Dienstag, 17. Februar 2009

DVD-Rezensionen (123): Woyzeck (1979)

(Cover: Amazon.de)

Der "Woyzeck"-Stoff begegnete mir erstmals als Teil des Abitur-Literaturunterrichts. Vielleicht überfordete Büchners Dramenfragment uns 17jährige, einen direkten Zugang fand zumindestens in jenen Jahren wohl keiner so recht. Dieser Zustand haben sich mittlerweile geändert und dazu beigetragen hat in meinem Falle nicht unerheblich dieser Film von Werner Herzog.

Unmittelbar nach Beendigung des Films "Nosferatu - Phantom der Nacht" fanden die nur zweieinhalb Wochen dauernden Dreharbeiten im pittoresken tschechischen Städtchen Telč statt. Klaus Kinski, nach der Darstellung des Vampirs fast noch kahlköpfig und sichtlich gezeichnet, irrlichtert mit flackerndem Blick, einer fast körperlich spürbaren Eindringlichkeit und einer geradezu beängstigenden Mimik der Katastrophe entgegen. Natürlich dominiert seine Präsenz den Film, dies sollte jedoch nicht davon ablenken, dass auch die Nebenrollen mit Eva Mattes als Marie, Willy Semmelrogge als skrupelloser Doktor und Wolfgang Reichmann als Hauptmann bestens besetzt sind. Josef Bierbichler als Tambourmajor fällt dahingegen etwas ab, da beeindruckt schon eher der Monolog Volker Prechtels, der als betrunkener Handwerksbursche über den Lauf der Welt sinniert.

Mit Sicherheit ist "Woyzeck" kein Film für den Massengeschmack, dafür mutet er dem Zuschauer zuviel zu. Da wären einerseits die teilweise minutenlangen Einstellungen in der Totale bar jeglichen Schnitts, die Verwendung des Originaltexts, der schon aus Altersgründen nicht eingängig ist und die stellenweise doch recht dominierende Fiedel-Musik.

Dennoch: Dies hier ist Kunst, die vor allem von ihrem genialen Hauptdarsteller lebt. Einige Sequenzen, vor allem die Mordszene, gehören zum Intensivsten, was das deutsche Arthaus-Kino hervorgebracht hat. Darauf muß man sich einlassen können, damit muß man sich auseinandersetzen. Denn "Woyzeck" ist mehr als nur ein Drama. Sozialstudie, Psychogramm, Kriminalfall, Eifersuchtskatastrophe, Sitten- und Geschichtsgemälde. Ein unterschätztes Meisterwerk unter den fünf Kollaborationen Herzogs mit Kinski, lohnenswert, darin einzutauchen. Dann sieht man auch großzügig darüber hinweg, dass im eröffnenden Kameraschwenk deutlich Fensehantennen und Baukräne zu erkennen sind...

Das Bild der DVD ist kontrastreich und farbenfroh, der Mono-Ton vertretbar. Das Bonusmaterial ist nicht ganz glücklich zusammengestellt, bietet jedoch trotzdem interessante Einblicke in Dreharbeiten und Hintergründe.

Bewertung: 4 von 5