoch die knallharten Ausmaße des landestypischen Selektionsprinzips erahnen.

Ein gewisses Hintergrundwissen erleichtert die Lektüre des Buchs, muss man sich doch mit DDR-typischen Wortschöpfungen wie "Rollbrett" als Synonym für Skateboard auseinandersetzen. Die damals herausgegebene Altersempfehlung beträgt 12 Jahre, Leser dieses Jahrgangs dürften sich aber aufgrund des ihnen sehr fremden Szenarios und des für heutige Verhältnisse gemächlichen Erzähltempos langweilen. Daher aufgrund der gegebenen Einsichten in den ostdeutschen Alltag eher ein Lesetip für Erwachsene aus Ost und West.

Bewertung: 4 von 5

Donnerstag, 5. August 2010

DVD-Rezensionen (195): Harry Potter und der Halbblutprinz (2-Disc-Edition) (2009)

(Cover: Amazon.de)

Die sechste Harry Potter-Verfilmung geht schon mit einem ganz entscheidenden Handicap in die Startblöcke, liegt doch der erneut von Regisseur David Yates verantworteten Bebilderung des Millionensellers von Joanne K. Rowling der - Achtung, subjektive Meinung! - schwächste Band der Zauberer-Saga zugrunde. Dieser erschöpft sich über weite Strecken in Rückblenden in die frühen Jahre des später zum Potter-Erzfeind avancierten Tom Riddle alias Lord Voldemort und bietet, von einem furiosen Showdown abgesehen, wenig blockbustertaugliches Potential.

Ich gebe also zu, dass ich mit relativ geringen Erwartungen an den 147 Minuten langen Streifen herangegangen bin und sah mich leider in meinen Befürchtungen bestätigt. Schlimmer noch, ausgerechnet die Spannung und filmtaugliche Action versprechenden Passagen gegen Ende des Buchs fielen einer allgemein in weiten Teilen schwer nachvollziehbaren Änderungswut der Drehbuchautoren zum Opfer. Eine Bearbeitung ist unausweichlich, wenn es um die notwendige Straffung eines umfangreichen Vorlagenstoffs geht. Ärgerlich wird es nur dann, wenn wie schon in diversen Vorgängerfilmen einerseits für das Verständnis der Handlung wichtige Informationen unter den Tisch fallen und andererseits völlig neu erfundene Szenen eingebaut werden. Das verwirrt Außenstehende und verprellt die kundigen Leser.

Bei einigen Veränderungen wird zudem die Absicht deutlich, mittels Abmilderung des Stoffs durch die mehr Umsatz versprechende niedrigere Altersfreigabe zu rutschen. Die Höhlenszene mit Harry Potter und Dumbledore ist beispielsweise einer der beklemmendsten Momente der ganzen Heptalogie. Die Qual und die Schmerzen beim Austrinken der vergifteten Flüssigkeit wird besonders im Hörbuch deutlich, in dem sich Rufus Beck praktisch die Seele aus dem Leib schreit und den Ohrenzeugen erschüttert zurücklässt. Hier wird das Ganze praktisch en passant abgehandelt und man muss sich nach der Notwendigkeit solcher Änderungen fragen, ist doch das gesamte Szenario schon längst nichts mehr, was man in irgendeiner Art und Weise mit dem Genre "Kinderfilm" in Verbindung bringen würde.

Da auch die Logik und Stringenz ein ums andere Mal aus dem Ruder läuft, bleiben am Ende Enttäuschung und selbst Langeweile nicht aus, erschöpft sich doch der Film in wenig überzeugend gespielten ersten Schritten im Bereich der pubertären Gefühlsaufwallungen. Man muss der Mehrheit der versammelten jugendlichen Schauspielerriege attestieren, sich trotz der von Jahr zu Jahr gesammelten Erfahrung nicht wirklich weiterentwickelt zu haben. Richtig schlecht sehen Radcliffe, Grint & Co. immer dann aus, wenn sie es direkt mit solch bühnen- und filmgestählten Schauspiel-Cracks wie Alan Rickman, Robbie Coltrane oder Helena Bonham Carter zu tun haben, denn dann wird der Unterschied im Können und die Limitiertheit der Jungdarsteller in Ausdruck und Mimik geradezu schmerzhaft deutlich. Ich bin mir relativ sicher, dass der eine oder andere Verantwortliche im Hause Warner Brothers so manche mit dem ersten Film für die weiteren Teile festgelegte Besetzungsentscheidung mittlerweile bereut.

