Montag, 13. September 2010

Buch-Rezensionen (200): Thomas Bernhard - Der Untergeher (1983)

(Cover: Amazon.de)

An und für sich bilde ich mir ein, auch gegenüber anspruchsvoller und nicht en passant zu konsumierender Literatur aufgeschlossen zu sein. Gerade die Bibliothek der Süddeutschen Zeitung hat diesbezüglich einige Herausforderungen in petto. Dennoch kam ich nicht umhin, mich nach der anstrengenden Lektüre des fünften Buchs der Edition aus der Feder des 1989 verstorbenen Österreichers Thomas Bernhard zu fragen: "Was war das jetzt?"

Zunächst die Fakten: Das 1983 erschienene Buch ist ein Monolog eines namenlos bleibenden Ich-Erzählers über die zunehmende Sinnlosigkeit seines Lebens und das des befreundeten Wertheim, beide Konzertpianisten und angesichts der virtuosen Genialität des ehemaligen Mitstudenten am Salzburger Mozarteum, Glenn Gould, von schweren Zweifeln bis hin zu Suizidgedanken gequält.

Dies klingt gar nicht mal uninteressant, insbesondere die Verquickung zwischen fiktiven und historischen Personen wie Gould oder Vladimir Horowitz und deren Einbindung in einen Kontext, der den realen Personen einen frei erfundenen Lebenslauf zuweist, ist von einer gewissen Genialität geprägt. Allerdings gebe ich auch gerne zu, dass mich Bernhards sprachliche Umsetzung fast an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Dass das gesamte Buch mit gerade einmal vier Absätzen (von denen drei die ersten drei Zeilen bilden) auskommt, ordne ich noch in die Rubrik "verschrobenes Stilmittel" ein. Aber die endlosen Wiederholungen von "dachte ich" "dachte er", "sagte ich", "sagte er" in ewig langen Schachtelsätzen zauberte mir diverse Knoten in die Gehirnwindungen. Scheinbar ließ sich Sven Regener von diesem Buch zu den sehr ähnlich klingenden Absätzen in "Herr Lehmann" inspirieren.

In einem Buch muss nicht zwangsläufig viel passieren, um es spannend und interessant zu gestalten. Aber "Der Untergeher" hat mich stellenweise echt in die Knie gezwungen. Scheinbar bin ich der Höhenkammliteratur nicht in jedem Fall gewachsen. Ich versuche diesen subjektiv gesehenen Totalausfall der SZ-Bibliothek mit Humor zu nehmen und zitiere aus einer Sternstunde des deutschen Fernsehens: "Aber es muss doch wohl erlaubt sein, ähm, zu sagen ich kann damit nichts anfangen. Deswegen müssen Sie doch nicht sagen, ähm, dass ich also weniger intellektuell bin als andere Leute. ... Und das Lamm schrie: Hurz!!!"

Ein Extrapunkt für die Herausforderung.

Bewertung: 2 von 5