Montag, 22. Dezember 2008

Buch-Rezensionen (108): Nikolai Ostrowski - Wie der Stahl gehärtet wurde (1934)

(Cover: Amazon.de)

Im Großen und Ganzen habe ich die Pflichtschullektüre in der DDR recht gern und interessiert gelesen und damit auch dieses Buch, das in der achten Klasse behandelt wurde. Der enthaltene Propagandaton fiel mir gar nicht auf, wurde man doch seit Kindertagen mit solcherart Sprachstil berieselt.

Interessant wurde es erst nach der Wende, als ich dem Buch vom völlig veränderten Lebensstandpunkt aus einen zweiten Lesedurchlauf gönnte. Da gingen einem aufgrund der nahezu übernatürlich heroisch dargestellten Heldengestalt die Augen über und stetes Kopfschütteln dominierte die Szenerie. Wer wirklich wissen will, wie politische Propaganda ausschaut - hier wird er fündig!

Dabei ist die autobiographisch geprägte Erzählung um Pawel Kortschagin und seine Erlebnisse im revolutionären Russland gar nicht mal unspannend, aber äußerst holzschnittartig gestaltet und von stellenweise übel menschenverachtender Machart. Die als hehres Ziel dargestellte Erschaffung des "neuen Menschen" ist ein Zustand, für den man über Leichen geht. Dass man erst nach so vielen Jahren eine Erkenntnis darüber erlangt, ist ein Beweis für die Wirksamkeit von seit Kindertagen eingesetzter Indoktrination.

Dennoch bin ich strikt dagegen, Bücher wie diese im historischen Giftschrank verschwinden zu lassen. Im Gegenteil, dem mündigen Bürger und Leser sollten alle propagandistischen Machwerke jeglicher Couleur frei zugänglich sein. Dies hilft Mythenbildung zu verhindern und entlarvt sich ganz von selbst. Einzig und allein privater Profit sollte damit nicht erzielt, sondern Erlöse gesellschaftlich gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden.

Bewertung: 2 von 5