Auch heute arbeitsbedingt tageszeitlich recht frühe "Nachtgedanken". Die 80. Ausgabe dieser Rubrik gehört "Entfremdung" von Franz Keim (1840-1918).
Mir ist die Heimat wie ein fremdes Land,
Und über fremde Treppen muß ich schreiten;
Was einst mein Herz besaß, seh' ich im Weiten,
Und süße Hoffnung reicht mir nicht die Hand.
Gelöst ist lauer Freundschaft loses Band,
Das Schiff des Glücks seh' ich vorübergleiten. –
Bin ich denn noch derselbe, der vorzeiten
Voll Zuversicht im Lebensgarten stand?
Nein, ich bin's nicht mehr! Einsamkeit und Sorgen
Umdüstern meines Lebens jungen Morgen,
Verwandeln mich zum Bettler über Nacht.
Ihr Glücksverwöhnten, die mich nicht mehr kennen,
Ihr sollt nicht wissen, wie die Wunden brennen,
Denn ich bin stolz und meine Miene lacht.
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