Donnerstag, 10. Februar 2011

Soundtrack Of My Life (029): Bizz Nizz - Don't Miss The Partyline (1990)

Das Jahr 1990 wird mir immer als eines der verwirrendsten und ereignisreichsten meines Lebens in Erinnerung bleiben. Besonders die wenigen Monate zwischen Einführung der D-Mark in der DDR am 01. Juli bis zur Wiedervereinigung am 03. Oktober hatten etwas von völlig gesetzlosen Zuständen á la Wilder Westen. Kein Wunder, es galten noch die rechtlichen Regelungen der DDR, die für die tatsächlichen Umstände gar nicht vorgesehen waren und somit reichlich Spielraum für allerlei Anarchie und auch Kriminalität ließen.

Auch in der beschaulichen sächsischen Provinz tat sich diesbezüglich so einiges, darüber hinaus schossen überall behelfsmäßig errichtete Verkaufsstände und auch neue Partylocations aus dem Boden. Der in diesen Erinnerungen schon erwähnte "Dampfer" mutierte in jenen Tagen zum halb illegal bewirtschafteten Roulette-Casino, andere meiner vorher besuchten Wochenend-Ziele schlossen ganz. Dafür eröffnete ganz in der Nähe meiner Wohnung ein später zum Riesaer Großgastronomen (und mittlerweile wieder total abgestürztem) aufgestiegener, vorher völlig Unbekannter ein riesiges Zelt für Partyveranstaltungen. Aus heutiger Sicht geradezu absurd primitiv mit Holzbohlenboden bis zur die Tanzfläche bergende, Stirnseite, ein paar Bierzeltgarnituren am Tand - eine Luxus-Disse sieht anders aus! Trotzdem drängelten sich vor dem Einlass an allen Öffnungstagen die Massen, schon mangels alternativer Angebote in der Stadt.

Was diesem Tanztempel im IKEA-Style allerdings von seinen Vorgängern unterschied, war die zugegeben beeindruckende Licht- und Tonanlage, die sich doch erheblich von den größtenteils per Eigenbau entstandenen Ausrüstungen der DDR-Klitschen unterschied. In den Boden war sogar eine Edelstahl-Tanzfläche eingelassen und das war für uns Ossikinder nun wirklich etwas Neues, hatte man doch bis dato auf dem naturgegebenen Fliesen- oder Parkettboden der jeweiligen Lokalität abgehoppelt. Dieses Stück Metall brachte mich allerdings in einer lauen Sommernacht jenen Jahres in leichte Balanceschwierigkeiten, womit ich den Bogen zum Tanzflur-Stampfer "Don't Miss The Partyline" von Bizz Nizz schlagen kann.

In jenen Tagen war in hiesigen Breiten ein seltsamer Tanzstil aufgekommen, der eine Art schnellen Moonwalk auf der Stelle darstellte. Man joggte also in ruckartigen Bewegungen, ohne sich groß von seiner Position auf der Tanzfläche wegzubewegen. ich braucte eine Weile, bis ich mir das koordinationstechnisch draufgeschafft hatte, dann legte ich aber umso wilder los. Was ich an jenem Abend nicht sah: Irgendjemand hatte just dort eine Tube Haargel fallen gelassen (wer schleppt eigentlich sowas mit auf die Piste???), ich latschte in meinem Toben natürlich drauf und kleisterte meinen Standpunkt ordentlich mit dem perfekten Gleitmittel ein. Ich war so in Partylaune (und wohl alkoholtechnisch auch etwas angebrütet), dass ich das gar nicht mitbekam, mich allerdings über meine immer mehr in den Spagat drängenden Beine wunderte. Mein damaliger Freundeskreis stand freilich breit grinsend daneben und genoss sichtlich die etwas kurios anmutende One-Man-Show...