Technisch rangiert diese Doppel-DVD weitab jeder Referenz im Mittelfeld. Das Bild ist relativ dunkel und kontrastarm, heimische Soundsysteme werden aufgrund der Dialoglastigkeit des Films auch nur selten wirklich gefordert. Dann allerdings rumpelt es ordentlich in den Boxen, da der Lautstärkeunterschied für meinen Geschmack etwas drastisch ausgefallen ist.

Die Bonus Disc bietet ein gutes Dutzend entfallener Szenen, die allerdings bis auf zwei Ausnahmen (Professor Flitwick dirigiert während eines aufziehenden Unwetters den Schulchor/Harry, Ron und Hermine auf dem Astronomieturm) berechtigt aus dem Hauptfilm gekippt wurden. Desweiteren gibt es drei recht launige Kurzdokus, die von Matthew Lewis, Alfred Enoch und Tom Felton, den Darstellern der Charaktere Neville Longbottom, Dean Thomas und Draco Malfoy, moderiert werden. Hierfür sollte man allerdings über belastbare Fremdsprachenkenntnisse verfügen, da die nur in der englischen Tonspur vorliegenden Einblicke hinter die Kulissen und Darstellerinterviews dermaßen rasant geschnitten sind, dass die zuschaltbaren Untertitel mangels langer Einblendung praktisch kaum lesbar sein dürften. Ebenfalls ohne wirklichen Nutzwert sind die Vorabinformationen über den mittlerweile eröffneten Harry Potter-Themenpark in Orlando, Florida, da für diesen DVD-Bonus nur Modellaufbauten aus der Planungsphase des Parks zur Verfügung standen.

Richtig gut hingegen die etwa 45minütige Reportage über Joanne K. Rowling, die ein Jahr mit der Kamera begleitet wurde. So unter anderem in dem Moment, in dem in einem Glasgower Hotel der letzte Potter-Band beendet wurde. Sehr erstaunlich, wie normal und humorvoll die Multimillionärin geblieben zu sein scheint und wie offen die Autorin über leidvolle Lebenserfahrungen spricht, nicht selten den Tränen nahe. Ich gebe zu - dieses Porträt hat mich sehr beeindruckt!

Bewertung: 2 von 5

Dienstag, 3. August 2010

Buch-Rezensionen (194): Eoin Colfer - Artemis Fowl-Die verlorene Kolonie (Hörbuch) (2008)

(Cover: Amazon.de)

Eines vorneweg: ich bin ein erklärter Fan das Handlungsuniversums rund um das jugendliche irische Superhirn Artemis Fowl und seiner unterirdischen Freunde. Dennoch: mit diesem fünften Band der Reihe hat sich Autor Eoin Colfer meines Erachtens keinen Gefallen getan und richtig gründlich danebengegriffen. Der intelligente Mix aus Fantasy und Technikelementen plus Artemis' ausgeklügelten Gaunereien, der die vorangegangenen Romane so spannend und unterhaltsam machte, scheint hier leider vollständig abhanden gekommen zu sein.

Diesmal dreht sich alles um die neu eingeführte Rasse der Dämonen, die durch einen missglückten Bann auf einer Insel im Zeitmeer leben. Da dieser Bann an Wirkung verliert und durchlässig zu werden scheint, droht die Gefahr des Eindringens der Dämonen in die menschliche Dimension. Neben Artemis scheinen sich noch andere zwielichtige Gestalten für diese neuen Entwicklungen zu interessieren, bis die Lage nach einem ungewollten Dimensionssprung dramatisch zuspitzt...

Auf dem Papier scheinen eigentlich alle Zutaten für einen erneut spannenden Plot vorhanden zu sein. Bekannte und liebgewonnene Gestalten geben sich einmal mehr ein Stelldichein, die Handlung vollführt ihre gewohnten wilden Schlenker und reale und fiktive Örtlichkeiten und Technik werden geschickt miteinander verwoben. Dennoch hat mich diese Folge trotz des erneuten Mitwirken meines absoluten Lieblings, des kleptomanischen Zwergs Mulch Diggums, seltsam kalt gelassen. Das gewohnte atemlose Mitfiebern mit den Protagonisten will sich selten bis überhaupt nicht einstellen und auch die neu eingeführten Gegenspieler wirken unangenehm blutleer und unausgereift. Da kann auch diesmal Rufus Beck mit seiner Stimmakrobatik nicht viel ausrichten - es hakt einfach an zu vielen Enden!

