Montag, 19. Januar 2009

Soundtrack Of My Life (003): Ten Sharp - Lonely Heart (1991)

Da ich die Geschichte, die zum heutigen Track dazugehört schon einmal an anderer Stelle aufgeschrieben habe, zitiere ich mich einfach mal selbst, die Erklärung für den Song gibt's hintendran:

Inzwischen schreiben wir das Jahr 1993, ich befinde mich gerade in einer Weiterbildung im Hotelgewerbe und werde zwecks praktischen Einsatzes in ein schnuffiges kleines Hotelrestaurant am Stadtrand versetzt. Gleich am ersten Tag läuft mir die hinreißende Azubine über den Weg. Groß, bildhübsch, lange blonde Locken. Wenn es sowas wie Liebe auf den ersten Blick gibt - mich hat sie getroffen. Doch wie es ihr sagen? Mit der Tür ins Haus fallen?

Ich entscheide mich zunächst für die etwas zurückhaltende Methode, winke aber regelmäßig mit ganzen Jägerzäunen, um ihr Hinweise zu geben. Als wir beispielsweise den Weinkeller für eine Familienfeier dekorieren, suche ich in den CD-Beständen nach etwas Musik zur Hintergrundbeschallung und "rein zufällig" erklingt dann "Ich liebe Dich" von Clowns & Helden durch den Raum, wobei ich ihr bei der Textzeile "Ausgerechnet mir muß das passieren. Wir haben '86 und ich altes Trottelgesicht hab mich verliebt" tief in die Augen schaue. Also wenn sie es jetzt nicht schnallt...

Natürlich mache ich einen typischen Männerfehler als ich ihr bei Gesprächen über frühere Beziehungen einfach zuviel erzähle. Im Rückblick betrachtet muß sie mich wohl für einen wahren Gigolo gehalten haben, aber vernagelt wie man in so einem gefühlsmäßigen Ausnahmezustand nun mal ist, bemerke ich das gar nicht.

Nach ein paar Tagen ist Schluß mit lustig und ich versuche mich mit ihr in meinem Lieblingsclub zu verabreden. Sie stimmt nach kurzem Zögern zu, will aber noch eine Freundin mitbringen. Aha, die Rückendeckung! "Kein Problem, ich bring noch meinen Freund mit" sage ich achselzuckend. Im Grunde genommen ist mir das sogar recht, ist er doch mein ständiger Begleiter wenn wir "auf der Piste" sind.

Wir holen sie mit seinem Auto in einem kleinen Ort ein paar Kilometer entfernt ab und erleben die erste Überraschung. Die Freundin ist weit und breit nicht zu sehen und hat angeblich kurzfristig abgesagt, was meinen besten Kumpel enttäuscht, hatte er doch auch auf ein nettes Date gehofft. Nun sieht er sich als fünftes Rad am Wagen und ist dementsprechend mißgelaunt.

Im Laufe des Abends entschließe ich mich Nägel mit Köpfen zu machen. Ich greife mir einen Stuhl, setze mich ihr genau gegenüber und fasse sie bei den Händen. Mit einem Blick, den ich wohl damals für Herzen brechend gehalten haben muß, erkläre ich ihr die Lage und ernte weder Begeisterung noch Ablehnung sondern eher Verwirrung. Aber irgendwie sitzen wir minutenlang händchenhaltend da, was ich als ein "ja" deute. Ich habe soeben betont, dass sie das nur wissen soll und ich keine sofortige Entscheidung will. Dennoch lässt sie mich nicht los und deshalb frage ich gar nicht mehr und bin einfach nur glücklich.

Wir brechen auf, da sie und ich am folgenden Tag arbeiten müssen und mein Freund, der Zeitsoldat ist, zu seiner Kaserne in Dresden fahren will. Sie und ich sitzen aneinandergelehnt auf dem Rücksitz und küssen uns während der Fahrt, als kleinen Service unter Freunden hat unser "Chauffeur" passende Musik aufgelegt. Da ihr Wohnort auf seiner Fahrtroute liegt, haben wir uns geeinigt, dass er mich zuerst absetzt und sie noch nach Hause bringt, ich klopfe ihm auf die Schulter und gebe noch ein joviales "Lass sie heil" von mir und verabschiede mich von ihr mit "bis morgen..."

An für sich möchte ich jetzt die Welt umarmen und schwebe förmlich die Treppen zu meiner Wohnung empor. Ich habe es geschafft, der pure Irrsinn!!!

Am nächsten Morgen ist sie äußerst reserviert zu mir. Ich habe zwar nicht erwartet, dass sie mir während der Arbeit um den Hals fällt, aber die innere Unruhe steigt immer mehr, bis ich sie zu einem klärenden Gespräch bitte. Ich rechne mit dem Schlimmsten, was ich aber dann zu hören bekomme, reißt mir förmlich den Boden unter den Füßen weg:

"Ich weiß nicht wie ich anfangen soll...äh...naja...dein Freund hat mich doch gestern noch nach Hause gebracht und...naja, da hat sich noch was ergeben...ich wollt Dir nur sagen, dass er und ich jetzt zusammen sind..."

So ziemlich alles hätte ich noch verstanden. Dass es ihr zu schnell gegangen wäre oder sie ihre Meinung geändert hätte. Alles. Alles, nur nicht das. Mein Freund, mein bester Freund spannt mir meine große Liebe aus, ganz unverfroren fast vor meiner Nase. Ich kann auch im Rückblick kaum beschreiben, was mir damals für Emotionen durch den Kopf gegangen sind. Wut? Trauer? Hass? Auf sie? Auf ihn? Wohl von allem ein wenig. Als er mich ein paar Tage später anruft, schmeiße ich sofort den Hörer auf die Gabel. Ich will niemanden hören und sehen, sondern einfach im Selbstmitleid baden.

Die beiden sind mehrere Jahre zusammen. Langsam entspannt sich auch das Verhältnis zwischen ihm und mir wieder und heute sind wir erneut die besten Freunde und sehen uns beruflich fast täglich. Sie hat inzwischen die Gegend verlassen und eine Familie gegründet.

Noch da? Nun denn, einer dieser damals im Auto laufenden Songs war eben nunmal "Lonely Heart" von Ten Sharp, die wohl der breiten Masse nur mit ihrem einzigen Hit "You" bekannt sein dürften. Im Nachhinein hat der Text des Lieds geradezu prophetische Züge und noch heute ist das Hören immer mit ein wenig Wehmut verbunden.

So you met another guy and danced in the night away.
That look was in your eyes and there was nothing I could say.

Ein anderes Lied der niederländischen Band spielte noch einmal eine (etwas positivere) Rolle in meinem Leben, doch das erzähle ich ein andermal.