Montag, 23. März 2009

Buch-Rezensionen (132): Herbert Mühlstädt - Radko läutet Sturm (1969)

(Cover: Amazon.de)

Dieses Buch hat bei mir seit Kindertagen viele Lesedurchläufe erfahren. Herbert Mühlstädt war einer jener DDR-Schriftsteller, die sich dem historischen Roman verschrieben hatten, ein Genre, das heute immer noch eine breite Leserschaft findet. Darüber hinaus zeichnete Mühlstädt als Autor eines dreibändigen Vorlesebuchs für den Geschichtsunterricht verantwortlich, dies natürlich streng auf der offiziellen Parteilinie.

Erst mit zunehmendem Lebensalter erkennt man die ideologische Grundfärbung der Bücher Herbert Mühlstädts und auch in vorliegendem Roman ist die Stoßrichtung klar erkennbar - es geht gegen die Kirche.

Die Handlung des Romans ist in etwa im Zeitraum 1062-1074 angesiedelt. Der Radko genannte Bauernjunge Meinrad lebt in einem kleinen Dorf im heutigen Nordpfälzer Bergland. Die Bauerngemeinschaft ächzt unter der Abgabenlast, die sie einem in der Nähe befindlichen Kloster zu leisten hat. Als Radkos Familie nach einer Viehseuche in die Leibeigenschaft zu geraten droht, entschließt sie sich mit anderen zur Flucht in Richtung der Vogesen. Doch in der Nähe der Grenze von Nahe- und Wormsgau kommt es zur Katastrophe - bewaffnete Reiter überfallen die Flüchtigen und bringen sie zurück in die Knechtschaft, nur Radko kann als Einziger fliehen. Seine letzte Hoffnung ist sein seit vielen Jahren nach einem Familienstreit verschwundener Bruder Meiniger, der Gerüchten zufolge als Gerber in Worms leben soll. Doch das ist nur der Auftakt zu einer Reihe von Abenteuern, in der am Schluß sogar König Heinrich IV. eine wichtige Rolle spielen wird...

Die Rollen sind klar verteilt. Auf der einen Seite die Klassenfeinde, die sich aus Klosterbrüdern, Adligen und Einwohnern der Bischofspfalz von Worms rekrutieren. Auf der anderen Seite die braven Bauern und fleißigen Handwerker der Stadt, die sich im (historisch verbürgten) Aufstand von Worms 1074 gegen Bischof Adalbert II. von Sachsen auf die Seite ihres jungen Königs schlagen.

Dies klingt zunächst völlig holzschnitthaft, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Buch auf spannende Weise sowohl historische Figuren und Ereignisse mit realen Schauplätzen und einer ganzen Reihe von Geschichten und Sagen (Remigius von Reims, Wieland der Schmied, Staatsstreich von Kaiserswerth, Friesensagen etc.) mischt. Das ist sowohl informativ als auch äußerst spannend. Selbst so unterschiedliche Dinge wie erste aufkeimende Gefühle und die Säuglingssterblichkeit damaliger Zeiten werden thematisiert. Dies macht viele der der politischen Intention geschuldeten Klischees mehr als wett. Empfehlenswert!

Bewertung: 4 von 5