Dienstag, 15. Januar 2008

Buch-Rezensionen (003): Dieter Noll - Werner Holt - Roman einer Jugend (1960)


(Cover: Amazon.de)

Schullektüre in der DDR war oftmals ideologisch verquaster, schwer verdaulicher Stoff. Ganz anders dieses Meisterwerk, das von vielen Schülern begeistert verschlungen wurde und einige (so wie mich seit nunmehr über 20 Jahren) ihr Leben lang begleitet. So oft man es auch liest, immer wieder finden sich neue Details zum Entdecken, deutet man Dinge anders als bei der letzten Lektüre. Ein Buch zum lachen, weinen, verliebt, traurig und wütend sein. Das kann nur Literatur!

Dieter Noll, aus meiner Heimatstadt Riesa stammend, erzählt in einem weiten Bogen die Geschichte des Bürgersohns Werner Holt vom Sommer 1943 bis zum Frühjahr 1945. Beginnt das Buch noch mit dem unbeschwerten Pennälerleben, ziehen schon bald die dunklen Wolken des Kriegs, der noch fern der Heimat tobt, auf. Eine Jugend, die in den Bombenteppichen des Ruhrgebiets und den Durchbruchsschlachten der Ostfront abrupt ihr Ende findet.

Der Leser wird Zeuge von erster Liebe und lernt gleichzeitig viel über militärhistorische und -technische Dinge, hofft, bangt und leidet mit den Protagonisten mit. Bis auf ganz wenige Ausnahmen verläuft das nahezu ideologiefrei, eine Eigenschaft, die dem Nachfolgeband leider nahezu komplett fehlte. Dieser heute nicht mehr offiziell erhältliche Roman sollte dennoch zum besseren Verständnis der Geschichte gelesen werden.

Der DEFA-Film wird dieser Vorlage leider nicht gerecht, obwohl Klaus-Peter Thiele sicherlich auch mein Bild von Werner Holt maßgeblich geprägt hat.

"Werner Holt - Roman einer Jugend" kann in seiner Bedeutung wohl nur mit "Im Westen nichts Neues" oder im Filmbereich mit "Die Brücke" verglichen werden. Ein Standardwerk, das hoffentlich noch vielen Lesergenerationen zukommen wird. Vielleicht legt eine Kultusministerkonferenz irgendwann einmal ihre ideologischen Scheuklappen ab und nimmt dieses Buch wieder in den Schulstoff auf, es steht ihm unbedingt zu.

Bewertung:
5 von 5