Doch es kann Entwarnung gegeben werden. Nach diesem zwischenzeitlichen Tief besann sich Colfer wieder auf seine Stärken und lieferte mit dem Nachfolger "Das Zeitparadox" wieder erstklassige Qualitätsarbeit ab. Somit sollte man "Die verlorene Kolonie" als verzeihbares Schwächeln ansehen und sich der Vollständigkeit zuliebe auch einmal dieses Bands annehmen.

Bewertung: 2 von 5

Mittwoch, 28. Juli 2010

Buch-Rezensionen (193): Dan Brown - Meteor (2001)

(Cover: Amazon.de)

Es ist für mich immer ein seltsames Gefühl, wenn ich einen Dan Brown-Roman beendet habe. Einerseits ärgert man sich, einmal mehr einen zum Teil vor lauter Klischees triefenden und scheinbar am Autoren-Reißbrett zusammengezimmerten Hightech-Thriller-Hokuspokus vor sich zu haben, andererseits stellt man aber verwundert fest, dass selbst den abstrusesten Plotschlenkern und aberwitzigen Cliffhangern noch eine gewisse Faszination innewohnt, die einen bei der Stange bleiben und nicht eher ruhen lässt, bis man den großen Showdown passiert hat.

"Meteor" (Originaltitel: "Deception Point") aus dem Jahr 2001 macht da keine Ausnahme. In Deutschland erst nach dem großen Erfolg von "Sakrileg/The Da Vinci Code" und "Illuminati" veröffentlicht, hält auch dieser Roman alle klassischen Brown-Zutaten bereit. Die Bösewichter sind halt böse und werden so aufdringlich als undurchsichtig-unverdächtig gezeichnet, dass man - sofern man schon vorher ein Buch des Amerikaners kennengelernt hat - zielgerichtet auf den die Strippen ziehenden Unhold tippen kann. Dazu kommen die zahlreichen Rechercheschnitzer - gerne mit künstlerischer Freiheit beschönigt - und Logiklöcher, die ein ums andere Mal für Verstimmung sorgen. Dass dennoch am Schluss eine unterhaltsame und nicht unspannende Handlung dabei herauskommt, ist Dan Browns eigentliche Kunst.

Dabei ist der Inhalt relativ knapp zusammenzufassen. Im arktischen Eis wird durch die krisengeschüttelte NASA, deren weitere Existenz im laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf kontrovers diskutiert wird, ein Meteor mit scheinbar außerirdischen Lebensspuren entdeckt. Die offensichtliche wissenschaftliche Sensation entwickelt sich jedoch zu einem tödlichen Strudel, in dem Geheimdienste, Regierungsbeamte, Spezialeinheiten und die beiden Präsidentschaftskandidaten mit vorwiegend unsauberen Methoden mitmischen. Tödliche Methoden...

Das von Anne Moll ruhig und mit angenehmer Stimme gelesene Hörbuch bietet einen guten Kontrast zum teilweise atemlosen Plot. Die vom Autor zielgerichtet gesetzten Szenenwechsel, die den Leser/Hörer immer an einem gerade entscheidenden Handlungspunkt ungeduldig zurücklassen, verfehlen auch in der Hörversion ihre Wirkung nicht. Dennoch: eines von Browns schwächeren Werken, das auch von der guten Audiobook-Fassung nicht gerettet werden kann.

Bewertung: 3 von 5

Dienstag, 27. Juli 2010

Nachtgedanken (094)

Nach längerer Pause mal wieder etwas aus dieser Rubrik.

Gelegentlich muss man auch in der Weite des Netzes Diskussionen führen, die einen aufregen. Vielleicht sollte man bei diesen Anlässen alles so gelassen nehmen, wie es schon Johann Gottfried Herder (1744-1803) sah:

Und grämt dich, Edler, noch ein Wort
Der kleinen Neidgesellen?
Der hohe Mond, er leuchtet dort,
Und läßt die Hunde bellen,
Und schweigt und wandelt ruhig fort,
Was Nacht ist, aufzuhellen.

