Dienstag, 23. März 2010

Buch-Rezensionen (184): Hillary Rodham Clinton - Gelebte Geschichte (2003)

(Cover: Amazon.de)

Ich gebe zu: ich bin bekennender Fan der Clintons und war doch ziemlich geknickt, als die ehemalige First Lady das Vorwahlrennen der Demokraten für die Präsidentschaftskandidatur gegen Barack Obama verlor. Das bisher eher glücklose Agieren des im letzten Jahr ins Amt eingeführten ersten schwarzen US-Präsidenten scheint mich eher in meiner Meinung zu bestätigen, dass Frau Rodham Clinton einfach die bessere Alternative gewesen wäre. Jahre vor diesem aufregenden Wahlkampf erschien mit "Gelebte Geschichte" eine Zwischenbilanz der heutigen Außenministerin der USA und nachdem mich die Präsidentenmemoiren "Mein Leben" ihres Mannes aufgrund ihrer Zähigkeit doch arg enttäuschten, war ich gespannt, ob der Einblick in amerikanische Spitzenpolitik und Zeitgeschichte aus erster Hand hier besser gelingt. Mein Fazit: definitiv!

Wie auch in Bill Clintons Erinnerungen ist die Beschreibung von Kindheit, Schule und Studium sehr kurzweilig und interessant geraten. Es fällt auf, wie früh sich Hillary Clinton politisch engagierte, geprägt durch ihren konservativen Vater zunächst bei den Republikanern. Auch interessant die Ausführungen über ihre Jahre als Gouverneursgattin in Arkansas, gerade weil dies die Zeit war, in der sie ohne Absicht begann, rhetorisch in Fettnäpfchen zu treten, da im Politikbetrieb praktisch jedes einzelne Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Auch die ersten Probleme in Form von Kampagnen, Affären und juristischen Auseinandersetzungen resultieren aus dieser Phase ihrer politischen Arbeit.

Im Gegensatz zu "Mein Leben" driftet "Gelebte Geschichte" in der Schilderung der Präsidentschaftszeit nicht in ein scheinbares Abarbeiten des Terminkalenders ab. Zwar werden auch prägende Ereignisse erzählt, erwähnenswerte Treffen mit Präsidenten, Premierministern und Monarchen geschildert, aber es bleibt auch genug Raum für viele kleine Details am Rande, die für ein staatstragendes Buch wie die Lebenserinnerungen des ehemals mächtigsten Menschen der Welt vielleicht zu profan gewesen wären.

Eher zurückhaltend behandelt Hillary Clinton die Ereignisse um die außerehelichen Eskapaden ihres Mannes, ein Verhalten, dass man einer betrogenen Ehefrau wohl zugestehen sollte. Was bringt es auch, Jahre später schriftlich auf jemanden wie Monica Lewinsky einzuprügeln? Umso schärfer geht sie mit den politischen Gegnern Bill Clintons ins Gericht, die diese moralischen Verfehlungen zu politischen Zwecken zu nutzen versuchten. Sehr lesenswert auch die Schilderungen, wie die Familie per Partnertherapie darum kämpfte, die Ehe zu retten - erfolgreich, wie man heute weiß.

Insgesamt ein spannendes Buch einer von mir sehr bewunderten, starken Frau, der ich noch viel Kraft und Glück für ihr weiteres politisches Tun wünsche. Neben den persönlichen Erlebnissen erlaubt "Gelebte Geschichte" Einblick in die Prozesse amerikanischer Innen- und Außenpolitik sowie den Zustand eines von uns Europäern nicht immer zu verstehenden Landes. So ist der auch bei Frau Clinton festzustellende starke religiöse Einfluss auf ihre politische Arbeit für mich persönlich eher befremdlich, was nichts daran ändert, großen Gefallen an diesem Buch gefunden zu haben. Dieses endet zum Zeitpunkt ihrer Wahl zur Senatorin des Staates New York, sicherlich wird nach ihrer Amtszeit im US-Außenministerium ein weiteres Buch erscheinen - ich freu mich drauf!

Bewertung: 4 von 5