Dienstag, 20. April 2010

Buch-Rezensionen (186): Martin Selber - Die Sklavenhändler (1968)

(Cover: Amazon.de)

Der 2006 im Alter von 82 Jahren verstorbene Martin Selber gehörte zu den populärsten Autoren der DDR, der neben einer großen Anzahl von Jugend- und Abenteuerromanen auch mehrere Bücher über Amateurfunk und Elektrotechnik veröffentlichte.

Das 1968 erschienene "Die Sklavenhändler" erzählt die Geschichte des elfjährigen Waisenjungen Hannes Klaasen, der im Schleswig des Jahres 1840 ins Haus seines hartherzigen Onkels aufgenommen wird, um ihm in dessen Großhandel als billige Arbeitskraft zu dienen. Nachdem Hannes den Schlägen, der Lieblosigkeit und der Ausbeutung durch Weglaufen kurzzeitig entkommen kann, wird er nach seiner hungerbedingten Rückkehr von seiner eigenen Verwandtschaft an einen holländischen Kapitän für dessen vakante Schiffsjungenstelle verkauft. Findet Hannes nach anfänglicher Angst vor dem Meer und der raubeinigen Mannschaft auch langsam Gefallen an seinem neuen Leben, erwartet ihn bei seiner Ankunft an der westafrikanischen Küste ein Schock. Dieses Schiff handelt nicht mit Baumwolle oder Gewürzen, sondern einer ganz anderen Ware - Sklaven...

Mit der Schilderung der Ozean-Überfahrt der holländischen Brigg "Nereide" beleuchtet Martin Selber ein sehr dunkles Kapitel der Weltgeschichte - den Atlantischen Dreiecks- und Sklavenhandel. Angesiedelt in einer Zeit, in der Staaten wie das Vereinigte Königreich die Verschleppung von Schwarzafrikanern bereits verboten hatten, ergeben sich durch die Konfrontation mit britischen Kriegsschiffen und der Befreiungsbewegung im Zielort Suriname zahlreiche spannende Abenteuer. Auch wenn nicht alle Dinge historisch und geographisch korrekt dargestellt werden - dies ist ein lehrreiches und spannendes Buch für etwas ältere Kinder. Die DDR-typische Empfehlung nennt ein geeignetes Lesealter ab etwa 10 Jahren. Natürlich ist ein gewisser ideologischer Einfluss spürbar, dieser hält sich aber ob des menschenverachtenden Sujets in nachvollziehbaren Grenzen. Gerade die Passagen in Schleswig tragen Züge des Schaffens von Charles Dickens, dessen deprimierende Zustandsbeschreibungen der englischen Gesellschaft bekanntlich im gleichen Zeitraum angesiedelt waren.

Das durch Hans Wiegandt illustrierte Buch wurde 1970 durch die Erzählung "Das Klippergespenst" fortgesetzt.

Bewertung: 4 von 5