Donnerstag, 22. Juli 2010

Buch-Rezensionen (192): Gunter Preuß - Tschomolungma (1981)

(Cover: Amazon.de)

Ich erinnere mich, dass mich das Lesen dieses Buchs immer etwas deprimiert und ratlos zurückgelassen hat. Denn Gunter Preuß, der mit seiner kritischen Haltung zur DDR ein ums andere Mal bei den Kulturgewaltigen aneckte, zeichnet in diesem 1981 erschienenen Jugendbuch in recht düsteren Farben die Probleme zweier heranwachsender Leidensgenossen.

Schauplatz der Handlung ist eine namenlose erzgebirgische Kleinstadt. Der sensible vierzehnjährige Peter, ehemals bester Schüler der Schule, steckt in einer tiefen Lebens- und Sinnkrise. Gemobbt von den Mitschülern, unverstanden vom Vater, einem Sägewerksarbeiter, der in seiner Freizeit Gewichte hebt, flüchtet er in seine Traumwelt, in der er den höchsten Berg der Erde, den Tschomolungma, besser bekannt als Mount Everest, besteigt. Peter zerbricht fast an der Erwartung seines Vaters, dass aus ihm ein "richtiger Kerl" wird, seine schulischen Leistungen sind im Keller, insbesondere als seine fast einzige Vertraute, die Klassenlehrerin Frau Weinhold, in Pension geht. Peter verzweifelt am Leben und findet nur in seinem Freund Rutscher und seiner Mitschülerin Rose etwas Halt. Doch die sitzt nach einem Verkehrsunfall im Rollstuhl und sieht gerade die Ehe ihrer Eltern zerbrechen. Als Rose entdeckt, dass sie wieder laufen kann, beschließt sie, diese Neuigkeit für sich zu behalten, um ihre Eltern an sich zu binden...

Auch wenn sich am Ende des Buches so etwas wie ein kleiner Hoffnungsschimmer für Peter und Rose auftut - ein Happy End sieht anders aus. Mit dem Abstand der Jahre habe ich das eine oder andere Problem eines pubertierenden Jungen anhand eigener Erfahrungen durchaus wiedererkannt, daher hat mir der erneute Lesedurchgang nach über 20 Jahren sehr zugesagt. Obwohl das Buch eine Altersempfehlung ab 12 Jahren angibt, dürften auch Erwachsene und insbesondere Eltern von Jugendlichen Gefallen daran finden. Gleichzeitig wird der typische DDR-Kleinstadtalltag ohne großen ideologischen Hintergrund skizziert und selbst die Hochkultur kommt nicht zu kurz, da ausgiebig aus Brechts "Leben des Galilei" zitiert wird. Ein wenig optimistisches, aber sehr empfehlenswertes Buch.

Bewertung: 5 von 5

Mittwoch, 14. Juli 2010

Buch-Rezensionen (191): Roland Neumann - Im Abseits (1984)

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Bücher, Jugendbücher zudem, die kontrovers und aus verschiedenen Perspektiven Problemstellungen ohne den allseits wahrnehmbaren ideologischen Zeigefinger behandelten, waren in der DDR rar. Entweder gab es klare Freund/Feind-Konstellationen oder das Thema war einfach konfliktfrei gehalten. In diesem 1984 erschienenen Buch mit der Altersempfehlung ab 13 Jahren liegt die Situation deutlich anders.

Die Neuntklässler Bodo und Filipp reichen für einen Schul-Fotowettbewerb Bilder ein, die eine Prügelattacke am Rande eines Fußballspiels dokumentieren. Ihr Mitschüler Tilo, der FDJ-Sekretär der Schule, stellt daraufhin den Antrag, sie aus der Organisation auszuschließen, da sie sich seiner Meinung nach der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht hätten. In der Schule bricht daraufhin ein heftiger Meinungsstreit unter Schülern und Lehrern aus, der bis zur lebensgefährlichen Sabotage von Tilos Fahrrad eskaliert. Tilo ist isoliert und wird verdächtigt, die Lehrstellenchancen seiner Mitschüler durch seine Aktion bewusst zum eigenen Vorteil zu mindern.

