Sonntag, 19. Juli 2009

Nachtgedanken (064)

Ich habe heute die schockierende Nachricht erhalten, dass es sich bei diesem Fall um einen der Auszubildenden unserer Firma handelt. Motiv für die unbegreifliche Tat war wohl Liebeskummer. Das ist kein Mensch der Welt wert...

Daher heute in den "Nachtgedanken" "Ein früh Geschiedener" von Gottfried Keller (1819-1890). Das ist für Dich, Stefan...

Er war geschaffen, durch das All zu schweifen 
Mit hellem Mute und gestählten Sinnen, 
Zu lauschen, wo des Lebens Quellen rinnen, 
Und forschend jeden Abgrund zu durchstreifen.

Hinaus, hinüber, wo die Palmen reifen, 
Zog es ihn mächtig jeden Lenz von hinnen; 
Von des Planeten höchsten Gletscherzinnen 
Gelüstet's ihn, den Äther zu ergreifen.

Er blieb gefesselt an das tiefe Moor 
Theologie, die Notdurft zu erwerben, 
Im Nacken hart der Armut scharfe Klauen.

Da öffnet ihm der Tod das Sonnentor, 
Der Jüngling säumte nicht, das Licht zu schauen 
Und jungfräulichen Geistes hier zu sterben.