(Cover: Amazon.de)
Der frei nach Motiven von Bruce Chatwins Roman "Der Vizekönig von Ouidah" (1980) entstandene Plot erzählt die Geschichte des brasilianischen Desperados Francisco Manoel da Silva alias "Cobra Verde" (Kinski), der nach der Schwängerung der drei Töchter seines Plantagenherren von diesem nach Westafrika geschickt wird, um dort neue Sklaven für die Zuckerrohrfelder zu erwerben oder günstigerweise gleich im Kampf mit den ansässigen Einwohnern den Tod zu finden. Mit List und Gewalt gelingt es Cobra Verde, einen blühenden Sklavenhandel aufzuziehen und sich nebenbei zum Vizekönigs des Landstrichs aufzuschwingen, indem er mit Hilfe eines von ihm rekrutierten und ausgebildeten Amazonenheers den wahnsinnigen Herrscher des Gebiets stürzt.
Natürlich ist auch dieser Film des kongenialen Duos Herzog/Kinski wieder ein visuelles Ereignis abseits des Kinomainstreams. Sowohl Szenen im kleinen (wie diejenige in der brasilianische Spelunke mit dem geistig behinderten minderjährigen Betreiber) als auch im großen Rahmen, wie die optisch beeindruckende Flaggenstaffette am afrikanischen Strand, wirken durch unerhörte Wucht auf den Zuschauer ein. Dennoch: ein gewisses Gefühl der Unvollkommenheit bleibt, gerade wenn man den Film in den direkten Vergleich zu den anderen Werken dieser Hassliebe-Paarung stellt. Zum einen wird keineswegs deutlich, dass sich die Handlung eigentlich über viele Jahre hinstreckt, dazu kommen handwerkliche Schnitzer, wie ein ins Bild geratender Schweinwerfer an der Hauswand des Sklavenhändlerforts.
Kinski agiert stellenweise wie wahnsinnig und wird einmal mehr seinem Ruf als Kino-Berserker gerecht. Seine finale Szene ist in ihrer Endgültigkeit symptomatisch für die damit endende Zusammenarbeit mit Herzog und seinen nahenden (er starb nur vier Jahre später) Tod. Trotzdem ist es einmal mehr ein Ereignis, diesen Mann spielen zu sehen.Die Einzel-DVD ist gut ausgestattet, neben Biografien und Bildern vom Set gibt es einen leider nur separat als Audiospur aufrufbaren einstündigen Dialog Werner Herzogs mit dem 2007 verstorbenen Schauspieler und Regisseur Laurens Straub als Audiokommentar sowie die (leider nicht in voller Länge enthaltene) Dokumentation "Herzog in Afrika" von Steff Gruber. In dieser merkt man dem Regisseur deutlich seine Anspannung vor Ort an, da es neben technischen und logistischen Problemen auch einmal mehr Sorgen und Auseinandersetzungen mit seinem Hauptdarsteller gab. Zum Schmunzeln läd zudem die in der Doku mehrfach sichtbare Weigerung Kinskis, sich von hinten filmen lassen ein, scheint diese wohl der Eitelkeit des Schauspielers geschuldet zu sein, der durch diesen Kniff und durch ebenfalls gezeigtes ausgiebiges Zurechtzupfen seiner langen blonden Strähnen zunehmende Kahlheit verbergen wollte.
Das Bild ist farbenkräftig und für das andere Prioritäten setzende Genre gut, der deutsche Ton liegt sogar in (sicherlich nachträglich künstlich erzeugtem) 5.1 vor, auch wenn sich in den hinteren Boxen nicht wirklich viel tut. Somit ein gut austariertes Produkt mit einem jedoch nicht in allen Belangen überzeugendem Film. Extralob für die wie immer sehr atmosphärische Musik von Popol Vuh.
Bewertung: 4 von 5
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