Freitag, 24. Oktober 2008

Buch-Rezensionen (088): Andreas Ulrich & Jörg Wagner (Hrsg.) - DT64 - Das Buch zum Jugendradio 1964-1993 (1993)

(Cover: Amazon.de)

In Zeiten, in denen man allerorten vom Einheits-Formatradio zugedudelt wird und nur noch mit großem Suchaufwand im Internet oder im Kabel hörenswerte Sender findet, vermisst man umso mehr den untergegangenen Jugendsender der DDR. In diesem leider vergriffenen Buch wird die Geschichte des Jugendradios, das als temporäres Sonderstudio zum Deutschlandtreffen (DT) 1964 geplant und aufgrund der enormen Resonanz schrittweise bis hin zum Vollprogramm der 80er Jahre erweitert wurde, aus Sicht der Macher dargestellt.

Dies alles ist allerdings keineswegs ein kritikfreier wehmütiger Blick zurück. Auch DT64 hatte mit ideologischem Ballast zu kämpfen, unterstand FDJ- und Kulturbehördeneinfluß, leistete sich aber dennoch so manche Freiheit oder offenen Protest, wie die Geschichte der nach einigen live gesendeten bissigen Bemerkungen zum Verbot der sowjetischen Zeitung SPUTNIK strafversetzten Redakteurin Silke Hasselmann im Jahre 1988 zeigt.

Das Buch setzt sich aus zwei Dutzend Kapiteln zusammen, die größtenteils von unterschiedlichen Autoren geschrieben wurden, so von ehemaligen Redakteuren/Moderatoren wie Andreas Ulrich oder Lutz Schramm (dessen legendäre Underground-Sendung "Parocktikum" bis heute Spuren im Netz hinterlässt), aber auch "Westimporten" wie dem für das Vorwort verantwortliche damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, der Techno-DJane Marusha oder dem ehemaligen RIAS-Redakteuer Olaf Leitner.

Breiter Raum wird dem erbitterten, doch letztlich erfolglosen Kampf um den Erhalt des Senders eingeräumt. An die damaligen Massenproteste kann ich mich noch sehr gut erinnern. In dies alles und noch vielerlei Details mehr vermittelt dieses Buch unterhaltsam Einblick. Es bleibt auch mit dem Abstand von anderthalb Jahrzehnten eine hochinteressante Informationsreise in ein mehrere DDR-Jugendgenerationen prägendes Rundfunkmedium.

Bewertung: 5 von 5