Freitag, 10. April 2009

Buch-Rezensionen (137): Traudl Junge, Melissa Müller - Bis zur letzten Stunde (2002)

(Cover: Amazon.de)

Erinnerungsbücher der Personen aus Hitlers Umfeld gibt es so einige, manche wurden schon kurz nach Untergang des Dritten Reiches veröffentlicht, einige hingegen wurden fast 50 Jahre zurückgehalten. Traudl Junge, eine der Sekretärinnen Hitlers, hatte zwar schon 1947 ihre Aufzeichnungen über die Zeit in den Diensten des Diktators angefertigt, hatte aber nie vor, diese zu veröffentlichen. Erst mit dem bemerkenswerten Dokumentarfilm "Im toten Winkel" von André Heller und Othmar Schmiderer sowie diesem, unter der Mitwirkung der österreichischen Autorin Melissa Müller entstandenen Buch brach die 2002 verstorbene Münchnerin ihr jahrzehntelanges Schweigen.

Aufgrund der Erfahrungen im Umgang mit Hitler wird dieser teils als Privatmann und stellenweise charmanter Chef gezeichnet. Dies mag für so manchen unerträglich wirken, scheint mir jedoch aufgrund der Dienststellung Frau Junges durchaus schlüssig. Die Verbrechen fanden an anderer Stelle statt und wurden sicherlich nicht vom Diktator dem niederen Personal erläutert. Vielmehr erhält man so einen Einblick aus einem anderen Sichtwinkel und aufgrund der Anwesenheit Traudl Junges im Führerbunker bis kurz vor Kriegsende einen beeindruckenden Zeitzeugenbericht, wenn sich auch manche ihrer Aussagen mit der anderer Anwesender widersprechen.

Am meisten beeindruckt dann aber doch die Selbstkritik, zu der die alte Dame fähig war, eine Eigenschaft, die man nicht jedem Bediensteten des inneren Führungszirkels nachsagen kann. Die Reflexion eigener Versäumnisse, eigener Schuld, nimmt ebenfalls einen wichtigen Teil des Buches ein. Dafür gebührt Traudl Junge auch posthum noch allerhöchster Respekt!

Dieses Buch war eine der Grundlagen für den Film "Der Untergang".

Bewertung: 5 von 5