Donnerstag, 13. November 2008

CD-Rezensionen (096): Deine Lakaien - 1987 - The Lost Early Works (1987/2003)

(Cover: Amazon.de)

In Zeiten, in denen der Musikmarkt klassischen Zuschnitts kollabiert, ist das Procedere diverser Bands, lang gesuchte oder gar verschollen geglaubte Aufnahmen zu restaurieren und in liebevoll und aufwändig gestalteter Verpackung zu veröffentlichen, genau der richtige Weg, um den Fan bei der Stange zu halten.

So auch bei diesem Album. Jahrelang klapperten Ernst Horn und Alexander Veljanov mit ihrem in nur 50 Exemplaren existierenden "Silver Tape" die Plattenfirmen ab, ohne jedoch Erfolg zu haben. Kein Wunder, vergleicht man einmal dieses nun unter anderem Namen vorliegende Material mit dem damals existierenden Musikgeschmack. Die Lakaien waren schon bei ihrem - ebenfalls in Eigenregie aufgenommenen - Debüt ihrer Zeit weit voraus und dieser avantgardistische Stil setzt sich hier fort. Endlich können alle miesen Bootlegs entsorgt werden, denn hier gibt es klanglich vom Feinsten zu hören!

Mit "Queue Up For Redemption" eröffnet bereits ein wahres Sound-Trumm das Album. Geradezu aus Grabestiefen hervorwabernde Synthieklänge, versetzt mit verwehten Chören und verzerrten elektronischen Fanfaren laden den Hörer scheinbar zum Besuch der Vorhölle ein. Mit einem Schlag ändert sich jedoch die Stimmung und verändert den Song zu einer schrägen Moritat, in der Veljanov wie ein Bänkelsänger deklamiert. Ungewohnt, mit siebeneinhalb Minuten Laufzeit sehr lang, aber beeindruckend!

Pure Hektik vermittelt "Battle Of The Ghost". Von elektronischen Drums und exaltiertem Gesang angetrieben, hetzt der Track durch seine knapp zweieinhalb Minuten. Größer könnte der Kontrast zum nachfolgenden, sich fast im Zeitlupentempo fortbewegenden "Days Gone By" gar nicht sein. "Reincarnation", neben bereits erwähntem "Days Gone By" und "Love Me To The End" für das 1991 erschiene "Dark Star" Album neu aufgenommen, gefällt mir in seiner um einiges roheren Ursprungsform deutlich besser und ist textlich eine Art Fingerübung für "Sometimes" vom 1999er Album "Kasmodiah".

Es folgt einer meiner Favoriten dieser Platte, "Flowers Of Love". Das Intro des Tracks erinnert doch stark an "Black Celebration" von Depeche Mode, entwickelt sich jedoch in eine völlig andere Richtung, wenn man auch den einen oder anderen Sound von den Herren aus Basildon schon einmal gehört zu haben glaubt. Dies bedeutet bei den Lakaien jedoch eine absolute Ausnahme, frickelt sich doch Multiinstrumentalist Ernst Horn in mühsamer Kleinarbeit sämtliche Klänge selbst zusammen. Doch auch "Mama, There's A Ghost" präsentiert einige kurze Sequenzen aus "My Secret Garden". Egal, an diesem Song gibt es ansonsten auch rein gar nichts zu löten!

"Love Me To The End". Muß man eigentlich noch mehr sagen? Der größte Klassiker der Band, inzwischen schon auf Hochzeiten und Begräbnissen gespielt, dennoch unzerstörbar. Zum Heulen schön!

Bei "The Pope" boxt der Papst zwar nicht im Kettenhemd, aber Kirchenglocken, hämmernde Blechsounds und hypnotischen Gesang mit eindrucksvollen Melodien, gepaart mit schrägen Klängen zu verbinden - das können nur die Herren Horn und Veljanov! Die ganze Bandbreite ihres Schaffens wird auch bei "Death-Raft" deutlich, welches fast schon in EBM-Gefilde einbricht. Beschäftigt sich die gesamte Platte textlich bereits mit dem Thema Tod, wird es bei "The Executioner" ganz düster. Zu ständig anschwellendem Orchesterlärm wird die Geschichte eines Henkers erzählt - nein, gespielt! Das ist Theater, das ist Oper, das ist Kino für die Ohren! Sensationell!

Geradezu versöhnlich ruhig klingt diese sperrige Perle mit "On The Way To Narmada" aus. Glaubt man. Erst nach einem Finale furioso wird man, wohl etwas erschöpft, erlöst. Definitiv kein eingängiges Album, etwas zum Auseinandersetzen, Einhören und Beschäftigen. Vielschichtige Lyrics und eine geradezu erschlagende Fülle an Klängen erwarten den aufgeschlossenen Hörer. Man darf Deine Lakaien zum Entschluß beglückwünschen, dieses Kunstwerk nach so langer Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben.

Bewertung: 5 von 5