Dienstag, 2. Dezember 2008

CD-Rezensionen (101): Billy Joel - Storm Front (1989)

(Cover: Amazon.de)

Das 1989 erschienene "Storm Front" ist so etwas wie mein persönlicher Wendesoundtrack, bannte ich doch den brillianten Geschichts-Song "We Didn't Start The Fire" (u. a. Nr. 1 in den USA) genau an jenem Abend aus dem Radio aufs Tape, als ich gerade von meinem ersten Besuch West-Berlins nach der Öffnung der Mauer zurückgekehrt war. Schon alleine deshalb wird dieses Lied und auch das zugehörige Album immer einen besonderen Stellenwert in meinem Leben innehaben.

Mit bluesigen Harmonikaklängen wird die Platte eröffnet, bevor sich "That's Not Her Style" zum hemdsärmligen Hau-Ruck-Rocksong entwickelt. Über das darauffolgende "We Didn't Start The Fire" wurde bereits gesprochen. Etwa 120 Themen aus 40 Jahren in nicht einmal 5 Minuten - grandios! Geradezu abrupt wird das Tempo nach diesem unablässig vorwärtstreibenden Track gedrosselt, da "The Downeaster Alexa", das sich mit den Sorgen amerikanischer Atlantikfischer beschäftigt, in seewogengleichem hin- und herschwingenden Rhythmus gehalten ist. Und wer bei "I Go To Extremes" ruhig sitzenbleibt, muß wohl Blei in den Füßen haben. Da geben die satten Drums einen dermaßen straighten Beat vor, dass automatisch alles zu wippen beginnt - saustarker Rocktrack!

Die Stücke Nummer 5 und 6, "Shameless" und "Storm Front" sagen mir nicht besonders zu, das eine ist eine etwas zu klassische Rockballade, das andere ein mit Bläsersätzen bestücktes Stück Rockjazz. Doch bereits "Leningrad" kann das wieder herausreißen. 1987 gab Joel als erster amerikanischer Rockmusiker sechs umjubelte Konzerte in der Sowjetunion, die auch auf einem Livealbum festgehalten wurden. Die gerade in der Reagan-Ära völlig verhärteten politischen Fronten der zwei Supermächte fanden auch in der populären Musik beider Seiten gelegentliche Entsprechung, ganz anders aber Joels Ansatz, der seine und die Lebensgeschichte des russischen Zirkusclowns Victor erzählt und vergleicht. Dieser Versuch von Verständnis und Toleranz hat mich damals sehr berührt und tut das bis zum heutigen Tag.

"A State Of Grace" ist ein perfekt radiotaugliches Stück Rock, nett und eingängig, auch "When It Rome" ragt nicht sonderlich heraus. Ganz anders die Lage bei "And So It Goes", wahrlich ein herzzerreißender Albumausklang, der etwas an "Hallelujah" des großen Leonard Cohen erinnert.

Wären nicht die erwähnten Schwachpunkte, könnte man "Storm Front" als perfektes Rockalbum durchwinken, so aber gibt es minimalen Abzug, was den Stellenwert in der privaten Plattensammlung jedoch keinesfalls schmälert.

Bewertung: 4 von 5