Ein wirklich kontroverser Plot, den Autor Roland Neumann da angepackt hat, thematisiert er doch gleich mehrere Tabus der DDR. Da wäre zum einen der auch im Osten in den Achtzigern aufkommende, jedoch immer totgeschwiegene Hooliganismus sowie die Fehlbarkeit von Partei- (in diesem Falle FDJ-)Kadern. Natürlich setzt das Buch etwas an Hintergrundwissen über das Bildungs- und Lehrstellensystem der DDR voraus, denn ein Ausschluss aus der FDJ wäre einer Unmöglichmachung der begehrten und raren Berufsausbildung mit Abitur gleichgekommen. Dennoch dürfte auch bei Lesern, die alters- oder wohnortbedingt nicht diesseits der Mauer aufwuchsen, durchaus Interesse an der Handlung aufkommen.

Das Ende dieser Coming of Age-Geschichte ist bewusst offen gehalten und lässt Spielraum für eigene Interpretationen. Auch nach über 25 Jahren - empfehlenswert!

Bewertung: 4 von 5

Dienstag, 13. Juli 2010

DVD-Rezensionen (191): Der Mondbär (3 DVD-Collection) (2008)

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Die Buchvorlage von Rolf Fänger und Ulrike Möltgen war eine der ersten Gute Nacht-Geschichten, die unser Sohn vorgelesen bekam. Und da Junior seinen Mondbär über alles liebte, wurde dann auch diese zauberhafte Verfilmung in Form von 22 Folgen, verteilt auf 3 DVDs, angeschafft.

Zur Handlung: der kleine Mondbär lebt mit seinen Freunden wie dem als Herold fungierenden Trommelspecht, dem immer vorlauten Hasen, dem weisen alten Dachs und vielen anderen im Wald. Immer wieder geraten sie in neue Abenteuer, sei es nun eine Schatzsuche, die anstrengende Beaufsichtigung der vorlauten Entenkinder oder Sportwettbewerbe im Wald. Und da ist ja schließlich auch noch der stets hungrige Fuchs Reineke... 

Auch wenn man Kleinkinder natürlich nicht allzu oft und lange an den Fernseher setzen sollte - diese Serie kann wirklich vorbehaltlos empfohlen werden. Ruhig und ohne hektische Passagen, gewaltfrei (selbst der den Tieren nachstellende Fuchs ist eigentlich kein schlechter Kerl und ist liebenswert-tollpatschig dargestellt) und mit schöner und zum Mitsingen animierender Musik ausgestattet. Die in kräftigen Farben gezeichneten Figuren und Örtlichkeiten wirken überaus plastisch und 3D-artig, ein sehr schönes visuelles Erlebnis für Kinder mit vielen Lerneffekten ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Gerade der Mondbär steht für Freundschaft, Anteilnahme und Hilfsbereitschaft - auf diese nette Art dürfen sehr gern Werte vermittelt werden.

Die (Format 16:9 anamorph codierten) Episoden von insgesamt 266 Minuten Lauflänge sind in Dolby Digital 5.1 sowohl in Deutsch als auch in Englisch verfügbar. Sollte also jemand der frühkindlichen Fremdsprachenerziehung nahestehen - hier findet er ein sehr gutes Instrument dazu. Bild und Ton sind ausgezeichnet, dazu ein günstiger Preis - zuschlagen!

Bewertung: 5 von 5

Donnerstag, 10. Juni 2010

Nachtgedanken (093)

Das heutige Fundstück der "Nachtgedanken" mit dem Titel "Erinnerung" stammt aus Österreich, genauer gesagt von Ernst von Feuchtersleben (1806-1849)

Der Morgen weht mit zarten Lüften,
Und spielt mit Gras und Blatt und Blüt',
Und haucht aus tausend süßen Düften
Erinnerung in mein Gemüt.

Wie bald verweht des Lebens Morgen!
Kein Frühling macht uns wieder jung.
Was bleibt uns zwischen Pein und Sorgen
Als du – als du, Erinnerung?

Momente kommen gut und herzlich,
Und man vergißt das schlimme Jahr,
Ach, man gedenkt entzückend-schmerzlich
Der Stunden, die man glücklich war.

Das Leben ist ein Kranz von Blüten,
Tief zwischen Dornen eingewebt,
Nur die erringen, die sich mühten,
Nur wer geweint hat, hat gelebt.