Dienstag, 12. August 2008

Buch-Rezensionen (058): Jon Krakauer - In eisige Höhen (1999)

(Cover: Amazon.de)

Nahezu alle Überlebenden der Tragödie, die sich am 10. und 11. Mai 1996 am Mount Everest abspielte, haben ihre Erinnerungen in Büchern festgehalten. Einige Ergebnisse, wie zum Beispiel "Die letzte Herausforderung" von Lene Gammelgaard sind dabei völlig mißraten, andere, wie "Der Gipfel" des 1997 tödlich verunglückten Anatoli Bukrejew, konkurrieren mit Krakauers Buch in Hinsicht des höheren Wahrheitsgehalts. Fakt ist nur eines: Dem amerikanischen Journalisten ist das kommerziell erfolgreichste Werk, welches mit vielen interessanten Fotos versehen ist, geglückt.

Die kommerzielle Extrembergsteigerei ist erst kürzlich wieder durch das verheerende Unglück am K2 in die Schlagzeilen geraten. Eine ähnliche Mischung aus Selbstüberschätzung, Ignoranz und höherer Gewalt führte auch damals direkt in ein Desaster. Krakauer, der zum Team des Unternehmens "Adventure Consultants" des Neuseeländers Rob Hall gehörte, beschreibt in seinem Bestseller detailliert die Vorbereitungen der Expedition, die Akklimatisierungstouren sowie das Zusammentreffen mit der konkurrierenden, ebenfalls kommerziellen, Expedition der Firma "Mountain Madness", die vom Amerikaner Scott Fischer geleitet wurde. Beide Bergführer kamen in diesen Tagen ums Leben.

Nach dem etwas langatmigen Beginn des Buches ist das eigentliche Geschehen hochdramatisch dargestellt, für den Journalisten Krakauer kein Problem. Man fiebert mit, man leidet mit und man trauert um insgesamt acht tote Bergsteiger. Besonders die Szene, als der im Sterben liegende Rob Hall sich aus etwa 8.750 Meter Höhe noch einmal per Satellitentelefon bei seiner Frau meldete, um sich von ihr zu verabschieden, geht sehr nahe.

Im Anschluß an die Rettung entspann sich eine hässliche Kontroverse zwischen Krakauer und Bukrejew, die sich gegenseitig Versagen und mangelnde Hilfsbereitschaft vorwarfen. Für meinen Geschmack wird der Kasache im Buch schlechter dargestellt, als er sich tatsächlich verhielt.

Der im Text zu deutlich sichtbare Konflikt Krakauer-Bukrejew schmälert die Glaubwürdigkeit des Buches deutlich, die tatsächliche Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte aller heute bekannten Schilderungen. Für eine allumfassende Darstellung aus verschiedenen Perspektiven des Geschehens sollte man sich daher noch die anderen Erinnerungsbücher ansehen. Neben den bereits erwähnten Veröffentlichungen von Gammelgaard und Bukrejew wären das noch "Für tot erklärt" von Beck Weathers oder auch "Bis zum Äußersten" von David Breashears.

Bewertung: 4 von 5

1 Kommentare:

Yvonne hat gesagt…

Ein absolut packendes Buch, vielen Dank für die Rezension. Auch ich kann es nur empfehlen (http://www.leselink.de/buecher/reportage/in-eisige-hoehen.html), hat mich von Anfang an gefesselt, obwohl ich nicht gedacht hätte, dass das Thema Bergsteigen für mich spannend sein könnte. Aber Jon Krakauer schreibt so mitreißend und die Geschichte ruft so viel Fassungslosigkeit hervor, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, bis man fertig ist.