Donnerstag, 14. Januar 2010

Buch-Rezensionen (180): Der Schlangenschatz (1976)

(Cover: Amazon.de)

Dieses Mitte der 70er Jahre erschienene Buch aus dem zweitgrößten Belletristik-Verlag der DDR, "Volk und Welt", erzählt auf insgesamt etwa 150 großformatigen Seiten Märchen aus dem heutigen Turkmenistan, das zum Veröffentlichungszeitpunkt noch als Turkmenische SFR zur Sowjetunion gehörte.

Eines vorneweg. Dies ist kein Kinderbuch. Hier wird gehängt, geköpft, gesteinigt, Gliedmaßen werden abgesäbelt oder betreffendes Opfer gleich in Stücke zerrissen. Zudem gibt es für ein Buch dieses Genres in den sehr hochwertigen Illustrationen Klaus Ensikats erstaunlich viel nackte Haut zu sehen. Hier sollten sich also wohl eher Erwachsene an den nicht für den europäischen Kulturkreis immer leicht zugänglichen Geschichten erfreuen, bieten sie doch oftmals gerade in den mehrfach vertretenen Geschichten um die historisch verbürgten Dichter Kemine (1770-1840) und Mīr ʿAlī Schīr Nawā'ī (1441-1501) geradezu philosophisch-aphoristische Beispiele orientalischer Weisheit.

Somit ist dieses Buch eher Einblick in die fremdartige islamische Kultur Zentralasiens als spannende Märchen, wie man sie vielleicht aus dem Grimm'schen Werken gewohnt ist. Dennoch bieten beispielsweise die Erzählungen "Karadsha Batyr", "Die fünf Kalandare", "Das Mädchen, das sein Ziel erreichte", "Choresmin", "Ak-Pamyk" oder "Die zwei Prinzen, geboren von einer Sklavin" ebenso sagenhafte Schätze, geraubte Prinzessinnen oder böse Zauberer, wie man das aus unseren Breiten kennt. Ungewohnt, aber lesenswert!

Bewertung: 4 von 5